Her mit den Jungs!
wieder sehr ernste Stimme ließ Micki unvermittelt innehalten. Nun, da sie Damian lieben gelernt und im Grunde genommen wieder verloren hatte, empfand sie ein nie gekanntes Mitgefühl mit Lola. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, ihr Leben an der Seite eines Mannes zu verbringen, der ihre Gefühle nicht erwiderte. Und jetzt baten sie Lola, erneut mit ihm zusammenzuarbeiten, wo sie es doch erst kürzlich geschafft hatte, diese ganze verzwickte Situation endlich hinter sich zu lassen.
Sie legte Lola die Hand auf die Schulter. »Ich kann sehr gut verstehen, dass du gegen diese Fusion bist. Es ist selbstsüchtig von uns, ein solches Opfer von dir zu verlangen.« Sie wandte sich zu Annabelle und Sophie um. »Vielleicht sollten wir uns eine andere Möglichkeit überlegen.«
Unter Lolas dankbarem Blick fühlte sich Micki erstmals auf der gleichen Stufe mit dieser Frau, die sie stets verehrt hatte.
Nach einem kurzen Schweigen ergriff Annabelle das Wort: »Micki hat Recht. Wir haben uns so darauf konzentriert, eine Lösung für die Agentur zu finden, dass wir deine Gefühle total vergessen haben.«
Sophie nickte. »Das war gedankenlos von uns, dabei hast du uns doch eigentlich zu verantwortungsbewussten, umsichtigen Menschen erzogen.«
Lola ging gedankenverloren ein paar Mal im Zimmer auf und ab, dann blieb sie vor der Couch stehen, auf der Annabelle lag. »Kommt mal her. Kommt alle her zu mir.«
Micki und Sophie traten näher.
»Ihr habt euch alle zu so wunderschönen, klugen, aufmerksamen Frauen entwickelt. Ich bin unendlich froh, dass ich euch habe. Ihr seid die Kinder, die ich nie hatte, und ich liebe euch.« Sie stockte und konnte die Tränen sichtlich nur mit Mühe zurückhalten. »Und weil ich euch liebe, werde ich mit Spencer reden.«
»Aber -«
»Ich bin erwachsen, Sophie«, schnitt Lola ihr das Wort ab. »Falls die Fusion tatsächlich zustande kommt, kann ich zusehen, dass ich nur für Spencer arbeite und nicht für euren Onkel. Oder ich kann in Rente gehen. Macht euch also um mich keine Gedanken, ja? Okay.« Sie klatschte in die Hände - ein sicheres Zeichen dafür, dass sie sich entschieden hatte und keinen Widerspruch mehr dulden würde.
Micki nickte benommen. »Okay. Aber du sollst wissen, dass wir dir für deine Hilfe sehr dankbar sind.« Sie schloss Lola fest in die Arme. »Und jetzt sollten wir uns vielleicht noch eine Frist setzen, sonst schieben wir das Gespräch mit den beiden nur immer weiter vor uns her.«
Lola nickte. »Da hast du zweifellos Recht.«
»Wie wäre es mit Onkel Yanks Geburtstagsfete?«, schlug Sophie vor. »Bis dahin müssen wir Yank und Spencer unsere Pläne unterbreitet und ihnen die Zustimmung entlockt haben. Abgemacht?«
»Abgemacht«, murmelten alle anderen in dem Bewusstsein, dass aufgrund von Onkel Yanks Erkrankung noch einige einschneidende Veränderungen für alle Beteiligten zu erwarten waren.
Micki fragte sich, mit welchen Überraschungen das Leben in nächster Zeit wohl noch aufwarten würde.
Yank saß an seinem riesigen Eichentisch und betrachtete die Porträts, die in der Ecke standen. Er konnte sie nicht mehr genau erkennen, aber er hatte sich ihre Reihenfolge schon vor langer Zeit eingeprägt und wusste, wie sie sich anfühlten. Er griff nach dem Rahmen mit den abgerundeten Ecken und strich mit den Fingern über das Glas, hinter dem sich, wie er wusste, ein Kinderfoto von Micki befand.
Er hatte es zwar immer geleugnet, aber seine Kleine, wie er sie gern nannte, hatte seit je her einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen gehabt. Kein Wunder, war sie ihm doch vom ersten Tag an, als die drei zu ihm gezogen waren, überallhin auf Schritt und Tritt gefolgt, genau wie Noodle, der Hund, der jetzt unter dem Schreibtisch lag.
Im Gegensatz zu Annabelle, die ihrem allein stehenden Onkel aufgrund ihres Alters zunächst eher mit Misstrauen und Furcht begegnet war, hatte ihn Micki von Anfang an ins Herz geschlossen und ihm alles nachgemacht. Sie war nicht von seiner Seite gewichen, weder bei den allwöchentlichen Pokerabenden noch bei den Terminen mit Klienten unterwegs und in unzähligen Umkleideräumen. Sie hatte sich einfach nicht mehr abschütteln lassen.
Anfangs hatte Yank nicht viel mit ihr anzufangen gewusst, doch schon bald war ihm aufgegangen, wie schön es war, Micki um sich zu haben; wenngleich er lernen musste, in ihrer Gegenwart mit Kraftausdrücken sparsam umzugehen. Lächelnd erinnerte er sich an die diversen telefonischen Beschwerden
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