Herbst - Beginn
euch etwas zu trinken anbieten?«, erkundigte Philip sich höflich. »Tut mir Leid, ich bin so überrascht, euch zu sehen. Als ich den Lärm eurer Motoren hörte, dachte ich ...«
Der Rest ging unter, da er in die Küche verschwand, um Getränke zu holen, obwohl keiner seiner beiden Gäste das Angebot angenommen hatte. Michael nützte die Gelegenheit, ungestört ein paar Worte mit Emma zu wechseln.
»Was denkst du?«, flüsterte er.
»Worüber?«
»Über ihn«, zischte er. »Was denkst du, sollen wir tun?«
Sie überlegte kurz. Emma wusste, was sie sagen sollte, allerdings widerstrebte es ihr.
»Er ist ein Überlebender; wir sollten ihm anbieten, mit uns zu kommen«, gab sie unverkennbar zögerlich zurück.
»Aber ...?«, hakte Michael nach, der spürte, dass sie ihm etwas vorenthielt.
»Aber sieh dir nur diesen Schweinstall an«, fuhr sie fort. »Herrgott, dieses Haus ist widerlich. Allein, wenn ich hier stehe, wird mir schon schlecht, und so, wie er aussieht, hat er bestimmt auch irgendetwas Ansteckendes.«
»Das können wir nicht wissen«, gab Michael zu bedenken, obwohl er ihr an sich völlig zustimmte. »Wir müssen doch wenigstens versuchen, etwas für ihn zu tun, oder?«
Abwesend nickte sie, dann setzte sie eine verbindliche Miene auf, als Philip, immer noch vor sich hinredend, ins Zimmer zurückkehrte.
»... und als wir ihn danach nicht finden konnten, war uns klar, dass irgendetwas definitiv nicht stimmte«, schwafelte er mit träger Stimme. Dann hielt er inne und hustete. Es war ein hässlicher, abgehackter Laut, der an das allmorgendliche Geröchel eines starken Rauchers erinnerte; er hatte sichtlich Mühe, wieder zu Atem zu gelangen.
»Geht es Ihnen gut?«, fragte Michael.
Mit geröteten Zügen schaute Philip auf und nickte.
»Alles bestens«, keuchte er. »Hab mir wohl bloß irgendetwas eingefangen.«
Er trug ein rundes Metalltablett, das er auf dem Tisch abstellte, nachdem er mit dem Arm eine Lage Müll davon auf den schmutzigen Teppich gewischt hatte. Er reichte erst Emma, dann Michael je eine gesprungene Tasse. Emma spähte in die ihre und roch daran. Es war unverdünnter Zitronensirup. Sie schaute zu Michael, der kaum merklich den Kopf schüttelte und ihr unauffällig bedeutete, die Tasse abzustellen.
»Wisst ihr, was passiert ist?«, fragte Philip.
»Wir haben nicht die leiseste Ahnung«, erwiderte Michael.
»Ich habe das ganze Dorf durchsucht, konnte aber niemanden finden, der noch am Leben war. Autofahren kann ich nicht, deshalb konnte ich nicht in die nächste Stadt. Ich saß hier fest und konnte nur abwarten, bis jemand kam.« Kurz setzte er ab und sah Michael an. »Kommt ihr aus einer Stadt? Leben dort noch viele?«
Es war Emma, die antwortete. »Wir sind aus Northwich in die Gegend hier gekommen. Und wir sind allein. In Northwich waren noch einige andere, aber seither haben wir niemanden gesehen – bis wir auf Sie gestoßen sind.«
Mit einem Ausdruck bitterer Enttäuschung im Gesicht sank Philip auf einen Lehnstuhl.
»Das sind keine guten Neuigkeiten«, murmelte er. »Ich sitze hier fest und kann nichts tun. Mein Telefon funktioniert nicht, auch der Strom ist ausgefallen und –«
»Philip«, unterbrach ihn Michael. »Hören Sie mir zu. Was immer hier passiert ist, hat sich unseres Wissens im ganzen Land ereignet. So gut wie alle sind tot.«
»Ich habe ein paar Leute gesehen«, sagte der kleinwüchsige Mann. »Aber mit denen stimmt etwas nicht. Sie kommen, wenn sie mich hören, aber sie sind krank. Sie hämmern stundenlang gegen die Tür. Ich setze mich dann immer ins Hinterzimmer und warte, bis sie wieder verschwinden.«
»Sie sollten mit uns kommen«, schlug Michael vor. »Wir leben in einem Bauernhaus ein paar Meilen von hier. Es wäre wohl besser für Sie, wenn Sie –«
Philip hörte ihm nicht zu.
»Wisst ihr, warum sie sich so aufführen? Mir gefällt das ganz und gar nicht. Mama geht es nicht gut, und es regt sie auf, wenn ich ihr sage, dass –«
»Ihre Mutter ist auch hier?«, fiel Emma ihm ins Wort.
»Aber sicher«, bestätigte Philip.
»Sie kann natürlich auch mitkommen«, bot Michael ihm an. »Wir sollten Ihre Sachen zusammenpacken und so schnell wie möglich verschwinden.«
»Sie wird nicht wegwollen«, murmelte Philip. »Sie wohnt hier schon, seit Papa und sie geheiratet haben.«
»Vielleicht kann sie ja irgendwann hierher zurück«, versuchte Emma ihn zu überzeugen, zumal sie spürte, dass Michael endlich weiterwollte.
Philip überlegte kurz,
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