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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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nun ein Problem sein
soll, kann ich absolut nicht verstehen.
    Daniel holt eine Sektflasche aus dem Kühlschrank, öffnet sie
mit lautem Knall und schenkt uns ein. »Auf Vicki«, sagt er und hebt sein Glas.
    Vicki lächelt leicht gezwungen. »Ich muss die Häppchen aus
der Kammer holen«, sagt sie, stellt ihr Glas ab, ohne getrunken zu haben, und saust
aus der Küche.
    Ich proste Daniel zu und trinke meinen Sekt genüsslich aus.
Nach den etwas verwirrenden Ereignissen der letzten 24 Stunden kann ein Gläschen
zur Entspannung nicht schaden.
    »Alles okay bei euch?«, frage ich. »Ich meine, weil Vicki
so lange weg war, ohne dir Bescheid zu sagen.«
    »Es war so, wie ich gedacht hatte«, antwortet Daniel. »Sie
brauchte etwas Ruhe zum Schreiben. Beim nächsten Mal gibt sie mir vorher Bescheid.
Dann ist es in Ordnung für mich.«
    Daniel ist ein echt prima Kerl. Vicki hat ein Riesenglück
mit ihm.
    Sie kommt kurz darauf mit einer Platte leckerer Antipasti
zurück. Gefüllte Oliven, getrocknete Tomaten, Mozzarella-Spießchen … dazu ein knuspriges
Ciabatta. Köstlich!
    Als Daniel
sich kurz umdreht, um Teller aus dem Schrank zu holen, schnappt Vicki sich mein
leeres Glas und drückt mir ihr volles in die Hand.
    »Das musst du trinken«, flüstert sie und tippt auf ihren Bauch.
    Kein Problem,
ich kann ein zweites Glas vertragen. Dumm nur, dass Daniel Vickis Glas direkt wieder
füllt.
    »Rosa, du
trinkst ja gar nichts«, sagt er, mit Blick auf mein volles Glas.
    Habe ich
es nicht gerade genau vor deiner Nase geleert, Mensch?
    Da sieht
man mal wieder, dass Männer nicht viel mitkriegen. Vicki zwinkert mir zu, während
ich ihren Sekt austrinke. Als Daniel sich Oliven und Brot nimmt, tauscht Vicki unsere
Gläser unauffällig aufs Neue aus, sodass ich schon wieder ihr volles habe. Nummer
drei – innerhalb von zehn Minuten. Im Kühlschrank habe ich eine weitere Flasche
Schampus gesehen.
    Das kann
ja heiter werden …
    *
    Als ich am nächsten Morgen mit ziemlichem
Brummschädel aufwache, höre ich die inzwischen wohlbekannten Kotzgeräusche aus dem
Badezimmer.
    Ich tappe
in die Küche, um mir einen extra starken Anti-Kater-Kaffee zu machen.
     
    Ich habe gestern Abend acht (!)
Gläser Sekt getrunken – meine eigenen und die meiner lieben, heimlich schwangeren
Freundin gleich mit.
    »Rosa verträgt
ja nicht gerade viel«, flüsterte Daniel Vicki zu, als ich irgendwann volltrunken
aus der Küche Richtung Bett wankte. Ich hörte sie lachen und »Da hast du recht«
sagen.
    Undankbare
Person!
     
    Ich finde, ich bin eine wirklich
opferbereite Freundin, denn schließlich muss ich heute mit Restalkohol im Blut arbeiten
gehen (keine Ahnung, ob ich überhaupt eine gerade Naht zustande kriege), während
sie sich gleich noch mal ins Bett kuscheln kann – samt Ehemann.
    Der ist
allerdings schon wach und brüht gerade einen Kamillentee auf.
    »Was hat
Vicki denn?«, frage ich scheinheilig.
    Inzwischen
hat sie es ihm mit Sicherheit gesagt! Gleich wird er mir um den Hals fallen und
schreien: »Rosa, stell dir vor, wir kriegen ein Baby! Und du wirst Patentante!«
    »Du hättest
echt mal den Kühlschrank aufräumen können, als sie weg war«, antwortet Daniel leicht
gereizt.
    »Hä?«
    Er guckt
mich vorwurfsvoll an. »Na, du hast den überlagerten Frischkäse nicht weggeworfen.
Jetzt hat Vicki sich den Magen daran verdorben.«
    Also, das
ist die Höhe! Wir haben nie überlagerte Lebensmittel im Kühlschrank! Da bin ich
nämlich echt pingelig. Vicki hätte sich ruhig eine schlauere Ausrede überlegen können.
Vor allem eine, die nicht schon wieder auf meine Kosten geht. »Daniel, das stimmt
überhaupt …«
    Sei still,
Rosa, Vicki muss ihm selbst sagen, dass sie schwanger ist. Falls er nicht irgendwann
von allein drauf kommt. Und so lange spielst du einfach mal mit.
    »Ach, du
Schreck, den muss ich übersehen haben«, quetsche ich gezwungen hervor. »Sorry!«
    »Da musst
du dich bei Vicki entschuldigen, nicht bei mir!«
    Spießer!
Räum doch selbst den Kühlschrank auf! Mir reicht es. »Weißt du, ich muss dir …«
    In diesem
Moment kommt Vicki in die Küche. Kreidebleich. »Bitte nicht«, formen ihre Lippen
lautlos.
    Echt super!
Ich muss in einem Spiel mitspielen, das ich mir weder ausgedacht habe noch besonders
witzig finde. Und dann wurde mir ausgerechnet die Rolle des Vollidioten zugedacht.
    Herzlichen
Dank, Vicki! Wenn das hier vorbei ist, werden wir sehen, wer sich bei wem entschuldigt!
     
     
     
     

6. Kapitel
     
    Allerhand Neues

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