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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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am Potsdamer Platz am
besten gefällt. Scheinbar geht es vielen so – Einheimischen wie Touristen. Massen
sind unterwegs, angelockt von Kinos, Restaurants, Bars … Wunderbar!
    Inmitten
der Menschenmenge entdecke ich auf einmal ein bekanntes Gesicht.
    Ha! Das
gibt es nicht. Es ist Basti! Freudig springe ich auf und winke ihm. Er soll herkommen,
damit ich ihn und Leo einander vorstellen kann. Das ist ja ein toller Zufall.
    Doch dann
wird meine Begeisterung empfindlich ausgebremst.
    Basti ist
nicht allein unterwegs. Neben ihm geht … Marlene!
    Ich wische
mir ungläubig über die Augen. Woher in Gottes Namen kennen die beiden sich? Ist
das ein Zufall oder hat der Teufel seine Finger im Spiel?
    Ich stehe
regungslos, wie angenagelt, an der Fensterscheibe und starre die beiden an.
    Genau in
diesem Moment kommt Leo zurück und stellt sich hinter mich. Ganz dicht! Dabei legt
er seine Hände auf meine Hüften. Ein Schauer überläuft mich. Vor Glück oder Schock
oder Freude? Keine Ahnung.
    Ich wende
mich ihm überrascht zu. Mein Herz rast. Er hat mich schon oft berührt, wie zufällig
eher, aber bisher war niemals eine Geste von ihm so intim.
    »Leo, ich
…«
    Da verschließt
er meine Lippen mit einem Kuss. Ich mache mich entsetzt von ihm los und sehe nach
unten. Dort stehen Basti und Marlene und gucken zu uns rauf!!!
    »Bist du
bescheuert?«, schreie ich und ignoriere, dass sich die Köpfe aller Anwesenden schlagartig
zu uns wenden.
    »Rosa!«
    Ich schnappe
mir meine Handtasche und renne mit klackernden Absätzen die Treppe hinunter, ins
Menschengewimmel, dahin, wo eben Basti und Marlene gestanden haben. Sie sind weg!
    Verzweifelt
haste ich über den Platz, ignoriere die bissigen Kommentare der Leute, die ich dabei
schubse oder trete, reiße derweil mein Handy aus der Tasche und rufe Basti an.
    »Geh ran!«,
flehe ich. »Geh bitte, bitte ran!«
    Die Mailbox.
Scheiße!
    »Basti!«
kreische ich in den Hörer, nachdem die Automatenstimme verklungen ist. »Basti, bitte,
das alles ist ein Missverständnis. Bitte, geh doch ran! Ich kann dir alles erklären.«
    Genau das
hat Rob zu mir gesagt, als er noch mein Freund war und es trotzdem mit Lila auf
unserem Küchentisch getrieben hat. Was gerade geschehen ist, kann ich gar nicht
erklären. Und wenn, dann glaubt Basti mir die Geschichte sowieso nicht. Er glaubt
nur, was er gesehen hat. Und das war ein Kuss. Ein Kuss zwischen Leo und mir!
    Erschüttert
bleibe ich plötzlich mitten im Getümmel stehen.
    »Mensch,
pass doch auf!«, zischt ein Typ, der voll in mich rein rennt.
    »Pass selber
auf«, fauche ich ihn an.
    Erst jetzt
wird mir klar, was wirklich passiert ist und eine Ganzkörpergänsehaut überzieht
mich. Leopold Weidenhain hat mich geküsst. Und ich, Rosa Redlich, habe seinen Kuss
erwidert. Ganz anders als bei Tina. Da habe ich mich einfach küssen lassen. Das
war schön für einen Moment, aber mehr nicht.
    Doch eben?
Es war eine Zehntelsekunde. Eine Winzigkeit. Aber ich habe ihn auch geküsst.
    Oh! Mein!
Gott!
     
    22. Oktober
1912
     
    Friedrich
hat mich gestern überraschend zu einer Kutschfahrt abgeholt. Mutter war mit dem
Ausflug einverstanden. So fuhren mein Verlobter und ich gemeinsam in den Großen
Tiergarten und spazierten ein wenig unter den Bäumen umher, die langsam, aber sicher
ihr Laub abwerfen. Die Sonne schien und ich stellte wieder einmal fest, wie sehr
ich dieses leuchtend goldene, wunderbar intensive Herbstlicht liebe.
    Friedrich
ist reizend zu mir, seitdem wir uns ausgesprochen haben.
    Er reichte
mir seinen Arm. Er verstand es, amüsant zu plaudern, und einmal, als wir stehen
blieben, um ein Eichhörnchen bei seiner Suche nach Wintervorrat zu beobachten, flüsterte
er mir einen zärtlichen Liebesschwur ins Ohr. Sein Bart kitzelte dabei leicht meinen
Hals, und ich spürte ein seltsames, nie gekanntes Prickeln auf meiner Haut.
    Etwas später
berichtete ich Sophie von diesem wunderbaren Spaziergang. Sie weinte erneut und
flehte mich an, Friedrich nicht zu glauben.
    Nie zuvor
habe ich Sophie so viel weinen sehen.
    Auf meine
Nachfrage versicherte Mutter mir, dass Frauen in der Hoffnung gelegentlich zu Melancholie
und Schwermut neigen. Das würde in der Tat vieles erklären.
    Ich will
nicht länger glauben, dass Friedrich – trotz seiner Verfehlungen – mir seine Liebe
nur vorspielt. Warum sollt er das tun? Er hat doch um meine Hand angehalten. Niemand
hat ihn dazu gedrängt. Warum sollte er sein Leben mit einer Frau verbringen wollen,
die er nicht

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