Herbst - Läuterung
und der Überlebenden. Cooper beobachtete jeden Meter des rasanten Sinkflugs.
In dem Augenblick, als der Helikopter am Boden war, schaltete der Pilot die Maschine ab und löschte die Lichter. Die wirbelnden Rotorblätter verlangsamten sich, der erdbodenerschütternde mechanische Lärm verklang und ließ das allzu bekannte Geräusch der Leichen, die gegen den Maschendrahtzaun rasselten, wieder deutlich werden. Baxter stand auf und wollte losgehen, doch Cooper packte seinen Arm und zog ihn wieder zurück.
»Warten Sie«, zischte er, »immer mit der Ruhe. Wir wissen nicht, wer zum Teufel das ist.«
Die Türen zu beiden Seiten des Helikopters öffneten sich. Cooper beobachtete mit Vorsicht und einem Maß an unbestreitbarer Aufregung, wie zwei Leute auf den Asphalt heruntersprangen. Im Zwielicht des frühen Morgens war es schwierig, mit Bestimmtheit zu erkennen, was vor sich ging. Ein gut gebauter Mann und eine kleinere, rundlichere Frau standen vor dem Fluggerät und suchten die Umgebung nach Lebenszeichen ab.
»Hallo«, rief der Mann. »Ist da jemand?«
Seine Rufe lösten zwar bei den Leichenhorden auf der anderen Seite des Zaunes eine heftige Reaktion aus, doch sonst nichts weiter. Nachdem er einige Sekunden schweigend die Möglichkeiten gegeneinander abgewogen hatte, erhob sich Cooper langsam und trat aus den Schatten nach draußen. Er hielt das Gewehr des Soldaten fest in seiner Hand und achtete darauf, dass es sichtbar war, den Lauf jedoch richtete er augenfällig auf den Boden.
»Hier drüben!«, gab er zur Antwort. Die zwei Gestalten gingen nach einem Augenblick des Zögerns in seine Richtung. »Woher sind Sie gekommen?«, fragte er und war erleichtert, dass diese Leute verhältnismäßig normal aussahen.
»Von etwas außerhalb von Bigginford«, erwiderte der Mann sachlich. »Ich bin Richard Lawrence. Das hier ist Karen Chase.«
»Alles in Ordnung, Cooper?«, fragte Michael, der an seiner Seite erschien und von zwei Überlebenden und einem Soldaten flankiert wurde. Eine weitere Schar von Leuten stand in der Türöffnung und beobachtete sie angespannt.
»Denke schon.« Cooper bewegte sich ein wenig näher an Lawrence und Chase heran. »Wie haben Sie uns gefunden? Wir sind erst seit einigen Stunden hier.«
»War ziemlich leicht in dem Ding«, antwortete Lawrence und nickte nach hinten zum Helikopter. Er strich sich das lange, zerzauste graue Haar aus dem Gesicht, um Cooper deutlicher sehen zu können. »Wir haben die Horden einige Meilen weiter hinten gesehen und wussten, dass hier irgendwas im Gange war«, fuhr er fort und bezog sich dabei auf die Schlacht am Bunker. »Also hielten wir Ausschau nach irgendjemandem, der versuchte, von dort wegzukommen. Und der Haufen hier fällt auf wie ein bunter Hund.«
»Warum?«
»Ich fliege Hubschrauber schon seit Jahren«, erklärte er, »und mit der Zeit lernt man, Dinge auszumachen, die aus dem Rahmen fallen. Sogar heute, wo so gut wie alles ungewöhnlich ist. Man sieht nicht oft Fahrzeuge wie diese, die so wie hier rund um die Rückseite von Gebäuden geparkt sind.«
Er hatte nicht unrecht, gestand sich Cooper im Stillen ein. Der Gefängniswagen, das Wohnmobil und das Militärfahrzeug sahen, versteckt in den Schatten des Kaufhauses, auffallend fehl am Platz aus.
»Wie viele Leute haben Sie hier?«, fragte Chase.
»Ich weiß es nicht genau«, erwiderte Cooper. »Zwischen dreißig und vierzig, denke ich ...«
»Hört mal, können wir das nicht drinnen klären?«, unterbrach Michael. Er war sich wie immer der Wirkung, die ihre ausgedehnte Anwesenheit auf die Leichenmassen in der Nähe ausübte, überdeutlich bewusst. Cooper nickte und ging zur Seite, um es den Neuankömmlingen zu ermöglichen, hinter ihm vorbeizugehen und Michael in das dunkle Gebäude zu folgen.
Als sie zum Hauptbereich gelangten, in dem sich die Überlebenden versammelt hatten, war nahezu jeder von ihnen wach, aufgestanden und über die Geschehnisse im Bilde. Nervöse und unterdrückte Gespräche verstummten rasch, als die Unbekannten das Kaufhaus betraten. Lawrence und Chase fanden sich selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit wieder; sie standen inmitten der Gruppe und fühlten sich unbeholfen und zur Schau gestellt, während die beiden dankend in Richtung der wenigen Menschen nickten, die sie im Halbdunkel erkennen konnten. Chase zerrte Lawrence am Arm bis an den Rand der improvisierten Versammlung. Sie suchten sich einen Sitzplatz und sahen in die vielen Gesichter, die
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