Herbst - Zerfall
übermäßiges Kopfzerbrechen. Der Transporter würde sie auf dem Rückweg zum Hotel auslöschen.
Er erspähte durch die Scharen erneut Jas und beschloss, dass es an der Zeit sei. Woran die Verzögerung lag oder warum er Amirs Wagen noch nicht brennen sah, wusste er nicht. Was immer der Grund sein mochte, es schien keinen Sinn zu haben, noch länger zu warten.
Auf halbem Weg das Feld hinauf hielt Sean parallel zu Hartes loderndem Wrack an und hupte mehrmals. Unzählige Kadaver drehten sich jäh um und wankten auf ihn zu, begannen mit ihren verfaulenden Fäusten gegen die Fenster zu hämmern. Wichtiger jedoch war, dass auch der Laster in seine Richtung schwenkte.
Mittlerweile strotzte das Fahrzeug vor Blut und sonstigen Körperflüssigkeiten. Hautfetzen und Knochensplitter hatten sich in jeder Ritze der Metallkarosserie verfangen. Von den Scheinwerfern und vom Kühlergrill troffen Fleischbrocken.
Als der Transporter nah genug war, dass Sean darin Jas und Harte erkennen konnte, drehte er sich wie vereinbart herum und durchtränkte den Rücksitz mit Benzin. Der Transporter rollte auf seine Höhe, und Harte bedeutete ihm, sich zu beeilen. Sean öffnete das Schiebedach und hievte sich auf das Fahrzeug.
»Was soll das werden?«, rief Jas, der das Fenster heruntergekurbelt hatte.
»Verschwindet«, gab Sean zurück.
»Was?«
»Fahrt einfach. Ich komme nicht mit zurück.«
»Was soll das heißen? Jetzt mach schon!«
»Was glaubst du wohl, dass es heißen soll?«, brüllte Sean. »Ich hab dieses beschissene Hotel satt. Ich mach mich vom Acker.«
»Bist du bescheuert?«
»Mag sein«, antwortete Sean und zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer, wenn ihr Webb seht, dann sagt ihm, ich warte eine Stunde lang unten an der Straßenkreuzung, dann bin ich weg.«
»Wohin?«
»Zurück in den Ort.«
»Du bist ein verfluchter Trottel.«
Abermals zuckte Sean mit den Schultern. »Ich will einfach nicht zurück ins Hotel«, erklärte er. »Und jetzt verpisst euch, damit ich den Scheißwagen abfackeln kann.«
Bevor Jas etwas erwidern konnte, zündete Sean ein Streichholz an und ließ es durch das Schiebedach ins Auto fallen. Als die Dämpfe sich entzündeten, rutschte er die Motorhaube hinunter, stieß sich ab und preschte durch die Massen. Er geriet fast sofort außer Sicht, wurde von den überall auf dem Feld unablässig schwankenden Gestalten verschluckt.
Jas legte den Gang ein und fuhr los, raste so schnell wie möglich mit dem ramponierten Laster durch die wimmelnde Horde. Wenige Sekunden später explodierte die Ladung Benzin im Kofferraum des dunkelgrünen Fahrzeugs und verwandelte es schlagartig in eine tödliche Waffe.
»Willst du hinter ihm her?«, fragte Harte und verrenkte sich den Hals, um Sean in dem Chaos ausfindig zu machen.
»Scheiß auf ihn«, stieß Jas zornig hervor.
»Was also machen wir dann? Sollten wir nicht weiter nach Amir und Webb suchen?«
Wie bei der ersten Explosion erwies sich der plötzlich gen Himmel wallende Pilz aus Rauch und Flammen als größere Ablenkung als der Wagen. Die Toten drängten sich wie unzählige Rudel von Jagdhunden zu den Überresten von Seans Auto.
»Fünf Minuten«, sagte Jas. »Mehr können wir ihnen nicht geben.« Er zerbrach sich nicht den Kopf darüber, was Amir und Webb passiert sein mochte, er wollte bloß wissen, warum sie ihre Aufgabe nicht erfüllt hatten. Nutzlose Idioten . Er verfluchte sich dafür, die beiden zusammen losgeschickt zu haben.
50
»Scheiße!«, fluchte Reece, als der zweite Wagen in der Ferne explodierte. Hollis hörte zwar nichts, sprang jedoch auf, als er die Reaktion des anderen Mannes sah. Er spürte Ärger im Verzug und rannte hinaus, ließ die anderen wie benommen auf dem Mittelhof des Hotels stehen. Im Laufschritt nahm er die Stufen hinaus auf den Parkplatz, wo sich über der hohen Hecke eine dunkle, himmelwärts wallende Rauchwolke abzeichnete. Ein Stück links – ein paar hundert Meter, schätze Hollis – kräuselte sich nach wie vor der schmutzige Qualm der ersten Explosion empor.
Auf dem Hof setzte sich Caron an den Rand des wuchernden Rasens und schenkte sich ein großzügiges Glas Wein ein.
»Idioten«, murmelte Priest nervös. »Was glauben die überhaupt, was sie da machen?«
»Sie helfen«, meinte Lorna.
»Helfen? Wie um alles in der Welt soll uns das helfen?«
»Zumindest tun sie etwas«, warf Gordon von der gegenüberliegenden Seite des Hofs ein.
»In unserem Fall ist Nichtstun besser, als etwas zu unternehmen«,
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