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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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wuchtete sich aus seinem Sessel und knallte die Tür zu. »Und glaube bloß nicht, daß du ...«
    »Halt den Mund«, bellte er. »Ich habe mit Freddie gesprochen, und er wird Scotland Yard auf den Fall ansetzen, und jetzt werde ich Charles anrufen. Als Polizeidirektor kann er ...«
    »Und was soll das? Er kann sie mir auch nicht zurückbringen!«
    »Das kann niemand, verdammt noch mal. Und wenn du ihr nicht den Floh in ihren hohlen Kopf gesetzt hättest, daß sie in der Lage sei, sich selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wo doch sonnenklar war, daß sie dumm wie Schifferscheiße ist, wäre das Ganze nicht passiert.« Lord Lynchknowle griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer des Polizeidirektors. Zur selben Zeit hing im Glasbläser auch Wilt am Telefon. Er hatte geraume Zeit über Möglichkeiten nachgedacht, wie man McCullams mutmaßlich schauderhaften Pläne vereiteln konnte, ohne der Gefängnisverwaltung gegenüber die eigene Identität preiszugeben. Keine einfache Aufgabe.
    Nach zwei doppelten Whisky hatte Henry die nötige Courage beisammen, und im Gefängnis angerufen. Er hatte sich geweigert, seinen Namen zu nennen, und nach der Privatnummer des Gefängnisdirektors gefragt. Im Telefonbuch stand sie nämlich nicht. »Die ist geheim«, erklärte der diensthabende Beamte.
    »Natürlich«, gab Wilt zurück. »Deshalb frage ich ja.«
    »Und deshalb kann ich sie Ihnen nicht geben. Wenn es der Wunsch des Direktors wäre, jeden Verbrecher wissen zu lassen, wo er seine Drohungen gegen ihn loswerden kann, dann hätte er dafür gesorgt, daß sie drinsteht. Meinen Sie nicht?«
    »Schon«, gab Wilt zu. »Wenn aber andererseits ein ehrlicher Bürger von einem Ihrer Insassen bedroht wird, wie, zum Kuckuck, soll er den Gefängnisdirektor davon unterrichten, daß ein Massenausbruch bevorsteht?«
    »Massenausbruch? Was wissen Sie von einem geplanten Massenausbruch?«
    »Genug, um den Gefängnisdirektor sprechen zu wollen.« Es entstand eine Pause, in deren Verlauf der Gefängnisbeamte das Gehörte ventilierte, während Wilt eine Münze nachwarf. »Und warum können Sie es mir nicht sagen?« fragte der Beamte schließlich.
    Wilt ignorierte die Frage. »Hören Sie zu«, sagte er mit einer verzweifelten Eindringlichkeit, die dem Bewußtsein entsprang, daß er schon zu weit gegangen war, um noch einen Rückzieher machen zu können, und daß er den Mann vom Ernst der Lage einfach überzeugen mußte – andernfalls würden McCullams Komplizen bald etwas Abscheuliches mit seinen Knien anstellen. »Ich versichere Ihnen, daß es sich um eine äußerst ernste Angelegenheit handelt. Ich wünsche den Direktor persönlich zu sprechen. In zehn Minuten werde ich zurückrufen. Verstanden?«
    »Es könnte sein, daß ich ihn nicht so schnell erreichen kann, Sir«, erwiderte der Beamte, dem die echte Verzweiflung in der Stimme nicht entgangen war. »Wenn Sie mir Ihre Nummer geben, dann werde ich dafür sorgen, daß er Sie zurückruft.«
    »Ipford 23194«, sagte Wilt. »Und ich spaße nicht.«
    »Nein, Sir«, entgegnete der Beamte. »Ich werde mich so schnell wie möglich bei Ihnen melden.«
    Wilt hängte auf und kehrte mit dem unbehaglichen Gefühl an die Bar zurück, daß er jetzt eine Sache ins Rollen gebracht hatte, die furchtbare Folgen haben konnte. Er trank seinen Whisky aus und bestellte einen neuen, um darin den Gedanken zu ertränken, daß er dem Beamten die Telefonnummer einer Kneipe gegeben hatte, in der man ihn gut kannte. Zumindest hat ihm das gezeigt, daß ich es ernst meine, dachte er und überlegte, warum die bürokratische Mentalität jegliche Kommunikation so verdammt schwierig machte. Hauptsache, er konnte jetzt so schnell wie möglich mit dem Gefängnisdirektor Kontakt aufnehmen und ihm die Situation erklären. Sobald man McCullam in ein anderes Gefängnis verlegt hätte, wäre er selbst aus der Schußlinie.
    In Ihrer Majestät Gefängnis zu Ipford waren aufgrund der Nachricht, daß ein Massenausbruch unmittelbar bevorstand, sofort entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet worden. Der Oberaufseher, den man aus dem Bett geholt hatte, versuchte, den Direktor anzurufen. »Der verfluchte Mensch muß zum Essen ausgegangen sein«, schimpfte er, nachdem er es ein paar Minuten lang umsonst hatte klingeln lassen. »Sind Sie sicher, daß es kein übler Scherz war?«
    Der diensthabende Beamte schüttelte den Kopf. »Klang mir ziemlich echt«, sagte er. »Gepflegte Sprache und deutlich verängstigt. Mir ist sogar, als wäre mir

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