Herbstmagie - Roberts, N: Herbstmagie - Savor the Moment (Bride Quartet 3)
»Hab nur was zu erledigen. Nur eine Kleinigkeit.«
»Na, dann geh mal lieber. Das ist eine neue Bluse, oder?«
»Nein. Ja. Eigentlich schon.« Sie hasste dieses schlechte Gewissen, das ihr heiß den Nacken hinaufkroch. »Was bringt es, neue Sachen zu kaufen, wenn man sie nicht trägt?«
»Überhaupt nichts«, erwiderte Mrs Grady gelassen. »Also, ab mit dir, und viel Spaß.«
»Den werde ich nicht … na, egal. Bin bald wieder da.« Sie ging ums Haus herum zu ihrem Wagen. Eine Stunde, maximal, dann würde sie …
»Hallo. Fährst du weg?«
»Oh, um Himmels willen. Es war, als hätte man hier eine ganze Horde Eltern. Sie brachte ein Lächeln für Carter zustande. »Ja. Muss kurz was erledigen. Bin gleich zurück.«
»Okay. Ich wollte nur einen Kochtopf von Mrs G. schnorren. Wir tauen später irgendwas zu essen auf, falls du Interesse hast.«
»Danke, aber ich hab eben einen Salat gegessen. Guten Appetit.«
»Danke. Du siehst hübsch aus.«
»Na und?« Sie schüttelte den Kopf. »Entschuldige. Ich war in Gedanken. Muss los.« Sie sprang ins Auto, bevor ihr noch jemand über den Weg lief.
Als sie davonflitzte, fiel ihr ein, dass sie vielleicht besser tagsüber zu Del gefahren wäre, wenn er nicht da war. Sie wusste, wo er den Ersatzschlüssel versteckt hatte, und sie kannte den Code seiner Alarmanlage. Nur, dass er den vermutlich regelmäßig veränderte, wie es am sichersten war. Trotzdem hätte sie es riskieren können. Dann wäre sie einfach ins Haus marschiert und hätte ihre Schuhe gefunden. Und dann ihm einen Zettel geschrieben, dachte sie. Das wäre echt clever gewesen.
Zu spät. Aber vielleicht war er ja nicht zu Hause. Er traf sich ständig mit Leuten - mit Freunden, Kunden, Frauen. Um halb acht an einem schönen Sommerabend? Ja, wahrscheinlich hatte er ein heißes Date - Aperitif, Abendessen, Ausschweifungen. Sie konnte reingehen, die Schuhe suchen und ihm eine witzige Nachricht hinterlassen.
Lieber Schuh-Entführer, wir sind entkommen und haben das FBI informiert. Ein Sondereinsatzkommando ist unterwegs. Die Pradas.
Darüber würde er lachen. Er verlor nicht gern - wer tat das schon? -, doch er würde darüber lachen. Und damit wäre der Fall erledigt.
Solange sie nicht den Alarm auslöste und Del am Ende als ihren Prozessbevollmächtigten herbeirufen musste. Positiv denken, ermahnte sie sich und freundete sich auf der Fahrt immer mehr mit dem neuen Plan an.
Der jedoch vor ihrem geistigen Auge wie ein missratenes Soufflé in sich zusammenfiel, als sie Dels Wagen in der Einfahrt entdeckte.
Na schön, dann eben zurück zu Plan A.
Del besaß ein tolles Haus, das sie schon immer bewundert hatte, seit er es hatte bauen lassen. Wahrscheinlich war es zu groß für eine Person, doch für sein Platzbedürfnis hatte sie Verständnis. Sie wusste, dass Jack das Haus nach genauen Anweisungen Dels entworfen hatte. Nicht zu traditionell, aber auch nicht zu modern, viel Licht, viel Platz. Die Mauern aus Naturstein und das dreigiebelige Dach strahlten lässige Eleganz aus, die zum Bewohner des Hauses passten.
Und sie musste zugeben, dass sie versuchte, Zeit zu schinden.
Sie stieg aus, marschierte schnurstracks zur Haustür und klingelte.
Sie trat von einem Fuß auf den anderen und klopfte sich mit der Hand aufs Knie. Die Nerven. Mein Gott, sie war nervös, weil sie gleich einem Mann begegnen würde, den sie schon ihr Leben lang kannte. Mit dem sie schon gekämpft und gespielt hatte. Sie waren sogar schon ein paarmal verheiratet
gewesen - wenn Parker ihn überredet oder bestochen hatte, beim Heiratenspielen die Rolle des Bräutigams zu übernehmen, als sie noch Kinder waren. Und jetzt sank ihr das Herz in die Hosen.
Sie war eine Memme. Und sie hasste es, eine Memme zu sein.
Sie drückte erneut auf die Klingel, noch energischer.
»Entschuldige, du warst so schnell, und ich hab gerade …« Del, das Hemd offen über der Brust, auf der ein paar Wassertropfen glitzerten, das Haar dunkel vor Feuchtigkeit, brach ab und legte den Kopf schräg. »Und du bist nicht der Lieferant vom China Palace.«
»Nein. Ich bin hier wegen … Das China Palace liefert doch gar nicht bis hier draußen.«
»O doch, wenn man den Sohn der Besitzer verteidigt hat, als er wegen Drogenbesitz angeklagt war, und man ihn in einem Hilfsprogramm untergebracht hat statt im Knast.« Lächelnd hakte Del einen Daumen in die Tasche der Jeans, deren Reißverschluss er hochgezogen, die er jedoch noch nicht zugeknöpft hatte.
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