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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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horchte in die Stille. Nichts. Oder doch? In diesen verdammten Tunneln konnte man nie sicher sein. Überall raschelte, tropfte und knarrte es. Als würden sich von allen Seiten unsichtbare Geister an sie heranschleichen.
    Sie lief weiter, immer weiter hinein in die Ungewissheit. Verzweiflung machte sich in ihr breit, doch sie kämpfte sich entschlossen weiter. Sie würde nicht aufgeben. Nicht jetzt, da sie …
    Schritte. Sie hörte Schritte!
    Sie presste sich an die Wand und wartete. Was sollte sie auch tun? Zurückrennen? Sie hatte es so satt, davonzulaufen, war es leid, ein Problem hinter sich zurückzulassen, um dem nächsten in die Arme zu laufen. Würde ihr Leben fortan so aussehen?
    »Emily!«
    Ambrose tauchte hinter einer Biegung auf, blickte gehetzt in die Dunkelheit hinter sich. Einen Moment lang starrte Emily ihn nur an, erleichtert und erstaunt darüber, dass er noch lebte. Dann wich sie von ihm zurück. Sie konnte niemandem mehr trauen. Und den Vertrauten von Elias am allerwenigsten. Vielleicht gab es gute Gründe, dass er noch am Leben war.
    »Bleib weg von mir«, sagte sie bestimmt. Ihre Stimme zitterte leicht. Sie machte noch einen Schritt rückwärts, bis sie die schleimige Tunnelwand im Rücken spürte.
    »Wo ist Elias? Wo … wo sind Rufus und Willie?«
    »Er hat sie geopfert!«, schluchzte sie. »Diese Viecher haben sie zerrissen wie Papier!«
    Etwas polterte in den Gängen hinter Ambrose. Sein Kopf schnellte herum, seine Augen forschten suchend im Dunkel. »Etwas ist hinter mir her, uns bleibt nicht viel Zeit. Du bist wieder zurückgerannt, Emily. Der Rückweg ist versperrt, und wir werden nicht mehr lange allein sein. Uns bleibt nur die Flucht nach vorn.«
    »Uns? Wieso sollte ich dir trauen? Der Letzte, dem ich vertraut habe, hat gerade zwei seiner Gefährten sterben lassen, ohne mit der Wimper zu zucken.« Ihre Stimme wurde zu einem Kreischen. »Was ist er? Was bist du?«
    »Ich bin ein Untoter ohne Hoffnung auf Erlösung«, sagte Ambrose mit leerem Blick. Schmerz legte sich auf seine Züge. »Ich habe Willie und Rufus geliebt wie Brüder. Doch wir wussten, worauf wir uns einließen. Der Preis war hoch, aber die Aussicht auf ein Leben als Vampir ließ uns jeden noch so lächerlichen Einsatz bedenkenlos auf den Tisch legen. Was hatten wir schon zu verlieren?«
    »Aber Elias hatte nie vor, euch zu Vampiren zu machen, richtig? Er wollte euch nur für seine Pläne benutzen.«
    Ambrose schielte wieder in den Gang hinter sich. »Wir sollten wirklich nicht verweilen«, mahnte er eindringlich. Waren bereits Schritte zu hören? Zwischen dem Rascheln der Ratten, dem Rauschen des Wassers und dem hallenden Echo der Oberwelt klangen alle Geräusche bedrohlich.
    Emily riss sich zusammen und blickte ihn durchdringend an. »Antworte mir!«, sagte sie kalt.
    »Ich weiß nicht einmal, ob er wirklich Elias heißt«, entgegnete Ambrose hilflos, und mit einem Mal tat Emily der verzweifelte Untote leid. Es musste furchtbar sein, alle Hoffnung auf ein besseres Leben zerplatzen zu sehen wie eine Seifenblase. »Ich weiß gar nichts mehr – nur, dass wir beide nicht auch noch hier unten draufgehen dürfen.«
    Ein schriller Schrei gellte durch die Schwärze.
    »Los!«, schrie Ambrose, packte sie an der Hand und zog sie durch die Tunnel davon.
    Sie wurden verfolgt. Emily wusste nicht, von wem oder von was; die bloße Tatsache reichte jedoch, um sie anzutreiben. Sie redeten nicht, blieben nicht stehen und blickten vor allem nicht zurück. Ambrose hatte einen Ausgang in der Nähe erwähnt, einen Geheimgang, der direkt auf den Highgate Cemetery führte. Seine alte Heimat sozusagen.
    Emily hätte am liebsten vor Erleichterung geweint, als sie die Leiter in die Freiheit erreichten.
    »Wir haben es gleich geschafft«, meinte Ambrose ermutigend, als sie sie erklommen hatten.
    Ein steil ansteigender, enger Gang empfing sie.
    So schnell sie konnte, kroch Emily durch den niedrigen Tunnel. Die Wände waren aus Erde, von allen Seiten ragten Wurzeln durch das Erdreich zu ihnen hinein. Wurzeln – und Knochen.
    Emily prallte zurück. Vor ihr lugten Teile einer Wirbelsäule aus der Wand. Daneben kam ein Oberschenkelknochen zum Vorschein.
    » Highgate war ein sehr gefragter Friedhof«, erklärte Ambrose beiläufig, ohne von den menschlichen Überresten Notiz zu nehmen. »Aber wie alle anderen Friedhöfe der Stadt war auch Highgate irgendwann hoffnungslos überfüllt. Was die Menschen natürlich nicht daran gehindert hat, ihre Toten

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