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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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die Stimme bekannt.«
    »Bekannt?«
    »Ich könnte nicht sagen, wem sie gehört, aber der Klang war mir irgendwie vertraut. Außerdem, wenn das ganze ein Streich war, warum hätte der Mann mir dann so bereitwillig seine Telefonnummer gegeben?«
    Der Oberaufseher warf einen Blick auf die Nummer und wählte. Die Leitung war besetzt. Kein Wunder. In der Kneipe am anderen Ende schäkerte ein Mädchen mit ihrem Freund. »Und warum hat er seinen Namen nicht genannt?«
    »Klang, wie schon erwähnt, als hätte er eine Höllenangst.
    Sagte was, von wegen er würde bedroht. Und bei einigen dieser Schweine, die wir hier haben ...«
    Das brauchte man dem Oberaufseher weiß Gott nicht zu sagen. »Schon gut. Wir werden keinerlei Risiko eingehen. Setzen Sie den Notstandsplan in Kraft, und zwar auf der Stelle, und versuchen Sie, den verdammten Direktor zu erreichen.« Als der Gefängnisdirektor eine halbe Stunde später nach Hause kam, klingelte das Telefon in seinem Arbeitszimmer. »Ja, was gibt’s?«
    »Geplanter Massenausbruch«, berichtete der Beamte. »Ein Mann ...«
    Aber der Direktor wartete gar nicht ab. Seit Jahren lebte er in der panischen Angst, daß etwas Derartiges passieren könnte. »Bin sofort da«, schrie er und rannte zum Wagen. Bis er das Gefängnis erreichte, hatte das Heulen von Polizeisirenen und das Auftauchen mehrerer Feuerlöschzüge, die Richtung Gefängnis rasten, seine Angst zur Panik gesteigert. Als er auf das Tor zulief, wurde er von drei Polizisten angehalten. »Was glauben Sie, wo es hier hingeht?« herrschte ihn ein Sergeant an. Der Direktor blitzte ihn wütend an. »Da ich zufällig der Direktor bin«, sagte er, »der Direktor dieses Gefängnisses, werden Sie wohl verstehen, daß ich hineingehe. Wenn Sie also jetzt so freundlich wären, mich vorbeizulassen.«
    »Können Sie sich ausweisen, Sir?« fragte der Sergeant. »Ich habe Befehl, niemanden rein- und niemanden rauszulassen.« Der Direktor durchwühlte die Taschen seines Anzugs und förderte eine Fünfpfundnote und einen Kamm zutage. »Also schauen Sie her ...«, begann er, aber der Sergeant schaute bereits auf den Geldschein. Den Kamm ignorierte er. »An Ihrer Stelle würde ich das lieber nicht versuchen«, sagte er.
    »Was versuchen? Anscheinend habe ich sonst nichts dabei.«
    »Sie haben’s gehört, Wachtmeister«, sagte der Sergeant. »Versuchte Bestechung eines ...«
    »Bestechung ... Was fällt Ihnen ein? Wer hat hier was von Bestechung gesagt?« explodierte der Direktor. »Sie fragen mich, ob ich einen Ausweis bei mir habe, und als ich versuche, einen zu finden, faseln Sie etwas von Bestechung. Holen Sie jetzt, verdammt noch mal, den Pförtner, der soll mich identifizieren.« Es bedurfte weiterer fünf Minuten des Protestes, bis der Direktor endlich eingelassen wurde. Inzwischen waren seine Nerven nicht mehr in der Verfassung, die der Situation angemessen gewesen wäre. »Sie haben das getan?« schrie er wenig später den Oberaufseher an.
    »Alle Männer aus den oberen Etagen in die unteren Zellen verlegt, Sir. Für den Fall, daß sie versuchen sollten, aufs Dach zu gelangen. Natürlich geht es da ein bißchen eng zu ...«
    »Eng? Es waren doch sowieso schon vier pro Einmann-Zelle. Wollen Sie damit sagen, daß es jetzt acht sind? Ein Wunder, daß die nicht schon längst randalieren.« Er wurde durch laute Schreie aus Block C unterbrochen. Nachdem Gefängnisoberaufseher Blaggs in Richtung des Tumults davongestürzt war, versuchte der Direktor sich einen Überblick zu verschaffen. Aber das war ein fast ebenso schwieriges Unterfangen, wie ins Gefängnis zu gelangen. Im dritten Stock des A-Flügels tobte offenbar eine Schlacht. »Kommt wohl daher, daß sie Fidley und Gosling zu Standforth und Haydow gesteckt haben«, meinte der Wachhabende im Büro. »Fidley und ... – Blaggs hat zwei Kindsmörder mit ein paar grundsoliden, ehrlichen Bankräubern zusammengesperrt? Er muß verrückt sein. Wie lange hat es gedauert, bis sie tot waren?«
    »Ich glaube nicht, daß sie schon tot sind«, sagte der Beamte mit mehr Enttäuschung in der Stimme, als der Direktor gutheißen konnte. »Die letzte Nachricht lautete, daß es gelungen sei, Haydow daran zu hindern, Fidley zu kastrieren. Das war der Punkt, an dem Mr. Blaggs beschloß, einzuschreiten.«
    »Soll das heißen, dieser Hirnamputierte hat solange gewartet?« fragte der Direktor.
    »Nicht ganz, Sir. Wissen Sie, da gab es dieses Feuer in Block D ...«
    »Feuer in Block D? Was für ein

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