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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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ein Überlebender sein.«
    Bestürzt senkte Carl die Waffe und schwang den Kolben Richtung Boden. Mit dem Lauf in der Hand ging er ein paar Schritte vorwärts.
    »Ich hab ihn doch nicht getroffen, oder?«, fragte er besorgt. »Scheiße, ich wollte doch nur –«
    »Halt die Klappe«, herrschte Michael ihn an. »Du hast ihn nicht getroffen.«
    Während sie in die Ferne starrten, setzte die Gestalt auf dem Feld sich wieder in Bewegung. Statt jedoch weiter über den schlammigen Acker zu stolpern, hatte sie die Richtung geändert. Der zerlumpte Mann hielt auf das Haus zu.
    »Er kommt hierher, oder?«, fragte Emma, die ihren Augen nicht traute.
    »Sieht so aus«, murmelte Carl verdutzt.
    Michael schwieg. Er beobachtete den Mann noch ein paar Sekunden, bis er völlig sicher war, dass er auf sie zuhielt, dann rannte er ihm entgegen. Abgesehen von den Überlebenden in Northwich war dies die erste Person seit über einer Woche, die in der Lage schien, auf die Außenwelt zu reagieren. Sie konnten es sich nicht leisten, diesen Mann aus den Augen zu verlieren. Michael durfte gar nicht daran denken, dass Carl noch vor wenigen Augenblicken mit einem Gewehr auf ihn gezielt hatte.
    Emma hetzte hinter Michael her, dicht gefolgt von Carl.
    Die Sicht vom Haus aus erwies sich als trügerisch. Zwischen Michael und dem Mann verbarg sich eine Senke, die zusätzliche Entfernung zwischen sie brachte. Ohne auf den unebenen, klammen Schlamm unter seinen Füßen und sein Seitenstechen zu achten, rannte Michael mit voller Geschwindigkeit weiter, darauf bedacht, den einsamen Fremden bei jedem Schritt im Augen zu behalten. Er wollte ihm zurufen, konnte aber nicht; sein Mund fühlte sich staubtrocken an, das Herz hämmerte ihm vor nervöser Erregung bis in den Hals.
    »Wartet«, keuchte Carl. Er befand sich ein kurzes Stück hinter Emma. Er war nicht so fit, wie er es gerne gewesen wäre und konnte die Geschwindigkeit der anderen nicht halten. Emma blieb stehen und ließ ihn aufholen, ohne dabei den Blick von Michael abzuwenden. Sie beobachtete, wie er über ein fünfsprossiges Metalltor kletterte. Mittlerweile befand er sich auf demselben Feld wie der Fremde, der stetig auf ihn zukam.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie Carl.
    Er verlangsamte die Schritte, schüttelte den Kopf und hielt neben ihr an. Vor Erschöpfung gekrümmt stützte er die Hände auf die Knie und sog gierig die kühle, erfrischende Luft ein. Dann schaute er auf und beobachtete, wie Michael zu rennen aufhörte und stattdessen auf den Unbekannten zuging.
    Michael wischte sich Schweißtropfen aus dem Gesicht und spuckte Schleim aus.
    »Verdammt noch mal«, stieß er zwischen heftigen Atemstößen hervor. »Geht es Ihnen gut? Gott, die Chancen, uns hier zu finden, müssen –«
    Plötzlich verlor er auf dem matschigen Untergrund den Halt, fiel auf die Knie und landete vor den Füßen des Mannes. Er schaute zu dessen Gesicht auf – und im Bruchteil einer Sekunde verpuffte alle Hoffnung, jedes Hochgefühl. Es handelte sich nur um einen weiteren Leichnam. Die Züge des Mannes waren leer, bar jeder Gefühlsregung. Die pockennarbige Haut spannte sich straff über den Schädel und wies den vertrauten gräulich-grünlichen Schimmer auf. Die dreckigen, zerlumpten Kleider hingen lose an der dürren Gestalt. Der Mann war so verseucht wie all die anderen.
    Niedergeschlagen rappelte Michael sich auf, drehte sich um und brüllte den anderen die Neuigkeit zu.
    »Vergesst es«, rief er und hatte Mühe, den heftigen, böigen Wind zu übertönen. »Der ist genau wie die anderen.«
    Weder Emma noch Carl konnten ihn verstehen. Verwirrt beobachteten sie, wie die dürre Gestalt sich weiter näherte. Der Mann hob den verwesenden Kopf an und schien Michael, der immer noch in die andere Richtung gedreht stand, fast anzusehen. Die nächste Bewegung des Mannes war so unerwartet, dass niemand Zeit hatte zu reagieren – am wenigsten Michael.
    Das Geräusch eines durch den Schlamm platschenden Fußes ließ ihn herumwirbeln – und er blickte der Kreatur unmittelbar ins Gesicht. Bevor er etwas tun konnte, stürzte die Gestalt sich auf ihn, packte ihn mit den ausgemergelten Armen. Mehr vor Überraschung ob des Angriffs als durch dessen Wucht rutschte Michael aus und ging zu Boden. Carl löste sich jäh aus seiner Benommenheit und rannte los, um seinem Freund zu helfen. Als er bei den beiden eintraf, ergriff er die Schultern des Leichnams, der Michael mittlerweile mit den knochigen Fingern umklammerte. So

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