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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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gegessen.
    Vor Vickis Haus halten wir und ich schnappe mir den Picknickkorb.
Ich schließe die Tür auf und warte, dass die drei anderen mit ihrem Gepäck folgen.
Vicki und Daniel reden aufgeregt miteinander, dann kommt meine Freundin allein zu
mir. Ihr Mann steigt in seinen Chevi und fährt weg.
    »Muss er noch tanken?«, frage ich.
    Vicki schüttelt den Kopf. »Fährt zu sich«, murmelt sie.
    Es ist Samstagnacht.
Da sind die beiden eigentlich immer zusammen. Aber Vicki war heute schon den ganzen
Tag ziemlich zickig. Ob sie ihn vergrault hat?
    »Ist … ist
irgendwas nicht in Ordnung mit dir?«, frage ich, während wir die Treppe hinaufsteigen.
Dass Daniel wegen unserer kleinen Sticheleien die beleidigte Leberwurst spielt,
halte ich für ausgeschlossen.
    »Nein, alles
klar«, sagt Vicki. »Er hat … morgen … ähm … gleich früh einen Termin.«
    Es ist sonnenklar,
dass sie schwindelt. Oben stellt Vicki erschöpft ihre Tasche ab. Dann plötzlich
rennt sie los, an Basti vorbei, der gerade den Picknickkorb in die Küche bringen
will, auf die Toilette.
    Wieder höre
ich sie würgen.
    »Basti«,
rufe ich. »Kannst du was machen?«
    »Ich sehe
nach ihr, wenn sie rauskommt«, sagt er.
    Langsam
kommt mir Vickis andauernde Übelkeit verdächtig vor.
    »Ich vertrage
keine Buletten«, sagt meine Freundin und lächelt gezwungen, als sie fünf Minuten
später das Bad verlässt. »Wusstest du das, Rosa? Ich hätte einfach keine essen sollen.
Das kommt davon, wenn man so gierig ist.«
    Sie lügt
schon wieder. Wir saßen den ganzen Abend zusammen und Vicki hat, außer Kartoffelsalat
und Gurken, überhaupt nichts gegessen.
    Noch einmal
kotzen, meine Süße, dann weiß ich Bescheid.
     
    25. September
1912
     
    Änni und Elsi tuscheln den
ganzen Tag. Sobald sie mich sehen, hören sie auf und tun so, als seien sie furchtbar
beschäftigt. Irgendetwas stimmt nicht mit den beiden. Ich habe meine Mutter darauf
angesprochen. Aber sie sagte nur, dass Dienstboten immer über die Herrschaft tratschen
und dass es besser für mich wäre, wenn ich mich auf die Vorbereitung meiner Aussteuer
statt auf das Gerede der Mädchen konzentrieren würde.
    Natürlich hat Mutter wie immer recht. Ich möchte trotzdem wissen,
was die beiden zu bereden haben. Ich werde es herausfinden und wenn ich sie belauschen
muss.
     
    Na bitte, da regt sich ein winziger
Hauch von Trotz in meiner Augusta. Ich bin richtig erleichtert, dass sie sich mal
eine Sache vornimmt, die ihre allmächtige Mutter nicht gutheißt. Dienstboten belauschen
gehört garantiert zu den absolut verbotenen Dingen.
    Neben mir
rekelt sich Basti und schlägt die Augen auf. Es ist Sonntagmorgen.
    Ich war
eine halbe Stunde früher wach als er. Zuerst habe ich ihn einfach nur eine Weile
angeschaut. Ich liebe es, seinen Kopf auf meinem Kissen zu sehen und dabei an all
die schönen Dinge zu denken, die wir letzte Nacht miteinander getan haben. Da er
tief und fest schlief, bekam ich Lust, ein bisschen zu lesen.
    Jetzt wacht Basti endlich auf und das Erste, was er hört,
sind Kotzgeräusche aus dem Badezimmer.
    »Sie ist schwanger«, sagt er trocken.
    »Den Verdacht hatte ich auch schon«, antworte ich grinsend.
»Die Sache mit dem verdorbenen Magen nehme ich ihr echt nicht mehr ab. Meinst du,
wir liegen richtig?«
    »Ich denke schon. Morgenübelkeit ist ein echter Klassiker.«
    Und Mittags- und Abendübelkeit scheinbar ebenfalls. Die arme
Vicki. Soll das etwa neun Monate so weitergehen?
    Neun Monate?
Vicki kriegt ein Kind! Langsam dringt es in mein Gehirn vor, was das bedeutet. »Das
ist ja toll!«, jubele ich.
    »Wollen
wir auch eins machen?«, fragt Basti und zieht mich an sich. »Wenn du dich so freust.«
    »Ach nö«,
sage ich zwischen zwei Küssen. »Aber ein bisschen üben, das geht.«
     
    *
     
    »Sag mal, was ist denn mit dir los?«,
brummt Vicki.
    »Nichts«,
sage ich fröhlich. »Gar nichts. Ich will dich nur ein bisschen verwöhnen.«
    »Wieso das
denn?«
    »Bloß so!«
    Zugegeben,
ich übertreibe wahrscheinlich. Aber es macht mir Spaß, ihr das Frühstück ans Bett
zu bringen und dabei die Fenster zu öffnen, damit die Sonne schön hereinscheint.
Nebenbei kann ich ihr die Zeitung hinlegen und die Schmutzwäsche gleich mitnehmen
und fragen, ob ich ihr ein Bad einlassen soll.
    »Willst
du frisch gepressten Orangensaft? Basti macht gerade welchen.«
    »Nein, danke.«
    »Soll ich
dir das Telefon bringen? Willst du vielleicht Dani anrufen?«
    »Mein Handy
liegt hier und jetzt mach, dass du zu

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