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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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weißt doch, dass er kein Kind möchte. Und das hat
er nicht nur so dahergesagt.«
    »Aber warum
denn nicht?«
    »Wegen uns
… weil wir damals so eine scheiß Teeniezeit hatten. Weißt du doch. Als Außenseiter.
Immer allein auf dem Schulhof. Ausgelacht. Verspottet. Das will er seinen Kindern
nicht antun.«
    »Das wird
bei euren Kindern bestimmt ganz anders werden«, protestiere ich. »Ihr beide seid
so toll. Ihr habt das doch alles hinter euch gelassen.«
    »Äußerlich
ja. Das haben wir.«
    Sie sieht
traurig aus. Ich verstehe Daniels Ängste sogar, richtig ist es trotzdem nicht. Irgendwann
muss man die Schatten der Vergangenheit besiegen, oder?
    »Weiß denn
Daniel wenigstens schon Bescheid?« Ich mustere sie neugierig. »Man sieht bisher
echt gar nichts von einem Babybauch.« Bei so einem langen Elend wie Vicki kann das
wahrscheinlich eine ganze Weile dauern.
    »Noch nicht«,
sagt Vicki. »Ich brauch einfach Zeit, okay? Und du sollst …«
    Ich weiß,
was sie sagen will. »Ja, ja, versprochen. Aber ihr solltet reden. Möglichst bald,
okay?«
    Ich nehme
ihre Hand und drücke sie. »Alles wird gut, glaub mir.«
    Sie lächelt.
Auch wenn es nachdenklich aussieht. Aber sie lächelt.
     
    Als ich kurz darauf in die Werkstatt
zurückkomme, erlebe ich ein Déjà-vu.
    »Wo warst
du denn nun schon wieder?«
    »Mit Vicki
spazieren.«
    »Dieses
Mal hat dich Herr Weidenhain vergeblich gesucht.«
    »Leo?«,
kreische ich und schlage mir gleich die Hand vor den Mund.
    »Ach, der Leo ist das?«, fragt Margret scheinheilig. »Ihr seid also per Du?«
    Warum bin
ich eigentlich immer weg, wenn irgendein toller Kerl mich besuchen will? Abgesehen
davon, Leo ist gar nicht toll. Er ist … verwirrend … aufregend und anders, wie einer,
der eigentlich gar nicht in meine Welt gehört.
    »Was wollte
er denn?«
    »Dich ausleihen.«
    »Mich, was
…?«
    »Ausleihen!
Nun tu nicht so!« Margret wirkt fast ungehalten. »Dein Traum wird wahr. Er hat sich
entschieden. Er will, dass du für ihn arbeitest.«
    »Hat er
gefragt ganz freundlich, ob wir dich lassen gehen«, ergänzt Jola. »Wirklich eine
tolle, schöne Mann.«
    »Was willst
du machen?«, fragt mich Margret.
    »Ich?«
    Sie rollt
die Augen. »Schätzchen, wer denn sonst? Mich hat er schließlich nicht gefragt.«
    »Lässt du
mich denn gehen?«
    »Na, hör
mal. Wie kannst du das fragen? Das ist eine Riesenchance für dich. Schade ist es
allerdings auch, denn du kommst bestimmt nicht zu uns zurück.«
    »Quatsch«,
sage ich.
    Am liebsten
würde ich Margret um den Hals fallen. Aber ich weiß, dass sie das nicht mag, also
lasse ich sie und schnappe mir Jola. Die ist da nicht so.
    Jetzt verstehe
ich auch seine SMS von heute Nacht. Er war einfach froh, dass wir gut zusammenarbeiten
können, dass ich seine Ideen zum Musical in meinen Kostümentwürfen spiegele. Er
gibt mir einen Job. Und was für einen!
    Und ich doofe Kuh habe gedacht, er sei in mich verliebt.
    Fröhlich
pfeifend mache ich mich wieder an die Arbeit. Doch vorher rufe ich Basti vom Werkstatt-Telefon
aus an. Ab sofort keine Geheimnisse mehr. Alles wird gut.
    Leider geht
er nicht ran. Entweder schläft er noch oder ist bereits wieder zur Arbeit gegangen.
Ich hinterlasse eine Nachricht auf der Mailbox:
    »Hallo,
Basti, ich habe Neuigkeiten. Rufst du mich zurück? Aber erst heute Abend. Hab mein
Handy zu Hause vergessen. Tschüs.«
    *
    Als ich die Wohnungstür aufschließe,
höre ich fröhliches Gelächter. Daniel ist da. Sein tiefes, zufriedenes Bärenlachen
ist unschwer zu erkennen.
    »Hi, ihr
zwei Turteltauben«, sage ich aufgekratzt, als ich sehe, dass die beiden eng aneinander
gekuschelt am Fenster stehen und sich einen Kuss geben.
    Ob Vicki
ihrem Schatz gerade verklickert hat, dass sie schwanger ist? So innig, wie sie gerade
sind, sieht es fast so aus.
    Wusste ich
doch, dass er kein Problem damit haben würde, Vater zu werden.
    »Vicki hat
den absoluten Wahnsinnsvertrag an Land gezogen«, jubelt Daniel. »50.000 Vorschuss
für ihr übernächstes Buch und das, obwohl sie bisher keine Zeile geschrieben hat.«
    »Cool«,
sage ich, obwohl ich leicht enttäuscht bin, dass Vicki ihrem Mann nichts von den
viel wichtigeren Neuerungen in ihrem Leben gesagt hat.
    »Ich bin echt stolz auf meine Bestsellerautorin.«
    Vicki lacht und küsst ihn erneut. »Das passiert alles nur,
weil ich überglücklich mit dir bin.«
    Ich grinse. Die beiden sind der Himmel auf Erden. Warum ein
kleiner, süßer Schreihals, den sie mit Liebe gemacht haben,

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