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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Gesichter mit einer glasigen Glanzschicht und betonte ihre Züge auf eigenartige Weise.
    Vor dem ersten Zusammenstoß hielt Kieran an. Er konnte kaum begreifen, was sich vor ihm erstreckte, empfand es als abwechselnd beängstigend und mitleiderregend. Beängstigend, weil die Toten zwar bewegungsunfähig sein mochten und nicht angreifen konnten, aber immer noch in schier unabschätzbarer Zahl hier waren. Mitleiderregend, weil diese verdammten Kreaturen, die ihm und allen anderen so viel Kummer bereitet hatten, durch einen schlichten Wetterumschwung plötzlich völlig harmlos geworden zu sein schienen. Es war beinah, als hätte ihnen mitten im Satz jemand das Wort abgeschnitten. Kieran fand den Anblick irgendwie beruhigend, wenngleich ein leichtes Unbehagen blieb, weil er wusste, dass sie durch wärmere Temperaturen unweigerlich einen Teil ihrer Bewegungsfreiheit zurückerlangen würden. Über eine der Leichen musste er beinah lachen. Der Mann hatte einen Arm und den Kopf hoch erhoben, als wäre er ein Athlet, der über die Ziellinie sprintet, festgehalten in einem Schnappschuss, während all die anderen Leichen den Sieger zu ermitteln versuchten. Als er ein leichtes Zittern der Kreatur wahrnahm – das von den Vibrationen des Baggers, einem geringfügigen Anstieg der Temperatur, der Schwerkraft oder etwas völlig anderem herrühren mochte –, stellte er den Fuß aufs Gaspedal und fuhr mitten in die Masse hinein.
    Jackson stieg in den Bus und stellte sich neben Driver. Beide beobachteten, wie Kieran die Straße vor der Burg entlangpflügte und rasch eine bemerkenswert saubere Schneise durch die reglosen Ränge zog. Jackson konnte es zwar nicht hören, doch er konnte sich vorstellen, welche Geräusche die bröckelnden, brechenden Körperteile und das Eis verursachen mussten. Wie gebannt starrte er hin, als Gliedmaßen abgerissen wurden wie Laub, das sich von den Ästen winterlicher Bäume löste. Sein Blick wanderte zu Driver, der mit ausdrucksloser Miene stur nach vorne schaute. Entweder ist er unheimlich konzentriert, oder er hat eine Scheiß-Angst , dachte Jackson.
    Als Kieran durch die Biegung der Straße außer Sicht geriet, beschloss Jackson, dass es an der Zeit sei, loszufahren. Er stupste Driver kräftig, und der Mann rollte los, folgte dem nahezu perfekten Kanal durch das Meer der Toten, den der Bagger geschaffen hatte. Zu beiden Seiten ragte Verwesung wie die Böschungen eines Flusses auf, und Jackson war sicher, vereinzelt Bewegung erkennen zu können. Unscheinbar, subtil, aber definitiv vorhanden. Einige der am tiefsten vergrabenen Leichen waren offenbar vor dem schlimmsten Frost geschützt gewesen und begannen bereits, sich langsam den Weg nach vorn zu dem geräumten Bereich zu bahnen. Er wusste, wenn sie lange genug warteten, würde die Schneise völlig verschwinden. Sie mussten weg und wieder zurück sein, bevor die Leichen auftauten. Die Sonne begann, den Himmel zu erklimmen. Viel Zeit blieb ihnen nicht.

11
    Drivers Nervosität steigerte sich ins schier Unerträgliche, als sie sich dem Hotel näherten. Seine ursprüngliche Scheu davor, sich wieder hinaus in offenes Gelände zu wagen, hatte sich rasch gelegt und war durch das noch unangenehmere Gefühl von Anspannung verdrängt worden. Was würden sie im Hotel vorfinden? Wie er es auch betrachtete, es würde hart werden. Im Gegensatz zu dem, was Hollis, Lorna und die anderen wahrscheinlich von ihm dachten, verspürte er echte Zuneigung für die Menschen, die er gezwungen gewesen war, zurückzulassen. Er hoffte, sie würden alle wohlbehalten antreffen. Driver wusste, dass ihn die Schuldgefühle förmlich zerfressen würden, wenn sie tot wären. Und doch erfüllte ihn auch die Aussicht darauf, sie lebendig anzutreffen, mit Unbehagen. Wie sehr würden sie ihn für das hassen, was er getan hatte? Obwohl er letztlich zurückkam, um sie zu holen – wenngleich erst etwas mehr als zwei Wochen später –, würden sie ihm je wieder vertrauen können?
    Es blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Er konnte das Hotel bereits sehen.
    »Hat irgendjemand einen Plan, wie wir sie da rausholen?«, fragte Zoe. Sie stand hinter Jackson und hielt sich an einem Handgeländer fest, während der Bus vor sich hinholperte.
    »Gewissermaßen«, gab Jackson zurück, womit er denkbar wenig verriet. »Ist schwierig, groß vorauszuplanen, wenn man nicht weiß, was man vorfinden wird.«
    »Na toll.«
    Sie wusste, dass Jackson recht hatte. Aus ihr

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