Herbst - Beginn
schwach und kraftlos die Kreatur wirkte, sie hielt Michael mit einer wilden, unerwarteten Entschlossenheit fest, die sich als schwer zu durchbrechen erwies. Carl gelang es, den ausgezehrten Körper etwas zurückzuziehen, gerade genug, damit Michael die Hände unter den dünnen Bauch schieben und die Kreatur von sich drücken konnte. Mit einem jähen, gebündelten Kraftakt stieß er den Leichnam empor und rollte sich im klebrigen Matsch in Sicherheit.
»Geht es dir gut?«, kreischte Emma und eilte an Michaels Seite.
Er wischte sich Spritzer des übel riechenden Schlammes aus dem Gesicht und nickte, wobei er nach Luft rang. Schon das Rennen hatte ihn erschöpft, und der Schock des völlig unverhofften Angriffs hatte ihm restlos den Atem verschlagen.
»Mir fehlt nichts«, keuchte er.
Der auf dem Boden gelandete Leichnam drehte sich auf den Rücken und wand sich in dem Versuch hin und her, wieder aufzustehen. Er hatte sich gerade auf die Ellbogen gekämpft, als Carl ihn zurück in den Schlamm trat.
»Verfluchtes Ding«, zischte er dabei. »Du beschissenes, verfluchtes Ding.«
Die Kreatur krümmte und wand sich weiter. Während Carl über ihr vor Hass siedete, rappelte sie sich wieder auf. Carl trat sie abermals zurück.
»Verfluchtes Ding«, spie er zum dritten Mal hervor, ehe er dem Leichnam seitlich gegen den Kopf trat. Sein Stiefel prallte mit einem widerwärtigen Geräusch gegen die linke Schläfe, und die Kreatur hörte auf, sich zu bewegen. Nach einigen Sekunden jedoch rührte sie sich wieder.
»Lass es«, forderte Michael ihn auf. Mittlerweile hatte er sich auf die Beine gemüht und wurde von Emma zurück in Richtung des Hauses gezogen. »Komm mit, Carl, lass das Ding einfach.«
Carl hörte nicht auf ihn. Stattdessen fiel er regelrecht über die Gestalt auf dem Boden her. Wutentbrannt trat er ihr in den Bereich der linken Niere, woraufhin der Leichnam von ihm wegrollte.
»Carl!«, rief Emma mit flehentlicher Stimme. »Carl, komm mit!«
Deutlich erkannte sie den Hass und die Frustration in seinem Gesicht. Den Bruchteil einer Sekunde sah er sie an, bevor er die Aufmerksamkeit wieder auf die verwesende Kreatur im Matsch richtete. Er spuckte in die ausdruckslose Fratze, dann setzte er zu einer weiteren brutalen Abfolge von Tritten an. Ungeachtet des heftigen Angriffs versuchte die Gestalt unablässig, sich wieder aufzurappeln. Sprachlos und atemlos wich Carl einen Schritt zurück.
»Seht euch das bloß an!«, brüllte er und deutete auf die elende Kreatur, die sich auf dem Boden wand. »Seht euch dieses verfluchte Ding an! Es weiß einfach nicht, wann es genug hat!«
Emma hörte deutlich rohe, unverfälschte Verzweiflung in seiner Stimme. Er klang den Tränen nahe, allerdings vermochte sie nicht zu sagen, ob Tränen des Schmerzes, der Wut, der Angst oder des Kummers.
»Komm endlich!«, rief Michael abermals. »Das ist Zeitverschwendung. Gehen wir zurück ins –«
Jäh verstummte er, als ihm auffiel, dass sich noch eine Gestalt bei ihnen auf dem Feld befand. Emma packte ihn am Arm.
»Schau«, flüsterte sie mit kaum hörbarer Stimme.
»Ich sehe es. Was um alles in der Welt ist hier los?«
Die zweite Gestalt hielt mit derselben trägen, schwerfälligen Zielstrebigkeit auf die Überlebenden zu wie wenige Minuten zuvor der erste Leichnam.
»Da kommt noch so ein Ding, Carl«, rief Michael und bemühte sich, die aufkeimende Panik aus seinem Tonfall zu verbannen.
»Und noch eines«, stieß Emma hervor. Tatsächlich schleppte sich eine dritte Kreatur über den Acker auf sie zu.
Michael ergriff ihre Hand; halb half er ihr, halb schob er sie zurück über das Tor.
»Lauf los«, forderte er sie auf. »Setz dich in Bewegung und sieh zu, dass du zurück ins Haus kommst.«
»Okay«, murmelte sie, während ihre Augen sich mit Tränen der Angst füllten. Sie kletterte den Rest des Weges über das Tor und lief ein paar zögerliche Schritte, ehe sie innehielt und zurückschaute. Ein letzter Blick auf die herannahenden Leichen genügte. Sie drehte sich um und rannte auf das Bauernhaus zu, so schnell sie konnte.
»Carl!«, brüllte Michael. »Wir verschwinden. Reiß dich zusammen und komm!«
Carl schaute auf und sah endlich die beiden sich nähernden Kreaturen. Mit einem letzten trotzigen Wutausbruch trat er dem immer noch zuckenden Leichnam noch einmal gegen den Schädel. Diesmal traf er die Gestalt mitten ins Gesicht und spürte, wie unter der Gewalt seines Stiefels Knochen brachen. Dickes, rötlich-schwarzes,
Weitere Kostenlose Bücher