Herbst - Beginn
Emmas Sicherheit auch nur für eine Sekunde aus Spiel zu setzen, andererseits quälten ihn nagende Schuldgefühle, wenn er sich an den beklagenswerten, verängstigten kleinen Mann erinnerte, den er bibbernd in der fauligen Umgebung des Hauses seiner toten Mutter zurückgelassen hatte.
Vor ihm tauchte eine Kreuzung auf, die ihm bekannt vorkam, und Michael spürte, dass sie endlich in die richtige Richtung steuerten. Kurz danach folgte ein Straßenschild, das er schon einmal gesehen hatte, gefolgt vom rostenden Wrack einer gegen eine alte Eiche gekrachten blauen Limousine, an die er sich erinnerte. Sie befanden sich zweifelsfrei endlich auf der Straße, die sie zurück zur Farm führen würde.
Auf derselben Straße, aber aus entgegengesetzter Richtung näherte sich Carl der Farm. Er fühlte sich wie betäubt vor Anspannung; jeder Muskel in seinem Leib schmerzte vor völliger Übermüdung. Dennoch fuhr er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit und wagte nicht, langsamer zu werden, zumal die Nadel der Kraftstoffanzeige ihren Tiefststand erreicht hatte. Zwei längere Strecken mit demselben Tankinhalt hatte er nicht geplant gehabt. Mittlerweile befand sich wenig mehr als Dämpfe im Tank.
Er wich einem weiteren der wandelnden Leichname aus und beschleunigte weiter. Die Kreatur wirbelte herum und griff in die kohlenmonoxidschwangere Luft hinter ihm.
Weniger als drei Meilen lagen bis zur Farm noch vor ihnen, und Michaels Nervosität steigerte sich. Jedes Mal, wenn sie ihre Zuflucht verließen, verspürte er im Hinterkopf ständig die Angst, es könnte mit dem Haus etwas geschehen sein. Sollte das Tor oder ein anderer Teil der Barrikade eingestürzt sein, bestand durchaus die Möglichkeit, dass ihr Zuhause von unzähligen unerbittlichen, verwesenden Leichen umzingelt war. Instinktiv begann er, nach der Kurve Ausschau zu halten, nach der die Abzweigung zum Haus folgte. Sie befand sich irgendwo zu seiner Linken, doch er wusste, wie einfach sie zu übersehen war, erst recht bei Dunkelheit.
Mit gefährlicher Geschwindigkeit rasten er und Emma vorbei an den Bäumen, Büschen und Gebäuden entlang der Straße. Beide schienen bereit, ein wenig Sicherheit dafür zu riskieren, so schnell wie möglich in die Sicherheit ihrer Zuflucht zu gelangen.
Carl war fast am Ziel.
Auch er hielt Ausschau nach der leicht zu übersehenden Abzweigung zur Farm, von der ihn nur noch wenige hundert Meter trennten. In welche Richtung er auch blickte, überall streiften Leichen umher. Erneut schien die Stille der Welt das vom Motorrad verursachte Geräusch überproportional verstärkt zu haben. Vom kehligen Gebrüll des leistungsstarken Motors angezogen folgte ihm eine ständig wachsende Masse rastloser Leichen.
Schlagartig sank Carls Mut, als dasselbe Gebrüll ins Stocken geriet und erstarb.
Der Tank war leer. So nah vor der Farm, aber nicht nah genug.
Während das Motorrad ausrollte, versuchte er verzweifelt zu beschließen, was er tun sollte. Hastig zog er sich den Helm vom Kopf und schleuderte ihn gegen die nahesten Leichen, bevor er vom Motorrad sprang und losrannte. Erschöpft sprintete er die Straße entlang auf die Abzweigung zu, verfolgt von mittlerweile hunderten Leichen, während sich weitere aus den Schatten zwischen den Bäumen rings um ihn lösten. Am Rande nahm er ein leises, mechanisches Geräusch in der Ferne war, doch er war zu verängstigt, um anzuhalten. Er musste in Bewegung bleiben. Endlich erreichte er die Abzweigung und preschte den Hügel hinauf in die Richtung der Farm.
Im selben Augenblick tauchte der Landrover auf, immer noch dicht vor Emmas Wagen. Michael, überrascht und verwirrt durch das unerwartete Auftauchen so vieler Leichname, übersah die Abzweigung. Unterwegs hatte der Lärm ihrer Fahrzeuge reichlich Leichen angezogen, aber warum hatte sich hier eine solche Masse eingefunden?
Emma blinkte Michael mit dem Fernlicht an und hupte, da sie nicht sicher war, ob er bemerkt hatte, dass er an der Abzweigung vorbeigefahren war. Wütend auf sich selbst, weil er sich von den Leichnamen hatte ablenken lassen, trat er hart auf die Bremse und versuchte zu wenden. Die Straße war ärgerlich schmal, und er musste mehrmals vor- und zurücksetzen. Bei jedem Manöver gerieten mehr der ausgemergelten Gestalten unter die Räder des Landrovers.
Emma pflügte durch die verwesende Menge und beschleunigte den Hügel hinauf zum Haus. Der Zustand des Feldwegs machte sich schlimmer denn je bemerkbar – die Räder des Wagens waren
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