Herbstmilch
recht wild, und alle schauen auf ihn. Auf einer Bank liegt ein Bursch, das ist der Blasebalg. Sein eines Bein ist mit einem Strick, der über einen Ring zum Balken der Decke führt, hochgezogen und wird so nach Art eines Blasebalges auf und ab geführt. Der Schmied macht seine Sprüche, der Hengst ist unruhig, der Knecht hat alle Mühe mit ihm, und alles paßt auf, was dem Hengst geschehen wird. Wenn nun das eine Bein des Blasebalgs grad oben an der Decke ist, gießt ihm einer mit einer Kanne Wasser ins Hosenbein, dem Hengst aber passiert nichts.
So gegen Mitternacht geht alles nach Hause, die Mägde wischen noch die Stube auf, bald ist alles dunkel, und das Haus liegt in tiefem Schlaf. Am nächsten Tag ist dann bei einem anderen Bauern Dreschtag.
Das Durcheinander beim Aufbruch hat sich ein Bursch einmal zunutze gemacht. Der hatte sich schon am Nachmittag mit der Mitterdirn abgesprochen. Er huschte über die Stiege in die Mägdekammer und legte sich unter das Bett der Dirn. Es hatten schon manche Burschen versucht, in die Weiberleutkammer einzudringen, das war aber unmöglich, ein scharfer Hund lief nachts frei im Hof, die Fenster hatten gekreuzte Eisenstangen und die Bäuerin ein wachsames Auge auf ihre Mägde. Der Bursch nun wartete ab, bis die drei Mägde zu Bett gegangen waren, und während sie noch die letzten Worte miteinander sprachen, kroch er schon unterm Bett heraus, und im Nu waren die beiden anderen Mägde eingeschlafen. Da waren die zwei nun doch beisammen und freuten sich. Gegen Morgen war der Hund ruhig, und die Dirn geleitete den Burschen durchs kleine Hoftürl hinaus. Das wäre nie aufgekommen, aber in seiner Freude, daß er diese Bäuerin überlistet hat, erzählte er alles einem Freund, und der Sack war offen. Die Bäuerin, seine Firmpatin, hat ihm dann eine ordentliche Predigt gehalten.
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Wie der Onkel Albert das Anwesen hier gekauft hat, im Jahr 1912 , da war es nur halb so groß – 33 Tagwerk, das war ein Tag Dreschen. Wie es damals soweit war, ließen ihn die Besitzer der Dreschgarnitur nicht dreschen, denn er war ein Neuzugezogener, ein Nichts, ein Arbeiter, den die Bauern nicht achteten. Da kam ihm ein Zufall zu Hilfe. Bei einem großen Bauern, der drei Tage zu dreschen hatte, brachte der Hausbrunnen kein Wasser mehr. Nun war der Onkel Albert ein guter Brunnenmacher, der neue Brunnen gegraben und alte hergerichtet hat. So hat alsbald eine Hand die andere gewaschen, und von nun an hat man ihm die Dreschmaschine hergefahren. Mit diesem Bauern, einem recht ehrlichen Mann, war er dann ein Leben lang befreundet. Im Winter ging er zum Kartenspielen hin, und einem Trunk Apfelmost war er nicht abgeneigt. Doch ein ganz Hiesiger konnte er nie werden, dazu fehlte ihm die weitverzweigte bäuerliche Verwandtschaft. Das hatten auch wir zu spüren, der ausgesprungene Pfarrer konnte nie ihresgleichen werden, und wohl kaum hätte damals eine Bauerstochter den Albert heiraten können, da hat die Liebe aufgehört. Der Spitzname blieb ihm in der nun verstorbenen Generation, und auch die Jungen haben davon gehört und sind überzeugt, daß mein Mann auf Pfarrer studiert hat, wegen der drei Jahre Gymnasium. Als jungen Menschen hat ihn das schwer bedrückt wegen des beißenden Spotts, und er hat oft gesagt, er kann verstehen, wenn dadurch ein junger Mensch ins Abseits gedrängt wird. Auf dem größten Hof, nahe bei dem Bauern, wo der Albert in Dienst war, war ein junger Bursch, den gewann er zum Freund. Da sagte die Altbäuerin zu dem Burschen, wenn du mit dem Albert umgehst, dann geht es dir wie dem, der kommt alleweil ins Zuchthaus. Es wäre kein Wunder gewesen, wenn einer nur herumgestoßen wird. Dabei konnte ihm niemand etwas Schlechtes nachsagen.
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Es kam das Jahr 1939 , und manche Leute redeten vom Krieg. An einem Sonntag fragte mich Albert, ob ich seine Frau werden will. Ich konnte es anfangs gar nicht recht glauben. Dann hielt er bei meinem Vater um mich an. Da war es nun nicht mehr so leicht für den Vater, denn mit mir verlor er eine Arbeitskraft, und meine Schwester konnte mich nicht so leicht ersetzen. Er wurde sehr zornig und wollte keinesfalls zustimmen. Ich war ja noch nicht volljährig, und er mußte sein schriftliches Einverständnis geben. Ich erzählte das meiner Firmpatin. Sie sagte, ich will mit deinem Vater reden, aber überleg es dir genau, bei deinem Albert sind nun vier alte Leute im Haus. Auch Alberts Mutter war aus ihrer Stadtwohnung auf den Hof gezogen, weil es sich dort
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