Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
Schampooflasche zu bedecken. Ich griff tatsächlich zur Flasche,
doch sie flutschte mir aus den Fingern.
„Alles
in Ordnung?“, fragte sie.
Ich
nickte heftig, bis mir klar wurde, dass sie mich nicht sehen konnte. Sie konnte
mich nicht sehen, richtig? Richtig?
„Ja,
alles bestens“, presste ich hervor, noch immer Hannahs Stimme im Ohr, die mich
mahnte, nett zu Grace zu sein.
„Ist
sonst noch was?“
„Ich
dachte, du würdest dich über ein frisches Handtuch freuen“, hörte ich Graces
Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagte, der kühler war als das
kalte Nass mit dem ich mich zuvor abgebraust hatte.
„Frisch
aus dem Trockner und noch ganz warm.“
Sie
trat einen Schritt vom Vorhang weg, sodass ich sie nicht mehr genau erkennen
konnte. Rieb sie da gerade ihre Wange gegen das Handtuch? Unsinn. Nun drehst du
völlig ab.
„Danke.
Leg es einfach hin.“ Und verschwinde!
Beruhigt
hörte ich, wie ihre Schritte sich entfernten und wollte gerade erleichtert
seufzen, als ich einen falschen Schritt nach hinten machte – und auf dem nassen
Boden der Dusche ausrutschte. Ich versuchte das Gleichgewicht zu halten, indem
ich mich im Vorgang festkrallte. Der schien jedoch nicht für eine solche
Belastung konstruiert und gab mit einem lauten Ratsch nach. Ich fiel
bäuchlings zu Boden, halb eingewickelt in diesen mistigen Vorhang. Grace, die
Hand schon zur Türklinke ausgestreckt, hielt inne. Ihren Blick auf den Teil von
mir gerichtet, der nicht vom Vorhang verdeckt wurde.
Meinen
blassen und zugleich splitternackten Hintern.
Und
ich räume ein, dass es an der Wucht liegen könnte, mit der ich mir den Kopf aufschlug,
aber als ich ihr Gesicht sah, meinte ich ein Zwinkern zu erkennen.
Ich versuchte es zu
verdrängen, als ich meinen Po in Shorts und Jeans packte und zu den anderen
stieß, die noch immer darauf warteten, dass Ethan und Kassia aus dem
Arbeitszimmer kamen. Es ging erstaunlich leicht, denn Isobells Gesichtsausdruck
lenkte mich ab.
„Isi….
Hey, was ist denn los?“
Meine
Schwester starrte mit glasigen Augen ins Nirgendwo.
Sie
schüttelte den Kopf, als ich mit ihr sprach.
„Stimmen“,
sagte sie, „Ich höre dauernd diese Stimmen. Genauer gesagt ist es nur eine
Stimme. Antoine. Er ruft nach mir.“
Ich
konnte nicht anders; als sie seinen Namen sagte, begann ich zu zittern. „Aber…
kann er sowas denn? Ich meine, er ist doch ein Gedanken leser . Er sollte
nicht in der Lage sein, in irgendjemandes Kopf einzudringen.“
Isi
sah mich an. „Ich glaube, ich werde verrückt. Immer wieder murmelt er meinen
Namen. Immerzu, egal was ich mache.“ Sie presste die Hände an ihrem Kopf, als
hätte sie Angst, dass er auseinanderbrechen könnte.
„Vielleicht
solltest du mal eine der Schlaftabletten nehmen.“
Eigentlich
war Isi gegen Medikamente. Sie verabscheute sie. Doch zu meiner Überraschung
war sie einverstanden.
„Ich
ertrag das nicht mehr.“ Ihre Stimme klang so dünn wie Papier. „Hauptsache es
hört für eine Weile auf.“
Kurz
darauf öffnete sich die Tür.
Kapitel 51
Ein Meet and Greet mit Dracula
Ethan und Kassia kamen
mit unergründlichen Mienen aus dem Arbeitszimmer.
„Und?
Was ist nun?“, fragte ich, und äußerte damit das, was auch allen anderen auf
der Seele brannte. Die beiden sahen sich an. Kassia antwortete: „Nun, sie
könnten theoretisch überall sein. Und das in großer Überzahl. Das macht es ja
so schwer, die Lage einzuschätzen. Doch dank Calebs Hilfe haben wir zumindest
eine Spur.“
Alle
Blicke wandten sich dem Genannten zu. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er
sich mit den beiden unterhalten hatte. Isi fiel es sichtlich schwer, ihn
anzusehen und auch Caleb schien in ihrer Gegenwart gehemmt.
Wie
schnell das ging. Eine dumme Bemerkung und schon konnten sich zwei, die zuvor
so eng gewesen waren, nicht mal mehr in die Augen sehen. Beziehungen mussten
zerbrechlicher sein, als ich bisher angenommen hatte.
„Sein
Schöpfer ist der Bruder eines Ratsmitgliedes“, fuhr Kassia fort. „Wie es scheint,
hat der Rat ein geheimes Untersuchungslabor in den Südkarpaten aufgebaut, wo
Dragomir als Forscher gearbeitet hat.“
„Hat?“,
fragte Nero. „Ist er etwa tot?“
„Genau
das.“
Da
verschlug es sogar Nero die Sprache, der nur wieder einen seiner schlechten Witze
gerissen hatte. Ich runzelte die Stirn. Dass Vampire starben, kam nicht oft
vor. In den Kriegen mit den Werwölfen waren viele von uns gefallen, doch das
war vor meiner zweiten
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