Hercule Poirot schläft nie
Smaragdhalsband!«
»Würden Sie mir die näheren Umstände schildern, unter denen sie verschwunden sind?« schlug Poirot beschwic h tigend vor.
»Ich versuche es. Gestern Nachmittag gab ich eine kle i ne Teegesellschaft – eine ganz zwanglose Angelegenheit, ungefähr ein halbes Dutzend Leute. Ich habe im Lauf der Saison schon eine oder zwei dieser kleinen Partys geg e ben, und sie waren, obwohl ich das vielleicht nicht sagen sollte, ein ziemlicher Erfolg. Ein bisschen gute Musik – Nacora, der Pianist, und Katherine Bird, die australische Altistin – in meinem großen Studio. Am frühen Nachmi t tag zeigte ich den Gästen meine Sammlung von mittela l terlichem Schmuck. Ich bewahre sie in dem kleinen Wandsafe auf. Er sieht innen wie eine Schmuckvitrine aus. Der Hintergrund aus farbigem Samt bringt die Steine besonders gut zur Geltung. Hinterher besichtigten wir die Fächer in dem Wandschränkchen dort drüben. Dann gingen wir alle ins Studio, um Musik zu hören. Dass j e mand den Safe geplündert hatte, entdeckte ich erst, nac h dem alle Gäste gegangen waren. Wahrscheinlich habe ich ihn nicht ordentlich abgeschlossen, und jemand hat die Gelegenheit genutzt, ihn auszuräumen. Die Rubine, Monsieur Poirot, das Smaragdhalsband – mein Leben lang habe ich gebraucht, um sie zu sammeln. Was würde ich nicht darum geben, sie zurückzubekommen! Sie ve r stehen das doch richtig, Monsieur Poirot, nicht wahr? Meine Gäste, meine Freunde! Es wäre ein entsetzlicher Skandal.«
»Wer hat als letzter diesen Raum verlassen, als Sie alle ins Studio hinübergingen?«
»Mr Johnston. Kennen Sie ihn vielleicht? Der Millionär aus Südafrika. Er hat eben das Haus der Abbotsburys in der Park Lane gemietet. Ich erinnere mich, dass er ein paar Sekunden lang zurückblieb. Aber er kann es b e stimmt nicht gewesen sein!«
»Ist einer Ihrer Gäste im Lauf des Nachmittags unter einem Vorwand noch einmal in dieses Zimmer gega n gen?«
»Ich war auf diese Frage vorbereitet, Monsieur Poirot. Es waren drei: Gräfin Vera Rossakoff, Mr Bernard Parker und Lady Runcorn.«
»Erzählen Sie uns etwas über sie.«
»Gräfin Rossakoff ist eine sehr charmante russische Dame, eine Vertreterin des alten Regimes. Sie ist erst vor kurzem nach England gekommen. Sie hatte sich bereits von mir verabschiedet, daher war ich ziemlich überrascht, als ich sie in diesem Zimmer entdeckte. Aber es sah so aus, als bewundere sie ganz entzückt meine Fächersam m lung. Wissen Sie, Monsieur Poirot, je länger ich darüber nachdenke, um so verdächtiger kommt mir das vor. Sind Sie nicht auch der Meinung?«
»Es ist sogar höchst verdächtig. Aber lassen Sie mich noch etwas über die anderen hören.«
»Nun, Parker kam nur herein, um einen Kasten mit M i niaturen zu holen, die ich Lady Runcorn unbedingt ze i gen wollte.«
»Und Lady Runcorn selbst?«
»Sie wissen bestimmt, dass Lady Runcorn eine Dame mittleren Alters mit einem sehr energischen Charakter ist, die einen Großteil ihrer Zeit verschiedenen wohltätigen Komitees opfert. Sie war nur noch einmal hier drin, um ihre Handtasche zu holen, die sie irgendwo hingelegt ha t te.«
»Bien, Monsieur. Wir haben also vier mögliche Verdäc h tige. Die russische Gräfin, die englische Grande Dame, den südafrikanischen Millionär und Mr Bernard Parker. Wer ist übrigens Mr Parker?«
Die Frage schien Mr Hardman in ziemliche Verlege n heit zu bringen.
»Er ist – eh – nun ja, er ist ein junger Mann. Also, Ta t sache ist, er ist ein junger Mann, den ich kenne.«
»Zu diesem Schluss bin ich schon selbst gekommen«, erwiderte Poirot sachlich. »Aber was macht dieser Mr Parker?«
»Er ist ein junger Geschäftsmann, der – der vielleicht nicht ganz ›dazugehört‹, wenn ich es mal so ausdrücken darf.«
»Darf ich fragen, wie es dazu kam, dass Sie sich mit ihm anfreundeten?«
»Nun ja, er hat – ein- oder zweimal gewisse kleine Au f träge für mich erledigt.«
»Erzählen Sie nur weiter, Monsieur«, sagte Poirot.
Hardman sah ihn flehend an. Mehr zu erzählen war o f fensichtlich das letzte, was er wollte. Aber als Poirot u n erbittlich schwieg, gab er sich geschlagen.
»Sehen Sie, Monsieur Poirot, es ist allgemein bekannt, dass ich an antikem Schmuck interessiert bin. Manchmal wird ein Familienerbstück angeboten, das nie auf den offenen Markt gelangen oder an einen Händler verkauft werden würde. Aber ein privater Verkauf an mich ist e t was ganz anderes. Parker kümmert sich um die Einzelhe i ten solcher
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