Herbst - Läuterung
waren. Der Helikopter schoss umher und tauchte durch die Luft über ihnen, wodurch sie abgelenkt und von den Fahrzeugen ferngehalten wurden, die rasch im Gelände verschwanden.
Das Tor wurde geschlossen.
20
»Ich weiß nicht ...« Baxters Stimme war nur wenig mehr als ein Flüstern. »Ich bin mir nicht sicher und verstehe nicht, warum wir hier nicht einfach ein paar Stunden länger abwarten können und dann versuchen, den Flugplatz zu erreichen. Welchen Unterschied werden einige Stunden schon machen, um Himmels willen?«
Donna begann bereits, ihren außerplanmäßigen Halt auf der Fahrt zum Flugplatz zu bereuen. Sie hätte ihrem Instinkt folgen sollen und wünschte sich nun, dass sie das Risiko eingegangen wären, einfach so lange weiterzufahren, bis sie es geschafft hätten, wieder auf den richtigen Kurs zu kommen. Es war klar, dass die anderen ihre Ansichten nicht teilten. Clare, Baxter und die beiden Soldaten waren damit zufrieden, eine Zeit lang dazusitzen, abzuwarten, und dann aufzubrechen. Sie hörte sich die Meinungen der anderen Überlebenden an und respektierte sie. Was die Soldaten sagten, kümmerte sie nicht.
»Lasst uns doch bis zum Morgen bleiben«, regte Clare an. »Wir sind hier ziemlich sicher, oder? Es ist schon beinahe dunkel.«
»Sie hat recht«, stimmte Kelly Harcourt zu. »Es ist sinnvoll, mit dem Aufbruch so lange zu warten, bis es hell wird. Im Licht wird es für uns leichter sein, zu sehen, wohin wir müssen.«
»Ich will nicht warten«, räsonierte Donna. »Wir sind angreifbar, wenn wir hier draußen bleiben. Ich bin dafür, dass wir jetzt gehen.«
»Sieht für mich so aus, als wären wir überall angreifbar«, sagte die Soldatin niedergeschlagen hinter ihrer Gesichtsmaske. Während die drei Überlebenden in der Kälte zitterten, schwitzten sie und Kilgore unter den schweren Schichten der Schutzkleidung. Was hätte sie nicht darum gegeben, um wieder kalten Wind und Regen in ihrem Gesicht zu spüren ...
»Wir sind jetzt schon über eine Stunde hier«, fuhr Baxter fort, »und da draußen sind immer noch nicht übermäßig viele Leichen, seht doch.«
Er bedeutete Donna und den anderen, aus dem Fenster zu sehen. Die Gruppe hatte sich in einem Klassenzimmer versteckt, das sich im ersten Stock der kleinen Schule befand. Sie schmiegte sich in den Schatten der imposanten Kirche, in der sie ursprünglich Schutz suchen wollten. Donna spähte hinab auf den Parkplatz und sah, dass er recht hatte. In der Nähe befanden sich nur sehr wenige Leichen, von denen der Großteil so wirkte, als würde er ebenso ziellos wie immer umherwandern; die Anwesenheit der Überlebenden in der Schule schien nicht wahrgenommen zu werden. Eine Handvoll Leichen, die ihre verwesenden Gesichter gegen die Windschutzscheibe des Wagens pressten, hatte sich um den Van versammelt. In den Ecken des Parkplatzes konnte sie andere dunkle Gestalten sehen. Es war auffallend, dass sie geradezu Abstand zu halten schienen.
»Solange wir uns ruhig verhalten und außer Sichtweite bleiben, sollten wir sicher sein, oder?«, murmelte Harcourt.
»Es ist egal, wann wir am Flugplatz ankommen, solange wir nur ankommen«, fuhr Baxter fort und versuchte, sich selbst ebenso wie die anderen davon zu überzeugen. »Die werden nicht in der Lage sein, ihre Sachen zu packen und morgen aufzubrechen, oder? Lawrence sagte, dass sie eben erst damit begonnen haben, Leute auszufliegen. Es ist nicht so, dass wir dorthin kommen werden und sie sind bereits weg, nicht wahr?«
Clare saß an einem niedrigen Tisch ein kleines Stück entfernt und hörte dem Gespräch desinteressiert zu. Sie beugte sich nach unten und hob ein Buch auf, das auf den Holzboden lag. Der Name darauf lautete Abigail Peters, und Clare konnte, ausgehend von der Klasse, in der sie selbst sich befunden hatte, ausrechnen, dass die Kleine bei ihrem Tod neun oder zehn Jahre alt gewesen sein musste.
Baxter hörte auf zu sprechen, blickte betrübt zu ihr hin und beobachtete, wie sie durch die Seiten blätterte. Armes Kind, dachte er, so schwer es auch jedem von ihnen fiel, die Geschehnisse zu verstehen, und zu versuchen, sie zu bewältigen, so musste es für sie doch in vielerlei Hinsicht unendlich schwieriger sein. Er stellte fest, dass ihre Umgebung zermürbend und beklemmend war. Überall wo er hinsah, konnte er Anzeichen dafür erkennen, dass junges Leben ohne Rechtfertigung oder Erklärung zu Ende gegangen war. Wie bei allem anderen, das sich ereignet hatte, war es schmerzhaft zu sehen,
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