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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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ich will die Wahrheit.«
    Wilt starrte aus blutunterlaufenen Augen zu ihr empor und wünschte aus tiefstem Herzen, sie wäre nie bei ihrer Tante in Amerika gewesen. Davor hatte sie ihn mit seinem Kater immer in Ruhe gelassen, und er wusste nicht recht, ob er mit einer auf einmal selbstsicheren Eva fertigwerden würde. Besonders nicht in diesem Zustand.
    »Gib mir die Decke zurück, dann erzähl ich’s dir«, wimmerte er.
    Eva warf Laken und Decke über ihn.
    »Na los. Erzähl.«
    »Erst sollte ich zum AAM «, fing er an.
    Sie hasste es, wenn er all diese verdammten Akron … Anachron … Abkürzungen benutzte.
    »Was heißt das?«
    »Der Ausschuss Akademische Mittelverteilung. Da wird entschieden, welche Kurse abgeschafft werden, und natürlich auch, welcher Fachbereichsleiter als Nächstes dran glauben muss. Kommunikation gilt nicht als akademisch, also brauchte ich nicht dabei zu sein. Peter hat mir erzählt, was passiert ist. Der verdammte Mayfield wollte mich ersetzen lassen.«
    »Was hat der denn damit zu tun?«
    Wilt seufzte.
    »Er ist zufällig der Vorsitzende des Ausschusses Akademische Mittelverteilung, falls du es unbedingt wissen willst.«
    »Und?«
    »Glücklicherweise war der Vizedirektor auch da. Er hat gesagt, man könne mich nicht rausschmeißen, weil niemand anderes so gut mit den Typen umgehen kann, die Kommunikation studieren, und dass kein anderer Fachbereich so viele verdammte Studenten hätte. Kapiert?«
    Eva nickte.
    »Gut. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hat er Mayfield gefragt, ob der das Fach nicht selbst übernehmen wollte – und der Drecksack hat sofort das Maul gehalten. Peter hat gesagt, der Trottel wäre bei dem Gedanken beinahe in Ohnmacht gefallen, und es war keine Rede mehr davon, dass ich ersetzt werde.«
    »Gott sei Dank«, sagte Eva, die beinahe überzeugt war. Sie konnte ja immer noch Peter Braintree fragen.
    »Darf ich jetzt bitte weiterschlafen?«
    »Nein, das darfst du nicht. Ich will, dass du aufstehst und dich anziehst und in einer Viertelstunde unten bist. Ich muss dir etwas Tolles erzählen.«
    Will stöhnte. Er wusste aus langjähriger Erfahrung, dass Evas Vorstellungen und seine eigenen davon, was toll war, sehr verschieden waren.
    * JP: Justice of Peace, Friedensrichter (Anm. d. Übersetzerin)
    ** QC = Queen’s Counsel, Kronanwalt (Anm. d. Übersetzerin)

3
    Zwei Minuten vor Ablauf des Ultimatums kam Wilt in der hastig übergezogenen Unterhose von gestern die Treppe heruntergestolpert – etwas anderes hatte er in der Eile nicht finden können. Eva saß am Küchentisch, vor sich ein Glas Wasser und ein Aspirin, allerdings außerhalb seiner Reichweite.
    »Also, Henry«, begann sie mit lauter Stimme, »ich habe dir einen Job für den Sommer besorgt. Fünfzehnhundert Pfund pro Woche inklusive Kost und Logis. Ist das nicht wunderbar? Sie will, dass ihr Sohn nach Cambridge geht.«
    Wilt sackte auf einen Stuhl und hielt sich den Kopf. Er schmerzte immer noch furchtbar.
    »Wer ist ›sie‹, und was meinst du damit, einen Job? Und fünfzehnhundert Pfund die Woche?« Bei der Bezahlung konnte es nicht so wunderbar sein … und was um Himmels willen sollte »Kost und Logis« bedeuten?«
    »›Sie‹ ist Lady Clarissa, und sie hat dir einen Zeitvertrag angeboten.«
    »Und was soll ich da machen?«
    »Ihren Sohn Edward Gadsley unterrichten, in Sandystones Hall. Lady Clarissa möchte, dass du dafür sorgst, dass er seine Abschlussprüfung in Geschichte schafft, und ich habe ihr gesagt, du würdest hocherfreut sein.«
    »Reizend!«, stieß Wilt hervor. »Also darf ich die Sommerferien damit verbringen, irgendeinem grauenvoll versnobten jungen Tölpel was einzutrichtern, damit er nach Cambridge kann? Du hast nicht zufällig daran gedacht, dass ich seit dreißig Jahren keinen Geschichtsunterricht mehr gegeben habe und dass ich damals irgendwelche Vollidioten unterrichtet habe, die sich kaum daran erinnern konnten, wo Österreich liegt?«
    »So schwer kann das ja wohl nicht sein, und selbst wenn, du hast immerhin zwei Monate Zeit. Wir bekommen genug Geld, dass die Mädchen in St. Barnaby’s bleiben können und können gleichzeitig auch noch umsonst Urlaub machen.«
    »Du vielleicht … Warte mal, was meinst du mit umsonst Urlaub machen? Ich werde überhaupt keinen Urlaub haben.«
    Eva lächelte und versuchte, seine schmuddelige Unterhose nicht anzusehen.
    »Lady Clarissa hat uns ein möbliertes Cottage auf dem Anwesen angeboten, mietfrei«, erklärte sie. »Und nicht weit

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