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Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch
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er angibt, sondern das seiner Eltern. Ich lasse mich nicht von dem schönen Schein blenden und das weiß Ingo ganz genau. Daher versucht er diese Masche bei mir gar nicht erst. Er benimmt sich zwar manchmal wie ein richtiger Arsch, aber wir sind schon zusammen durch die Sandkiste gekrabbelt. Außerdem waren unsere Mütter befreundet, jedenfalls bis Frau Nolte-Aschendorff zum zweiten Mal geheiratet hat.“
    „Wie ist denn Ingos Verhältnis zu seinem Stiefvater?“
    Stefan kratzt sich an einem Pickel. Der ist riesig und eitrig. Ich hoffe inständig, dass das Ding nicht gleich aufplatzt.
    „Ich bin mir nicht sicher. Zuerst sind sich die beiden aus dem Weg gegangen. Ingo hat ihn einmal einen Schmarotzer genannt. Sein Vater war nicht einmal richtig kalt, da hat sich Herr Nolte bereits an Ingos Mutter herangemacht. Gerade in letzter Zeit reiben sie sich wieder so richtig aneinander.“
    „Seit etwa ein paar Wochen?“ Das vermute ich ins Blaue hinein.
    „Ja, könnte hinkommen. Zumindest holt Herr Nolte Ingo seither öfters von der Schule ab.“
    „Ach?“ Das sind ja mal aufschlussreiche Nachrichten.
    „Brauchen Sie weitere Infos? Ich müsste nämlich zum Biologieunterricht.“
    „Weißt du, wohin Herr Nolte mit Ingo nach der Schule fährt?“
    „Zu dem Alten ins Büro. Ingo legt da eine Art Praktikum ab, obwohl er das gar nicht will. Mit Händen und Füßen hat er sich dagegen gewehrt. Allerdings hat es sich Herr Nolte in den Kopf gesetzt, dass Ingo eines Tages das Büro übernehmen soll. Letzten Freitag hat er ihn übrigens auch abgeholt.“
    Das ist mir neu. Sollte Nolte der Letzte gewesen sein, der Ingo gesehen hat?
    „Später habe ich dann von Ingo eine SMS bekommen, in der er sich über seinen Stiefvater beschwerte. So ging das immer. Mal kamen sie miteinander klar und im nächsten Moment gab es richtig Stimmung. Ich habe das längst nicht mehr ernst genommen.“ Stefan sieht mich nervös an. Die Pause ist seit einer ganzen Weile vorbei und er hätte längst in seiner Klasse sitzen müssen.
    „Herr Berger, glauben Sie, dass Ingo etwas zugestoßen ist?“, fragt er.
    „Genau das möchte ich herausfinden. Eine letzte Frage, Stefan, bevor du dich mit Bio herumärgern darfst. Hat Ingo Interesse an S/M gezeigt oder hat er mal mit dir über einen Laden namens Streng und Züchtig gesprochen?“
    Stefan starrt mich mit großen Augen an.
    „Okay. War bloß eine Frage.“ Ich gebe ihm eine Visitenkarte. „Danke für die Auskünfte. Sollte dir mehr zu Ingo oder letzten Freitag einfallen, ruf mich an, ja?“
    Stefan nickt, steckt die Karte in seine Jackentasche und eilt zum Unterricht.
     
     
    15:13 Uhr
    Bo holt mich mit dem Wolf von dem Heisenberg-Gymnasium ab. Geschlagene eineinhalb Stunden habe ich auf ihn warten müssen. In der Zwischenzeit bin ich fünfmal um den Block gelaufen und habe gehofft, dass niemand die Polizei anruft, weil er mich für einen Kinderschänder hält, der vor der Schule auf ein Opfer lauert. Für die meistens Schüler war bereits Feierabend und ich musste aufpassen, um nicht von Horden von Teenies umgerannt zu werden.
    „Und?“, fragen wir beide gleichzeitig und müssen lachen.
    „Du zuerst, Tweety.“
    „Niemand hat den Jungen gesehen. Ein so braves Gesicht wäre dem Typen in dem Laden garantiert aufgefallen. Wusstest du, dass die da Käfige verkaufen?“
    „Nein.“
    „Mit dem Zeug könntest du ein komplettes Horrorkabinett ausstatten. Was hat das eigentlich mit Sex zu tun? Würde dir einer abgehen, wenn ich mit einer Peitsche auf dich einprügele?“
    Ich sehe ihn von der Seite her an. Bo hat sich richtig in Rage geredet. Sogar sein Gesicht ist ganz rot geworden. Er ist eindeutig kein S/M-Fan.
    „Nein, ich kuschel lieber mit dir. Wenn andere Spaß an S/M haben, dann sollen sie“, antworte ich ruhig, gerade weil er sich so übertrieben aufregt. Im Stillen beschließe ich, so schnell wie möglich in Bos Leben herumzustochern. Natürlich, ohne dass mein Tweety etwas merkt. Sonst schlafe ich erneut alleine. Und das wäre mein persönliches Horrorkabinett.
    „Und was sagt dein Stefan?“
    Ich schrecke aus meinen Gedanken auf und benötige einen Moment, um zu registrieren, was mich Bo gerade gefragt hat.
    „Der sagt allerhand. Wir sollten erneut mit dem Nolte sprechen. Ich habe bereits bei ihm zu Hause angerufen und seine Frau sagte, dass er noch arbeitet. Also machen wir am besten gleich einen Abstecher in sein Büro, bevor wir für Oma Jansen einkaufen fahren.“
    „Ha!“
    Bos

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