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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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seinen Wohnwagen verließ. Allerdings gab es keine Fernsehsendungen mehr. Keine Mode. Keine werbenden Unternehmen. Nichts von alledem spielte noch eine Rolle – sofern es das je getan hatte. Melanie konnte es nicht mehr hören.
    »Lass es einfach gut sein, Mark«, sagte sie mit vor Kälte klappernden Zähnen. »Du hast es mir schon erzählt.«
    »Ich weiß. Ziemlich cool, oder?«
    »Wenn du meinst.«
    »Es wurde davon geredet, dass ich ein paar Promotionauftritte im Oceania machen sollte. Bist du je in dem Klub gewesen?«
    »Ja. Ich fand’s Scheiße.«
    »Das soll wohl ein Scherz sein. Das Oceania ? Das war das Nonplusultra der Szene.«
    »Das Nonplusultra an Kacke vielleicht«, erwiderte sie.
    »Du bist ein totaler Arsch, Mark«, meldete sich Will Bayliss zu Wort. »Halt endlich’s Maul über deinen Fernsehscheiß. Da krieg ich Scheiß-Kopfschmerzen von.«
    Schließlich verstummte Ainsworth. Bayliss, mehrere Jahre jünger als er, gab sich großkotzig als harter Kerl und schüchterte ihn ein. Bayliss gab spöttische Laute von sich und musterte Ainsworth verächtlich von oben bis unten. Paul Field, der unmittelbar hinter ihm stand und wie üblich tat, was er konnte, um in Bayliss’ Gunst zu bleiben, schüttelte den Kopf und murmelte etwas, das sie alle nicht verstehen konnten. Zum ersten Mal, so lange sie zurückdenken konnte, freute sich Melanie tatsächlich darüber, dass sie Jackson auf sich zukommen sah.
    »Seid ihr bereit mit dem Tor?«, fragte er.
    »Sind wir«, bestätigte sie.
    »Macht es wieder zu, sobald Kieran mit dem Bagger wieder drin ist, ja?«
    »In Ordnung«, sagte sie. Weder Ainsworth noch Bayliss gaben einen Kommentar ab, aber an ihre Missachtung hatte er sich bereits gewöhnt. Er nickte Melanie anerkennend zu, dann kehrte er zum Bagger zurück und gab Kieran mit hochgestrecktem Daumen ein Zeichen. Kieran ließ den Motor an. Lärm hallte durch die Luft. Jackson ließ den Blick über die anderen wandern – Sue Preston, Charlie Moorehouse, Shirley Brinksford, Phil Kent. Sie alle standen mit Knüppeln und Äxten bereit, um sich um etwaige Leichen zu kümmern, denen es gelang, nicht vom Bagger erfasst zu werden und durch das Tor zu gelangen, während es offen stand.
    Shirleys Mund fühlte sich trocken an, ihre Beine wirkten vor Nervenanspannung bleischwer. Insgeheim war sie nicht sicher, ob sie das tun konnte. Sie schaute über die Schulter und sah Aidens junges, an das Fenster des Wohnwagens gedrücktes Gesicht. Er sollte das nicht mit ansehen , dachte sie. Er ist zu jung. Ich sollte zurück hineingehen, mich um ihn kümmern und die Gewalt den Jungs überlassen .
    »Alles klar«, brüllte Jackson. »Aufmachen!«
    Ainsworth und Bayliss zogen an ihren jeweiligen Seilen, und die beiden Torhälften öffneten sich langsam. Sofort wurden die nächsten Toten sichtbar. Da kommt die Flut , dachte Kieran, der das Geschehen nervös von seiner erhöhten Position aus beobachtete. Allerdings rührten sich die Leichen nicht. Vor dem Tor hatte sich eine große Zahl von ihnen geschart, zusammengepresst wie eine durchgehende, blutverschmierte Masse, aber sie schienen völlig erstarrt zu sein, als hätte jemand die Pause-Taste auf einer Fernbedienung gedrückt. Mittlerweile stand das Tor vollständig offen, und immer noch gab es keinerlei Bewegung. Vielleicht vereinzelt ein leichtes Zucken, ein kaum merkliches Zittern, doch das war es auch schon. Beinah greifbare Erleichterung stellte sich ein. Shirley ließ ihre Axt sinken und bedeutete Kieran, loszufahren. Er senkte die schwere Schaufel des Baggers und beschleunigte.
    Von seinem Sitz aus hatte Kieran eine klare und ungestörte Aussicht auf die gefrorenen Toten und die Welt jenseits der Burgmauern. Es war ein bizarrer Anblick, eines der seltsamsten Dinge, die er je gesehen hatte – und das wollte angesichts allem, was er seit September bezeugt hatte, etwas heißen. Es ließ sich unmöglich abschätzen, wie viele Leichen sich auf der Straße drängten, die zum Burgtor führte. Sie waren praktisch unkenntlich, hatten jegliche Ähnlichkeit mit individuellen Gestalten verloren. Zuerst hatte die Verwesung sie deformiert und ihr Erscheinungsbild auf unterschiedliche, willkürliche Weise entstellt, nun waren sie durch die bittere Kälte zu einer einzigen Masse zusammengeschweißt. Ihre Glieder und Rümpfe wurden größtenteils vom dichten Gedränge verdeckt, aber unzählige Köpfe ragten aus der weitläufigen Fläche gefrorenen Fleisches. Eine Eisschicht überzog ihre

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