Herbst - Zerfall
vorwärtsschnellte und gegen sein Auge schlug. Der plötzliche Schmerz war intensiv; Sean klappte zusammen und zog die Leiche mit sich zu Boden.
»Alles in Ordnung, Kumpel?«, rief Webb. »Wo steckst du?«
»Alles klar«, zischte Sean zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Der erste Schreck und die sengenden Schmerzen begannen bereits zu verblassen. »Hab das Ding.« Auf dem Rücken liegend fasste er nach oben, legte die behandschuhten Finger um die Kehle der Leiche und drückte zu, so fest er konnte. Er spürte, wie faulige Haut und Knorpel nachgaben, als er den Druck verstärkte, fester und fester. Verwesendes Fleisch quoll schmatzend zwischen seinen Fingern hervor, bis der Kadaver aufhörte, um sich zu fuchteln, und reglos auf ihm lag. Webb gelang es, das Motorrad zu finden und den Scheinwerfer einzuschalten. Licht flutete ihren Winkel des Gebäudes.
»Gut gemacht!«, meinte er lachend, während er beobachtete, wie Sean sich auf die Beine rappelte und seinen Angreifer beiseitetrat. »Allmählich bekommst du den Bogen raus.«
Sean erwiderte nichts. Er wischte sich ab, sah sich um und schüttelte den Kopf, um die Benommenheit loszuwerden, die nach dem Glückstreffer seines Angreifers zurückgeblieben war. Nach und nach gewöhnten sich seine Augen an das spärliche Licht. Ein matter Schimmer Sonnenlicht sickerte durch die verglaste Front des Gebäudes nach hinten durch, der Großteil der Bowlinghalle jedoch erwies sich als enttäuschend dunkel. Eigentlich war nichts anders zu erwarten gewesen, doch als sie sich dem Gebäude genähert hatten, war es ihm schwergefallen, sich nicht so daran zu erinnern, wie er es von seinem letzten Besuch im Gedächtnis hatte. An dem Freitagabend, bevor alle gestorben waren, hatte Sean an einer Teambuildingveranstaltung des Designunternehmens teilgenommen, für das er gearbeitet hatte. Damals hatte der Ort vor Lärm, Licht und Menschen gestrotzt. Nun waren alle tot, mit denen er hier gewesen war ... Krieg dich ein , mahnte er sich, als er spürte, wie Beklommenheit in ihm aufzusteigen begann.
»Sieht so aus, als wäre hier niemand gewesen, als es passiert ist«, rief Webb von der anderen Seite der Bowlingbahnen herüber. »Außer dem einen Ding hier finde ich kein anderes.«
Sean trat vor, um mehr zu erkennen. Webb schleifte den Leichnam einer Putzfrau an den Haaren hinter sich her. Die bemitleidenswerte Frau schien kaum älter als zwanzig gewesen zu sein, als sie starb. Die hellblaue Schürze, das graue T-Shirt und die Jeans, die der Leichnam trug, waren mit Blutspritzern, Eiter und undefinierbaren anderen Flecken besudelt. Die Arme und Beine fuchtelten wild, als Webb die Kreatur über drei niedrige Stufen in Seans Richtung hinabstieß. Ein Klumpen der Kopfhaut löste sich, sodass eine Handvoll fettiger Haare in Webbs Fingern zurückblieb. Die Leiche versuchte, sich aufzurappeln, was Webb jedoch nicht zuließ.
»Tut mir leid, Schätzchen«, sagte er und schlang die Arme um die ausgemergelte Hüfte. »Deine Tage als Putzteufel sind vorüber.« Damit schwang er den Leichnam herum und schmetterte den Schädel gegen einen Betonpfeiler, an dem er zerplatzte. Was vom Gehirn noch übrig war, spritzte auf den Boden. Teilnahmslos ließ Webb die Kreatur fallen wie eine leere Bierdose und stapfte davon, um nach Lebensmitteln und Zerstreuung zu suchen.
Sean verharrte noch kurz und starrte in das aschfahle Gesicht des toten Mädchens hinab, das aus diesem Winkel und in der Mischung aus Zwielicht und Schatten überraschend unberührt von all dem wirkte, was geschehen war. Armes Ding , dachte er traurig. Es war nicht ihre Schuld gewesen. Sie verdiente das nicht. Er schaute über die Schulter zu dem Kadaver, der ihn vor wenigen Minuten angegriffen hatte, dann zurück zu dem Mädchen vor seinen Füßen. Mit dem Stiefel stupste er ihr Kinn an, kräftig genug, um den Kopf herumzurollen und die andere Seite des Gesichts zu offenbaren, eine blutige Masse fauliger, blasenübersäter Haut und verwestem Fleisch. Krieg dich in den Griff , schalt er sich, wütend darüber, dass er sich gestattet hatte, etwas für diesen grotesken, leeren Abklatsch eines menschlichen Wesens zu empfinden. Ich kann es mir nicht mehr leisten, so zu denken. Egal, wer oder was diese Dinger mal waren, jetzt sind sie nicht mehr menschlich.
Die folgenden Stunden verliefen unerwartet surreal. Sean verspürte weiter eine bizarre Mischung von Emotionen: Nervosität, Verzweiflung und Angst im einen Moment, Euphorie und
Weitere Kostenlose Bücher