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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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davon loszukommen und über Felder und durch die Landschaft zu sausen wie ein Pferd. Und auch wenn man an einem Bahnhof ankam, mußte man immer dahin gehen, wo man ursprünglich hin wollte. Aber im Leben war alles ganz anders, und Menschen in einer verzweifelten Situation verhielten sich auch nicht so. Nicht einmal die Justiz funktionierte so; sie steckte Menschen ins Gefängnis, die alt und geistesabwesend waren wie Mrs. Reeman, die den Supermarkt mit einem Glas Mixed Pickles verlassen hatte, ohne dafür bezahlt zu habendabei aß sie gar keine Pickles. Eva wußte das, weil sie bei
    »Essen auf Rädern« ausgeholfen hatte und die alte Dame gesagt hatte, daß sie absolut keinen Essig mochte. Nein, der eigentliche Grund war der gewesen, daß ihr Pekinese, der auf den Namen Pickles hörte, vor einem Monat gestorben war. Aber die Justiz hatte das ebensowenig begriffen, wie Mr. Gosdyke verstehen konnte, daß sie bereits den Beweis erhalten hatte, daß sich Henry auf dem Stützpunkt befand, weil er ja nicht dabeigewesen war, als der Offizier plötzlich ein völlig verändertes Verhalten an den Tag legte.
    »Dann gibt es also nichts, was Sie tun könnten?« sagte sie und stand auf.
    »Nicht, bevor wir keinen Beweis haben, daß Ihr Mann wirklich gegen seinen Willen ...« Doch Eva war bereits draußen, so daß die nutzlosen Worte ungehört verhallten. Sie ging die Treppe hinunter, verließ das Gebäude und ging hinüber zum Mombasa-Café, wo Mavis auf sie wartete. »Nun, was hat er dir geraten?« fragte Mavis »Nichts«, entgegnete Eva. »Er meinte nur, ohne Beweis könnte er gar nichts unternehmen.«
    »Vielleicht wird Henry dich ja heute abend anrufen. Jetzt, wo er weiß, daß du draußen gewesen bist...« Eva schüttelte den Kopf. »Woher soll er das wissen? Warum sollten sie es ihm sagen?«
    »Na komm schon, Eva«, sagte Mavis. »Ich sehe die Sache so: Henry betrügt dich seit sechs Monaten. Ja, ich weiß, was du jetzt sagen willst, aber so ist es nun mal.«
    »Er hat mich nicht auf die Art betrogen, die du meinst«, sagte Eva. »Soviel steht fest.«
    Mavis seufzte. Es war sehr schwierig, Eva begreiflich zu machen, daß Männer alle gleich waren, selbst sexuell unterentwickelte wie Wilt. »Er ist jeden Freitagabend nach Baconheath gefahren und hat dir die ganze Zeit weisgemacht, er hätte diesen Gefängnisjob. Das mußt du doch zugeben, oder?«
    »Schon«, sagte Eva und bestellte Tee. Sie war nicht in der Stimmung für irgendwas Ausländisches wie Kaffee. Kaffee tranken Amerikaner.
    »Die Frage, die du dir stellen mußt, ist die, warum er dir nicht gesagt hat, wo er hingeht.«
    »Weil er nicht wollte, daß ich es weiß«, sagte Eva. »Und warum wollte er nicht, daß du es weißt?« Eva schwieg.
    »Weil er etwas machte, was dir nicht gefallen hätte, und wir alle wissen doch, was das ist, das wir nach Ansicht der Männer lieber nicht wissen sollen.«
    »Ich kenne Henry«, sagte Eva.
    »Natürlich kennst du ihn, aber keiner von uns kann selbst Menschen, die einem am nächsten stehen, zur Gänze kennen.«
    »Du weißt doch genau, daß Patrick anderen Frauen nachläuft«, ging Eva zum Gegenangriff über. »Du hast dich doch ständig über seine Untreue ausgelassen. Deshalb hast du dir diese Steroidpillen von dieser üblen Dr. Kores besorgt, und jetzt sitzt er nur noch da und stiert in die Glotze.«
    »Ja«, sagte Mavis, die sich insgeheim dafür verfluchte, dies je erwähnt zu haben. »Also gut, aber du hast gesagt, Henry sei sexuell unterbelichtet. Das bestätigt doch nur meine Ansicht. Ich weiß nicht, was Dr. Kores in die Mischung getan hat, die sie dir gegeben hat ...«
    »Fliegen«, sagte Eva.
    »Fliegen?«
    »Spanische Fliegen. Henry hat das jedenfalls so genannt. Er meinte, die hätten ihn umbringen können.«
    »Haben sie aber nicht«, sagte Mavis. »Ich versuche doch nurdir klarzumachen, daß der Grund, warum er nicht angemessen funktioniert hat ...«
    »Er ist doch kein Hund«, sagte Eva.
    »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Funktionieren. Du redest, als wäre er eine Maschine.«
    »Du weißt ganz genau, was ich gemeint habe.« Sie wurden durch die Kellnerin unterbrochen, die den Tee brachte. »Ich will damit doch nur sagen«, fuhr Mavis fort, nachdem das Mädchen wieder verschwunden war, »daß das, was du für Henrys sexuelle Unterbelichtung gehalten hast ...«
    »Ich sagte, er sei nicht sonderlich aktiv. Was anderes habe ich nie behauptet«, widersprach Eva.
    Mavis rührte ihren Kaffee um und bemühte sich,

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