Herbstfraß
schon den Nolte überprüft?“
Neugierig sieht er mich an und setzt sich auf die Schreibtischkante. Ich komme nicht zum Antworten, denn Louisa steckt ihren Kopf durch die Tür.
„Alles klar?“, fragt sie. „Oder muss ich dringend ein zweites Mal für rosa Flamingos?“
„Nein, alles klar.“ Bo gibt Entwarnung, sieht mich aber gleich darauf unsicher an.
„Ist es doch, oder?“, erkundigt er sich leiser.
„Ja, ist es.“ Ich gebe mich gnädig. Louisa sieht erleichtert aus, Bo auch.
„Oma Jansen hat Zitronenkekse gebacken und will wissen, ob ihr einkaufen fahrt.“
Also hat sie sich tatsächlich bei Oma Jansen verkrochen.
„Um den Einkauf kümmern wir uns später. Robin, du wolltest mich über Nolte informieren.“
„Da gibt es nichts zu informieren. Der Typ ist sauber. Ich konnte keine Leichen in seinem Keller finden. Als Aschendorffs Teilhaber ist er nicht groß aufgefallen. Lediglich mit seiner ersten Ehe scheint er Pech gehabt zu haben.“
„Er war bereits einmal verheiratet?“
„Ja, mit einer Ingeborg Lüders. Die Ehe endete nach knapp einem Jahr mit einer Härtefallscheidung und sie hat danach ihren Mädchennamen angenommen. Das hat allerdings nichts mit Ingos Verschwinden zu tun.“
„Hm“, sagt Bo skeptisch. „Und was wäre, wenn die Sahneschnitte namens Ingo eine weitere Freundin neben dieser Sabine hat und die eine härtere Gangart mag? Vielleicht hat er sich deshalb den Sexshop vermerkt.“
„Donnerwetter! Der Bengel ist siebzehn, geht zur Schule, hockt Stunden vor dem Computer und jobbt nebenbei bei seinem Stiefvater. Wie viel Extremsex hattest du mit siebzehn zwischen all deinen sonstigen Aktivitäten?“, frage ich entgeistert.
Bo grinst vielsagend. Louisa lacht und ich sinke verzweifelt an meinem Schreibtisch zusammen.
„Okay, du bist ein schlechtes Beispiel. Ich jedenfalls habe in dem Alter für meinen Schulabschluss pauken müssen und durfte mir die Beine in einem Fußballverein zertreten lassen. Für mehr als eine Beziehung hätte ich überhaupt keine Zeit gehabt.“
„Hattest du damals überhaupt einen festen Freund?“, erkundigt sich Bo.
„Natürlich. Ich habe ihn heute noch.“ Ich winke bezeichnend mit der Hand. „An meiner Schule kam es überhaupt nicht komisch, wenn sich zwei Buben küssten und erst recht nicht, wenn man sie mit heruntergelassenen Hosen fand. Mit meiner Homosexualität fühlte ich mich wie Robinson auf einer Insel. Leider hat sich Freitag nie blicken lassen.“
„Solltest du Nachholbedarf haben, stehe ich dir gerne zur Verfügung.“ Völlig selbstlos bietet sich Bo mir an.
„Berliner?“, fragt Louisa belustigt. Ich lehne ab.
„Nein, keine Berliner. Ich bin schließlich stinkig drauf.“
Empört springt Bo von meinem Schreibtisch.
„Du hast gesagt, es wäre wieder alles in Ordnung.“
„Ist es auch. Andererseits solltest du nicht glauben, ich tu so, als wäre nichts gewesen. Denkst du, ich finde es prima, wenn du mir mit Trennung drohst und die Nacht auf dem Sofa pennst? Zieh dich lieber an und fahr zu Streng und Züchtig . Du kannst mich hinterher an der Schule abholen und anschließend kaufen wir für Oma Jansen ein.“
Ein ziemlich geknickter Mann geht unsere Jacken, den Autoschlüssel und eine Einkaufsliste von der Oma holen.
„Wie kommst du mit deinem Fall voran?“, frage ich Louisa.
„Ganz gut. Der miese Ehemann hat sich gestern in einem Café mit einer Frau getroffen und ich konnte einen Platz am Nebentisch ergattern. Sie haben sich für das Wochenende verabredet. Ich hoffe, dann ein entscheidendes Foto schießen zu können. Im Augenblick sieht es wirklich so aus, als würde er seine Frau betrügen.“
Ich überlege kurz.
„Okay, solltest du Spaß an solchen Dingen haben und dieser Fall ordentlich abgeschlossen werden, kannst du ab und an solche Kunden übernehmen. Aber“, füge ich hinzu, als Louisa schon zum Jubeln ansetzt, „… aber ich werde persönlich diese Fälle aussuchen und sie werden nicht atemberaubend sein. Ich will nicht, dass dir etwas passiert, Isa. Ist das klar?“
Sie nickt eifrig. „Sonnenklar.“
„Für jeden abgeschlossenen Fall gibt es eine Provision.“
„Oh! Robin, du bist der beste Chef dieser Welt.“ Sie fällt mir um den Hals.
„Ich weiß, Schätzchen, ich weiß. Danke übrigens für den Blumentopf. Er hebt die Stimmung.“
„Sag mal, bist du bi oder warum hast du ständig eine Frau in den Armen?“
Louisa wird feuerwehrrot und lässt mich sofort los. Bo lacht und reicht
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