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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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und deine Familie haben mit den
Sökos nichts zu tun. Jemand könnte den Selbstzerstörungstrip deines
Schwiegersohns als Gelegenheit gesehen haben, das Versicherungsgeschäft auf
eine makabre Art und Weise anzukurbeln.«
    »Aber das ist doch ausgeschlossen! An Sorge führt kein Weg vorbei.
Er ist ein fast unmenschlich korrekter und penibler Bürohengst. Er würde jede
Auffälligkeit – egal, ob positiv oder negativ für die Gesellschaft – sofort
registrieren. Überall in der Firma hat er Spione sitzen.«
    Jacobi nickte. »Okay. Dann bin ich jetzt
an der Reihe, zu fragen, welchen Schluss du daraus
ziehst.«
    Vogt sah ihn unergründlich an. »Du meinst, Sorge oder Nilson könnte
der Alpha-Führer sein?«
    Jacobi legte die Fingerspitzen aneinander. »Wenn wir den alten Theo
Basidius einmal außen vor lassen, dann bieten sich nur die beiden an, ja. Sie
sitzen an den Schalthebeln, und das eingesparte Geld kommt ausschließlich der
Gesellschaft zugute. Ein kleiner Buchhalter der AIC ,
der sein eigenes Süppchen kocht, kommt als Strippenzieher jedenfalls kaum in
Frage. Sorge wäre ihm längst auf die Schliche gekommen. Abgesehen davon passt
ein Underdog nicht ins Täterprofil. Oder siehst du das anders?«
    »Nein. Die eingesparten Summen kämen, wie du richtig gesagt hast,
ausschließlich der Gesellschaft zugute, und den Bilanzen wäre es im Nachhinein
nicht anzusehen, wie sie ohne die Sökos-Morde ausgeschaut hätten.«
    Jacobi wiegte zweifelnd den Kopf. »Das unterschreibe ich dir so
nicht. Und zwar aus demselben Grund, aus dem Theo Basidius als möglicher
Alpha-Mann für mich nicht in Frage kommt. Er war vermutlich der Erste, dem die
überproportional häufigen Todesfälle von AIC -Kunden
aufgefallen sind und der darin etwas anderes gesehen hat als eine glückliche
Fügung für die Gesellschaft. Sagen wir’s einfacher: Er hat den Sökos-Aufbau
entdeckt – irgendwann in den letzten Wochen oder Monaten. Und als er den
schrecklichen Verdacht nicht mehr ignorieren konnte, hat er mit seinem Sohn
Paul darüber gesprochen, dem wiederum die Recherchen von Schremmer einfielen.
Er gab den heißen Tipp an ihn, nicht aber an die Polizei weiter. Ein Verhalten,
das ich, ehrlich gesagt, noch immer nicht nachvollziehen kann.«
    »Weil du nicht weißt, dass Basidius morgen in den Ruhestand tritt«,
sagte Vogt. »Damit ist er aus der Schusslinie. Paul wird das zur Bedingung
gemacht haben: Schremmer darf erst dann medial losschlagen, wenn Pauls Vater
seinen Schreibtisch geräumt hat.«
    Jacobi deutete mit seinem Whisky einen Toast an. »Das wird es sein.
Basidius wollte seinen Vater – nicht zuletzt im eigenen Interesse – aus dem zu
erwartenden Kesseltreiben raushalten.«
    »Und ihn intern vor der Brandmarkung als Verräter bewahren«,
ergänzte Vogt.
    »Sollte ihm jetzt plötzlich was passieren, dann weiß ich wenigstens,
an wen ich mich zu halten habe«, sagte Jacobi kalt.
    Etwas wie Ärger glitt über Vogts Gesicht. »Warum du auch mich
verdächtigst, ist mir allerdings ein Rätsel. Okay, ich war bei der SS , und wegen dieser Entdeckung bist du gekränkt,
fühlst dich von mir jahrelang hintergangen und traust mir nun alles zu.
Trotzdem passe ich genauso wenig ins Täterprofil wie der virtuelle kleine
Buchhalter. Die Paradigmen stimmen einfach nicht.«
    »Meiner Meinung nach passt du sehr wohl ins Profil«, widersprach
Jacobi. »Ich sage nur Phryne. Für deine Enkelin würdest du alles tun, Bernd.
Und seit heute Mittag weiß ich, dass es der AIC lang nicht mehr so gut geht wie noch vor Jahren.«
    »Jetzt redest du wenigstens Klartext: Du verdächtigst alle, die am
Firmenerhalt ein vitales Interesse haben.«
    Jacobi zog eine Klarsichtfolie aus der Innentasche seiner
Lederjacke, entnahm ihr fünf Fotoabzüge und legte sie wie Spielkarten vor Vogt
auf den Tisch.
    »So ist es. Julius Rottenstein, Lysander Sorge, Siegfried Nilson,
deine Enkelin Phryne oder du – einer von euch fünf ist verrückt. Vielleicht
sogar mehr als nur einer.«
    »Ich fürchte eher, du tickst nicht mehr
richtig. Glaubst du im Ernst, ich hätte Sarah Feldbach am Reedsee gerettet,
wenn ich selbst zu den Sökos gehören würde?«
    »Ich wusste, du würdest damit kommen. Natürlich spricht die Rettung
für dich, keine Frage, aber du weißt auch – nicht zuletzt durch mich, der dich
immer brav informiert hat –, dass bei den Sökos in letzter Zeit einiges aus dem
Ruder läuft. Anders sind die Anschläge auf Schremmer, Grabowsky und mich kaum
zu erklären. Und

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