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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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ein Projekt, das keine Zauderei und mädchenhaften Empfindlichkeiten
duldet – nämlich die große Schweinerei in Kletzin zu verhindern. Und nur Vicki kann
mir dabei helfen. Sie muss mir sogar helfen, denn vielleicht, ganz vielleicht,
mit einer millionstel Wahrscheinlichkeit, ist es ihr Land, was da verschandelt
werden soll.
     
    *
     
    »Das ist nicht uninteressant, Rosa.«
    Es ist nicht
Vicki, die das sagt, sondern Daniel. Er ist es auch, der mich in Vickis Wohnung
gelassen hat, der eine Flasche Wein und Gläser auf den Tisch gestellt und meine
heraussprudelnden Neuigkeiten durch ein paar interessierte Fragen unterbrochen hat.
    Vicki sitzt
daneben und hört zu, ist jedoch stumm wie ein Fisch. Ich hatte gehofft, wir wären
uns bei Bastis Kochabend wenigstens ein bisschen näher gekommen, aber scheinbar
habe ich mich getäuscht. Ihre Sturheit kostet mich Nerven, aber seit Tina mich auf
die Idee gebracht hat, habe ich mir in den Kopf gesetzt, den Besitzverhältnissen
in Kletzin auf den Grund zu gehen. Und deshalb darf mich Vickis Schweigen nicht
aus dem Konzept bringen.
    »Was sagst
du dazu, Vicki?«
    Ich bin
Daniel echt dankbar für diese Frage, denn ihm muss sie ja antworten.
    Aufgeregt
nehme ich einen großen Schluck Wein aus meinem Glas. Sie zuckt die Schultern.
    »Klingt
nach einer von Rosas romantischen Anwandlungen. Die geheime Erbin von Gut Kletzin.
Hach!«
    »Du konntest
Augusta ja noch nie leiden«, sage ich enttäuscht.
    »Was hat
das denn mit Augusta zu tun?«
    »Stimmt«,
antworte ich. »Das hat es gar nicht. Es hat etwas mit uns zu tun. Mit dir
und mir. Weil du sauer auf mich bist, wirst du sowieso alles blöd finden, was ich
sage, selbst wenn ich dir zum hundertsten Mal schwöre, dass mir alles furchtbar
leid tut, was ich angerichtet habe. Dass ich nur hilflos war an dem Wochenende,
als ich mich nicht gemeldet habe. Vielleicht egoistisch. Aber nicht bösartig. Ich
wollte dich nicht verletzen und Basti auch nicht. Und nun ist es so, dass seit dem
kein Tag vergeht, an dem ich nicht wünschte, ich hätte mich viel erwachsener und
fairer euch gegenüber benommen … und an dem ich mich nicht ganz schrecklich nach
unserer Freundschaft sehne.«
    »Und deshalb
kommst du also her und bietest mir ein Schloss als Wiedergutmachung an?«
    »Nein, kein
Schloss. Ich … ich biete dir zum hundertsten Mal meine aufrichtige Entschuldigung
und ja, ich will, wenn es geht, ganz nebenbei ein Unrecht wiedergutmachen, das vor
vielen Jahren deiner Vorfahrin Augusta geschehen ist.«
    »Also doch
eine romantische Geschichte.«
    Ich seufze
leise. Mensch, kann Vicki ein sturer Bock sein.
    »Vicki,
nun los …«, sagt Daniel.
    Es klingt,
als hätten sie schon öfter über mich gesprochen und er hätte sie gebeten, mir endlich
zu verzeihen. Er ist wirklich ein lieber Kerl. Dabei hätte er durchaus einen Grund,
sauer auf mich zu sein.
    In diesem
Moment klingelt mein Handy. Ich sehe auf dem Display, dass es Leo ist. Mit einer
entschuldigenden Geste nehme ich ab.
    Er fragt
mich, ob wir zusammen zu einer Party gehen wollen.
    »Ich bin
gerade bei Vicki«, antworte ich. »Wegen dieser Kletzin-Sache.«
    »Okay«,
antwortet er und – klick – ist er aus der Leitung.
    Hätte er
nicht eine kleine Spur Bedauern äußern können? Oder fragen, ob ich etwas herausgefunden
habe? Oder kommt mir jetzt wieder meine ›romantische Ader‹ in die Quere, die mir
scheinbar mein Leben manchmal unnötig schwer macht?
    Ich finde,
dass wir die Fähigkeit, uns sprachlich auszudrücken, da wir sie nun einmal haben,
auch anwenden sollten. Es wird vieles leichter dadurch. Und mit Romantik hat das
absolut nichts zu tun.
    »War er das?«, fragt Vicki mit grimmigem Gesicht.
    Ich nicke.
Aber über Leo will ich jetzt nicht reden. »Vicki, kannst du mir bitte bei meinen
Recherchen helfen?«, frage ich stattdessen.
    Sie schüttelt
unwillig den Kopf. »Abgesehen davon, dass es höchstwahrscheinlich Quatsch ist, was
du dir da eingeredet hast«, sagt sie, »interessiert es mich nicht. Ich brauche kein
Schloss in der Mark Brandenburg. Was soll ich damit?«
    »Ich fänd
es nicht schlecht«, wirft Daniel ein, schweigt aber, als Vicki ihn giftig ansieht.
    Ich komme
nicht an Vicki heran. All meine Erklärungen und meine Entschuldigung nutzen nichts.
Sie hat kein Interesse an den alten Geschichten und auch nicht mehr an mir. Scheinbar
gehöre ich selbst dazu – zu den alten Geschichten.
    Daniel klopft
mir auf die Schulter, als ich die Wohnung verlasse.
    »Gib nicht
auf«,

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