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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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dennoch hierherzuschaffen.« Er sah sich um. »Alles hier gehört dem Tod. Selbst die Erde, auf der wir laufen.«
    »Was soll das heißen?«, fragte sie skeptisch mit einem Blick auf die feuchte Erde zu ihren Füßen.
    »Asche zu Asche, Staub zu Staub. Der Mensch wird letztlich wieder zu Erde. Da gewinnt die Unsterblichkeit doch gleich noch mehr an Reiz. Aber weiter jetzt, noch sind wir nicht in Sicherheit.«
    Der krumme Gang mündete in einer Holztür. Sie war verrottet und hing schief in den Angeln, ließ sich jedoch nicht öffnen.
    Ambrose warf sich mit ganzer Kraft dagegen. Emily prallte erschrocken zurück, die Tür flog dafür mit einem befriedigenden Krachen auf. Schnell zog Ambrose sie in die lichtlose Schwärze dahinter. »Dieser Geheimgang führt in eines der Mausoleen der Egyptian Avenue mitten auf dem Friedhof.« Er zog die uralte Tür hinter ihnen ins Schloss.
    »Unter anderen Umständen ist die Egyptian Avenue wirklich sehenswert«, erklärte er, als er sie durch enge, gewundene Gänge führte. Links und rechts waren Särge aufgereiht, manche verrottet und mit bräunlichem Moos überzogen, andere trotzten der Ewigkeit mit massivem Eisen. »Sie ist eine der schönsten Orte hier in Highgate .« Er drehte sich zu ihr um. »Als ich noch sterben konnte, wollte ich immer hier begraben werden.« Ein Schatten huschte über sein Gesicht. »Jetzt wäre ich froh, überhaupt sterben zu können.«
    Der Gang mündete in einen niedrigen Raum, in dem ein einzelner schlichter Steinsarg stand. Auf ihm lagen die kümmerlichen Reste vertrockneter Blumen. »Hier muss ich immer an Bram Stoker denken«, meinte er gedankenverloren. »Diese eine Szene aus Dracula : ›Die Gruft hatte schon bei Tag und im frischen Blumenschmuck düster und grausig genug ausgesehen. Aber jetzt, einige Tage später, da die Spinnen und Käfer ihr angestammtes Domizil wieder in Besitz genommen hatten, wo zeitverfärbter Stein, staubverkrusteter Mörtel und das rostige, feuchte Eisen, das angelaufene Messing und Silber den kümmerlichen Kerzenschein reflektierten, sah alles jämmerlicher aus, als man sich vorstellen kann.‹ 4 «
    Emily blickte ihn an. Zu gern hätte sie sich der Schönheit Highgates und Stokers Worten hingegeben. »Sind wir in Sicherheit?«
    »Noch nicht.« Ambrose machte sich an einer schweren Eisentür zu schaffen, die die Gruft vor ungebetenen Besuchern schützte. Oder, wie Emily fröstelnd dachte, die Außenwelt vor dem, was hier begraben lag. Endlich schwang die Tür auf. Sofort drang kühle und herrlich frische Nachtluft in die Gruft. Emily beeilte sich, rauszukommen, wurde an der Türschwelle aber von Ambrose zurückgehalten. »Sei vorsichtig«, wisperte er. »Wir wissen nicht, ob wir allein sind. Es gefällt mir nicht, dass die alte Holztür unter der Erde verschlossen war. Wir wissen nicht, wer diesen Weg sonst noch genommen hat.«
    Zaghaft und weiterhin auf der Hut schlich sie aus der Gruft und ließ sich an ihrer Außenmauer nieder. Wie spät mochte es sein? Mitternacht oder kurz vor der Dämmerung? Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange sie durch die Tunnel gehetzt waren. Es schien, als würde die Zeit immer langsamer verrinnen, um irgendwann für immer stehen zu bleiben.
    Entsprach das nicht der Wahrheit? Gekleidet in ewigen Herbst, verflucht mit ewigem Leben …
    Die frische Luft tat gut. Sie stellte sich vor, nicht gejagt zu werden, malte sich aus, wie es wäre, diesen Ort in Ruhe und Frieden zu besuchen, diese Wege mit Jake zu durchwandern …
    Der Schreck über ihre eigenen Gedanken holte sie mit einem grausamen Schlag wieder in die dunkle Wirklichkeit zurück. Es war lange her, dass sie an Jake gedacht hatte. Sie vermisste ihn. Ob es ihm gut ging?
    »Kommst du? Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen.«
    »Meinst du, die Sirenen können uns hierher folgen?«
    »Um die müssen wir uns die wenigsten Sorgen machen. Es sind die Erzengel, die du fürchten solltest. Sie und Elias, wie es aussieht.«
    »Diese Erzengel …«, begann sie zaghaft. Sie wusste zu wenig darüber, um sich eine Meinung über die Gerüchte zu bilden, und zu viel, um es einfach zu vergessen. »Sind das wirklich richtige Engel?«
    »Wenn ich das wüsste. Ich kann es nicht ausschließen, und das allein versetzt mich in Angst und Schrecken. Niemand weiß, woher sie stammen oder wann sie auf diese Welt kamen – weil niemand schon derart lange lebt wie sie. Vielleicht ist es ein Ammenmärchen, vielleicht ist es die Wahrheit. So oder so

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