Herbstwald
Hofbauer, und überließ Lilian Landhäuser mit einer Geste das Wort.
»Ich hatte gestern bei der JVA Weiterstadt richtig Glück. Das Gericht hat bei der Verurteilung von Tsuyoshi Saitô eine sogenannte optische und akustische Überwachung der Besuche angeordnet. Das bedeutet, dass er lediglich zweimal pro Monat Besuch für dreißig Minuten erhalten darf und auch nur in Anwesenheit eines Beamten oder eines vereidigten Dolmetschers, falls das Gespräch nicht auf Deutsch geführt wird.«
»Und was ist mit der Post?« Hofbauer nahm sich etwas Kaffee und sah sie dabei an.
»Danach habe ich natürlich auch gefragt. Die Post wird in der Regel nur bei Untersuchungsgefangenen überwacht, aber auch hier hat die Anstaltsleitung für Saitô starke Einschränkungen ausgesprochen. Letztendlich hat er – vermutlich auch wegen dieser Beschränkungen – bisher keine Briefe abgeschickt oder empfangen.«
»Aber es gab Besuche?« Hofbauer schien ungeduldig zu werden.
Sie lächelte. »Ja, aber es waren nur zwei während der ganzen drei Jahre, und beide relativ kurz vor der Ermordung unseres Opfers.«
»Das heißt, er hatte etwa eine Stunde für den Mordauftrag?«
»Vermutlich eher weniger, denn beide Besucher waren Japaner, und daher wurden die Gespräche gedolmetscht. Das kostet Besuchszeit, denn die wird deshalb nicht verlängert.«
»Und weiter?«, fragte Davídsson, der Hofbauers Ungeduld verstehen konnte.
»Ich habe gestern mit dem Justizvollzugsbeamten gesprochen, der bei einem der Gespräche anwesend war. Er hat nichts Ungewöhnliches bemerkt. Einen Auftrag gab es nicht. Nicht einmal eine Bitte soll Saitô geäußert haben.«
»Und der andere?«
»Ich verstehe nicht.«
»Waren es nicht zwei unterschiedliche Justizvollzugsbeamten, die bei den beiden Besuchen dabei waren? Sie haben aber gesagt, dass Sie nur mit einem gesprochen haben.«
»Der andere hatte gerade keinen Dienst. Ich werde noch einmal hinfahren müssen.«
»Und was ist mit den japanischen Besuchern?«
»Ich habe bereits bei der Bundespolizei und der Deutschen Botschaft in Japan nachgefragt, aber das wird schon alleine wegen der Zeitverschiebung eine Weile dauern, bis wir von dort eine Antwort haben.«
»Und die anderen drei Mitglieder, die für das Yamaguchi-gumi gearbeitet haben? Was ist mit denen?«, fragte Schedl.
»Jeder von denen sitzt in einer anderen JVA. Es gibt also keine Kontaktmöglichkeit untereinander.«
»Aber auch sie könnten den Auftrag zur Ermordung von Lea Schirmer-Lunz gegeben haben«, sagte Hofbauer.
»Wir sollten uns die kompletten Akten anfordern. Sowohl die Ermittlungsakten als auch die Gerichtsakten und natürlich auch die der Justizvollzugsanstalten«, schlug Ólafur Davídsson vor und sah dabei Kriminalhauptkommissar Hofbauer an.
»Schedl wird sich darum kümmern.«
»Und was ist mit Ihnen?« Ólafur Davídsson sah Hofbauer so lange in die Augen, bis dieser seinen Blicken auswich und zu Lilian Landhäuser sah.
»Wie lange wissen Sie schon, wer unser Opfer in Wirklichkeit ist?«, hakte Ólafur Davídsson nach.
»Was ist das für eine blöde Frage?«
»Wie lange wissen Sie schon, dass unser Opfer nicht Catharina Aigner, sondern Lea Schirmer-Lunz heißt?«
Davídsson wartete auf eine Antwort von Hofbauer. Er sah, wie sich Hofbauer zusammenreißen musste, um seine Fassade aufrechtzuerhalten. Es gelang ihm nicht besonders gut.
»Was soll das, Davídsson? Sind Sie jetzt völlig übergeschnappt?«
Davídsson ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, aber er beobachtete, wie sich Hofbauers Haltung immer weiter verkrampfte. Auf der hellen Tischplatte blieben feuchte Handabdrücke zurück, die sich nur langsam auflösten.
»Sie haben doch Helmut Reichert vor drei Jahren die Anweisung gegeben, Catharina Aigner in die Fuggerei aufzunehmen, obwohl es dazu eigentlich keinen Grund gab.« Davídsson beugte sich über den Besprechungstisch, kam dabei mit seinem Oberkörper aber nicht einmal zur Hälfte. »Warum haben Sie das gemacht?«
»Ihre Kollegen vom Zeugenschutz hätten das doch genauso gut tun können. Wo ist da der Unterschied?«
Ólafur Davídsson lehnte sich wieder zurück. »Der größte Unterschied besteht wohl darin, dass meine Kollegen uns von Anfang an gesagt hätten, wer die Tote in der Fuggerei in Wirklichkeit ist. Sie hätten uns von Anfang an ihren richtigen Namen gesagt.«
»Ich habe Sie nie belogen. Fragen Sie Ihre Kollegin, die hat doch immer alles mitgeschrieben. Ich habe nie gelogen.« Hofbauers Antwort
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