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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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sodass er in Richtung der anderen Seite der Straße driftete, wo sich weniger Gestalten aufhielten. Dabei fiel ihm auf, dass immer mehr von ihnen auftauchten und sich aus den Schatten des Stadtzentrums hervorschleppten. Die große Masse verhielt sich vorwiegend ruhig, abgesehen von den steten Schlurflauten von verwesenden Füßen, die über den Boden geschleift wurden. Über dieses leise Hintergrundgeräusch jedoch vermeinte er, etwas anderes zu vernehmen. Da er sich zu sehr davor fürchtete, den Kopf zu heben und dadurch womöglich Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, starrte er auf den Boden vor sich und konzentrierte sich darauf, dieses neue Geräusch zu identifizieren. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis er es als das Knistern und Knacken brennenden Holzes erkannte, begleitet von vereinzelten Gesprächsfetzen. Als er jemanden brüllen hörte – auch wenn der Laut nur ein paar Sekunden dauerte und die Worte unverständlich waren –, wusste er zweifelsfrei, dass sich andere Überlebende in der Nähe befanden. Unfähig, seine Neugier und seinen Wunsch, andere lebende, atmende Menschen zu sehen, zu verdrängen, hob er vorsichtig den Kopf an und blickte in die Ferne. Eine schmutzig-graue Rauchwolke stieg vom Dach des größten Gebäudes auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf. Er kniff die Augen zusammen und erkannte dort oben Menschen. Wenngleich er nur ein paar Sekunden hinzuschauen wagte, glaubte er zwischen fünf und acht erspäht zu haben. Instinktiv wusste er, dass es sich um Überlebende handeln musste. Er hatte die Überreste zahlreicher Büros und Geschäfte gesehen, die ausgebrannt waren, doch der Umstand, dass dieses Feuer auf dem Dach eines Gebäudes loderte, ließ wenig Zweifel daran, dass es vorsätzlich entzündet worden war.
    Gegen alle Vernunft arbeitete Cooper sich tiefer in die Masse vor. Brüllen konnte er nicht, um die Überlebenden auf sich aufmerksam zu machen; seine einzige Chance bestand darin, sich langsam und vorsichtig näher auf das Gebäude zuzubewegen. Nach ein paar Schritten steckte er tief im Pulk der verwesenden Masse. Immer wieder stieß er mit halb verfallenen Gestalten zusammen und musste an sich halten, um nicht die Nerven und die Kontrolle über sich zu verlieren. Der Verwesungsgestank war grauenhaft. Im Verlauf seiner Dienstjahre war er viele Male mit Toten konfrontiert worden, aber nie auch nur annähernd auf diese Weise. Der erstickende, durchdringende Gestank hing wie eine dicke, verseuchte Decke über allem. Seinen Magen im Griff zu behalten, erforderte allmählich beinah so viel Mühe wie die Konzentration, seine Geschwindigkeit und seine Bewegungen gleichmäßig zu halten.
    Die Dichte der Menge trug zur Verwirrung bei. Alles, was Cooper ringsum sehen konnte, waren schlurfende Kreaturen. Obwohl sie allesamt dürr waren, drängten sie sich so dicht aneinander, dass es unmöglich war, in irgendeine Richtung etwas zu erkennen. Im Allgemeinen hingen die Köpfe der Gestalten schwer auf den erschöpften Schultern, doch Cooper wusste, dass es gefährlich wäre, den Kopf zu heben, um über die Menge hinwegzublicken. Er musste sich weiter mit dem Strom der widerlichen Masse bewegen und hoffen, dass er durch Glück in die richtige Richtung trieb.
    Obwohl er eine Weile versuchte, sich vom Gegenteil zu überzeugen, ließ sich nach ein paar Minuten nicht mehr leugnen, dass er dem Gebäude nicht näher kam, wogegen er wenig unternehmen konnte. Er spürte, dass er von der Vorderseite des Gebäudes zurück und nach rechts auf die Ringstraße zurückgedrängt wurde, woher er gekommen war. Trotzdem fiel ihm nichts anderes ein, als es weiter zu versuchen und zu hoffen, dass er irgendwann in die richtige Richtung gezogen würde. Dann stolperte er über einen reglosen Körper auf dem Boden. Im Bruchteil einer Sekunde gelang es ihm, die Kontrolle wieder zu erlangen, das Gleichgewicht zu halten und nicht in Panik zu geraten. Auch als sein Stiefel in verwestes Fleisch sank und auf einen freiliegenden Knochen trat, zwang er sich, ruhig und emotionslos zu bleiben.
    Ein U-Bahneingang.
    Cooper erspähte ihn aus dem Augenwinkel. Etwas weiter rechts von seiner Position befand sich ein U-Bahneingang, von dem er vermutete, er könnte eine Fußgängerverbindung zwischen den Gebäuden auf der Straßenseite, auf die er wollte, und dem Rest der Stadt darstellen. Vor den wenige Wochen zurückliegenden Ereignissen hätte auf der Ringstraße zu viel Verkehr geherrscht, als dass Menschen sie zu Fuß zu

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