Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
Lächeln.
Ich
riss fragend den Mund auf, doch meine Gedankengänge waren wie mit Kaugummi
verklebt, sodass ich meine Fassungslosigkeit nicht zu einer passenden Frage
bündeln konnte.
„Sie
macht sich wirklich Sorgen um dich“, meinte Hannah und nippte an ihrem Glas.
„Und?“,
brummte ich.
„Du
bist nicht der Erste mit einem gebrochenen Herzen.“ Hannah lehnte sich
entspannt zurück. Sie saß im Schneidersitz auf meinem Parkettboden und schien
sich ausgesprochen wohl zu fühlen. Ich hegte die Vermutung, dass sie nicht zum
ersten Mal hier saß.
Und
wieder kam Isobell hereingewuselt. Gab Hannah einen neuen Strohhalm und
plauderte mit ihr. Die beiden schienen sich prächtig zu verstehen. Ich wurde
wieder ignoriert. „Hey!“, platzte es aus mir heraus.
Isi
warf mir einen beiläufigen Blick zu. „Du hast einiges verpasst in letzter
Zeit“, meinte sie. „Dank Hannah halte ich es wenigstens einigermaßen in deiner
Gegenwart aus. Sie ist ein wunderbares Mädchen. Sei froh, dass du sie hast.“
Hannah
stand auf und zog mich von der Couch.
„Komm
Bücherknicker. Es wird Zeit, dass du ein bisschen an die frische Luft kommst.“
Und so
riss mich Hannah aus meiner Lethargie. Ob ich wollte oder nicht.
Wir
verbrachten viel Zeit miteinander. Gingen Spazieren, in einen schwülstigen
Vampirstreifen, bei dem wir so lachen mussten, dass wir uns verschluckten (was
uns böse Blicke der anderen Besucher einbrachte) oder fuhren ans Wasser.
Seid
Hannah es sich zur Aufgabe gemacht hatte mich zu beschäftigen, brauchte ich
keine Pillen mehr. Ich fühlte mich ausgeglichener und wohler in meiner Haut.
Es
würde noch lange dauern, ehe ich über Kaylen hinweg war. Doch die Stunden mit
Hannah machten es um einiges erträglicher.
Kapitel 27
In Flagranti
Natürlich hatte die Sache
einen Haken.
Dieser
spezielle Haken war groß, brünett und hörte auf den Namen Jeremy. Er stand
plötzlich einfach da. Mitten im Regen. Mit einem Gesichtsausdruck, der meinem
eigenen in den letzten Wochen wohl sehr ähnlich war, denn er zeigte verletzte
Gefühle und Wut.
Die
Anklage in seinen Augen ließ mich erschaudern.
Ich
hörte auf Hannah zu kitzeln. Zog meine Hände weg, als wäre ich schuldig. Wo war
mein T-Shirt, verdammt nochmal?!
„Jeremy!“
Hannahs Gesichtsausdruck war ungläubig. Sie wurde rot. Ihre Haare waren
verwuschelt, ihr rechter Topträger nach unten gerutscht. Das war nun fast ein
Schuldeingeständnis.
Er
hatte uns erwischt.
Dabei hatte alles ganz
unschuldig angefangen.
Nachdem
wir die rote Frisbee zusammen entsorgt hatten („Aus den Augen, aus dem Sinn“,
wie Hannah so schön kommentiert hatte), waren wir an einem Eiswagen
vorbeigekommen. Die Temperaturen waren für das sonst so kühle Spoon erstaunlich
hoch gewesen und um mich bei Hannah zu bedanken, spendierte ich ihr ein Eis.
Zwei
Kugeln in der Waffel. Sahnekirsch und Stracciatella.
Um den
Abend ausklingen zu lassen, wollte ich sie mit an die Klippe nehmen. Einer der
Orte, den ich oft besuche um Nachzudenken. Es sollte als eine Art
Vertrauensbeweis fungieren und sie ein wenig ablenken, da sie sich nach wie vor
Schuldgefühle wegen ihres Rudels machte.
Es
gibt kaum etwas Herrlicheres als das Brausen der Wellen, die gegen den Stein
schlagen und die Farbe der untergehenden Sonne über dem Wasser. Das hätte sie
bestimmt aufgeheitert.
Doch
wir sollten gar nicht so weit kommen.
Aus
Gründen der Bequemlichkeit nahmen wir das Auto.
Ich
liebe meine Schrottkiste eben. Daran ist ja wohl nichts Verwerfliches. Hannah
saß auf dem Beifahrersitz. Mit ihrem Eis. Die Straße zur Klippe ist unter aller
Sau. Mehr eine unebene Schotterpiste.
Den
Rest kann man sich vermutlich denken.
Hannah
bekleckerte sich.
Ich
neckte sie. „Und ich dachte schon, ich hätte einen Hund mit Manieren gefunden.
Soll ich das Eis beim nächsten Mal im Napf servieren?“
Hannah
konterte, indem sie mir das Eis ins Gesicht drückte.
Fluchend
fuhr ich rechts ran. Ich hatte ein Stück Schokolade im Auge. Während ich nach
etwas suchte, um mein Gesicht zu reinigen, entledigte sich Hannah ihrer
Strickjacke.
Darunter
trug sie ein weißes Top. Ein weißes Top, das etwas durchscheinend war. So viel
sah ich sogar durch das Eis in meinen Augen.
„Als
hättest du noch nie eine Frau gesehen“, zischte Hannah abfällig, als sie meinen
Blick bemerkte, und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich
hab nur auf die Uhr gesehen“, redete ich mich raus. „Ich und Hello Kitty sind
mittlerweile
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