Herbsttagebuch: Roman (German Edition)
nachdem
Vicki und ich mit den Vorbereitungen fertig geworden sind, kommen er und Daniel
zurück.
»Das Auto
ist gepackt«, verkünden sie zufrieden. »Es kann losgehen.«
Im Kofferraum
von Daniels riesigem Chevrolet, in den wir Kartoffelsalat, Picknickkorb und eine
Kühltasche mit Getränken verstauen, liegen zwei seltsame, mickrige Metallschalen.
»Und wo
ist der Grill?«, frage ich erstaunt.
Die beiden
Grillmeister reiben sich freudig die Hände.
»Na, da!«
Basti zeigt auf die Aluminiumschalen.
»Aha?«
»Das sind
Einweggrills«, belehrt er mich. »Die kannst du nach Gebrauch wegschmeißen und fertig.«
»Wie ökologisch«,
stichelt Vicki ungeniert.
»Ich glaube,
das wird nichts«, kann ich mir nicht verkneifen zu sagen. Obwohl ich glaube, dass
Basti und Daniel bald keine Lust mehr auf unser Picknick haben dürften, wenn Vicki
und ich so weitermachen.
Ich habe
meinem Vater früher oft beim Grillen geholfen. Ein bisschen verstehe ich davon,
wenigstens so viel, dass das Grillgut nicht direkt über dem Feuer liegen sollte.
Das wird es allerdings, denn die kleinen Schalen sind ziemlich flach.
»Da gehen
zwei gebildete Kerle einen Grill holen und dann das«, spottet Vicki.
»Ihr werdet
schon sehen«, grummelt Daniel und schließt die Kofferraumklappe.
»Wir schicken
einfach Rosa mit unseren Würstchen los, wenn es nicht klappt«, beschließt Vicki.
»Die fragt einen der tausend türkischen Grillfans im Park, ob er unseren Kram mitgrillt.«
Daniel und
Basti werfen sich einen ›Die Damen sind echt undankbar‹-Blick zu und schweigen lieber.
Wir haben
uns für den Tiergarten als Ausflugsziel entschieden. Es ist nicht weit zu fahren
und man hat den Großstadtlärm vergessen, sobald man auf der riesigen Grünfläche
angekommen ist. Als Daniel den Chevi parkt, sehen wir dicke Rauchschwaden über dem
Gelände schweben.
»Es sieht
aus wie bei einem Waldbrand«, witzelt Vicki.
»Aber es
riecht besser«, antwortet Basti und schnuppert zufrieden.
Der Duft
von geschätzten zehntausend Lammbuletten und Rostbratwürstchen umweht uns. Ganz
Berlin scheint heute die gleiche Idee gehabt zu haben wie wir. Ich finde es gemütlich.
Auf der
Suche nach einem Grillplatz stolpern wir über Massen von Kühlboxen. Vorsichtig tänzelnd
versuchen wir, nicht auf Picknickdecken zu treten, und weichen geschickt spielenden
Kleinkindern aus. Vom Grün der Wiese ist vor lauter Menschenmassen kaum etwas zu
sehen. Auf den Wegen drängen sich Fahrradfahrer, Inlineskater und Jogger. Das Ganze
hat Volksfestcharakter.
Dabei scheint einfach nur die Sonne. Berlin live!
Vicki kichert vor sich hin. Anscheinend findet sie langsam
Gefallen an der Sache.
Mitten im Getümmel entdecken wir schließlich ein Fleckchen,
auf dem wir unsere Decke ausbreiten können, ohne dass wir am Nachbargrill Feuer
fangen, wenn wir uns bewegen.
Nachdem wir uns ein bisschen gesonnt haben, zünden Daniel
und Basti unsere zwei Wegwerfgrills an. Zum Glück kriegen sie nicht mit, dass die
Besitzer der stylischen Kugelgrills, der riesigen Grillwagen (sind die mit einem
Lieferwagen hergekommen?) und der edlen Lavasteingrills um uns herum nur fragende
bis amüsierte Blicke für unsere dürftige Feuerstelle übrighaben.
Vicki verteilt das Geschirr. Ich helfe ihr und hoffe, dass
wir tatsächlich ein paar Würstchen zu essen bekommen.
Nach 20
Minuten ist die Kohle noch immer nicht durchgeglüht.
»Das wird«,
sagt Basti. Er schüttelt und dreht die Grills ein bisschen, damit sich die brennende
Kohle über die ganze Schale verteilt.
»Ich werde
die Würstchen jetzt drauflegen«, beschließt Daniel.
Gesagt,
getan. Kurze Zeit später sind die Teilchen in der Mitte schön braun, während die
Ränder unappetitlich weißlich schimmern. Daniel fummelt hektisch mit einer Gabel
herum und versucht die Würstchen so hinzulegen, dass sie auch an den Zipfeln bräunen.
Nun hängen sie mit einem Ende in der Luft.
Bei einem
Blick auf den Nachbargrill tropft mir der Zahn. Da liegen sie – marinierte Steaks,
saftige Buletten und sogar bunte, mit Garnelen gespickte Gemüsespieße, alle in Reih
und Glied, duftend und gleichmäßig gebräunt. Der Mann am Grill wendet gelegentlich
eine Fleischscheibe und trinkt genüsslich ein Glas Hefeweizen dazu. So schön kann
Grillen sein.
Unsere Würstchen
hingegen sind fleckig wie Leopardenfelle. Manche Stellen sehen ziemlich dunkel aus,
andere sind dagegen ganz hell.
»Da wird
es schwarz«, sage ich leise zu Basti.
»Das ist
dun-kel-braun!«,
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