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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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habe, wird er irgendwie als Schandfleck der Familie angesehen. Warum?»
    Alfreds Gesicht bekam wieder etwas Farbe.
    «Er stahl einmal eine große Summe Geld, indem er den Namen meines Vaters auf einem Scheck fälschte. Natürlich hat mein Vater ihn nicht dafür zur Rechenschaft gezogen. Harry war immer ein Tunichtgut. Überall auf der ganzen Welt ist er in Schwierigkeiten geraten. Immer musste er telegrafieren, man solle ihm Geld schicken, weil er in einer Klemme steckte. Er hat auch einige Gefängnisstrafen abgesessen.»
    «Das weißt du nicht bestimmt, Alfred», wies Lydia ihn zurecht.
    Aber er fegte ihren Einwand mit einer Handbewegung beiseite. «Harry ist ein Lump! War immer einer!»
    «Sie scheinen Ihren Bruder nicht zu mögen», stellte Poirot fest.
    «Er hat meinen Vater ausgenützt – auf schändliche Weise!»
    Lydia seufzte kurz und ungeduldig auf. Poirot hörte es und warf ihr einen scharfen Blick zu.
    «Wenn doch wenigstens diese Diamanten gefunden werden könnten», sagte sie. «Mich dünkt, dort liegt die Lösung des ganzen Falls.»
    «Sie sind gefunden worden, Madame. Und zwar in Ihrem kleinen Garten, der das Tote Meer darstellt.»
    «Sie sind… In meinem Garten? Wie seltsam!»
    «Nicht wahr, Madame?»

27. Dezember
     
    « D as ging ja schmerzloser, als ich fürchtete», sagte Alfred Lee mit einem Seufzer. Sie waren alle soeben von der gerichtlichen Totenschau zurückgekommen. Mr Charlton, ein altväterischer Rechtsanwalt mit forschenden blauen Augen, war mit ihnen dort gewesen und hatte sie nun nach Gorston Hall zurückbegleitet.
    «Ich sagte Ihnen ja, dass dieses Prozedere eine reine Formsache sei – reine Formsache. Die Vertagung war vorauszusehen, weil die Polizei vorerst noch weitere Untersuchungen anstellen muss.»
    George Lee war gereizt.
    «Ekelhaft ist das alles, einfach ekelhaft. Eine scheußliche Situation, in die wir da geraten sind. Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass das Verbrechen von einem Irrsinnigen begangen wurde, der sich irgendwie Zugang zum Haus verschaffen konnte. Dieser Sugden ist ja halsstarrig wie ein Maulesel! Colonel Johnson müsste Scotland Yard beiziehen. Die Ortspolizei ist doch hilflos. Zu dickköpfig! Was ist zum Beispiel mit diesem Horbury los? Ich höre, dass seine Vergangenheit äußerst dunkel sein soll; aber die Polizei unternimmt überhaupt nichts gegen ihn!»
    «Ich – eh – glaube, dass dieser Horbury ein einwandfreies Alibi für die fragliche Zeit hat, und deshalb – eh – muss die Polizei seinen Angaben glauben», versuchte Charlton zu beruhigen.
    «Muss sie? Warum muss sie?», schäumte George. «Wenn ich die Polizei wäre, dann würde ein solches Alibi mit größter Vorsicht aufgenommen! Es ist doch klar, dass ein Verbrecher sich immer ein Alibi besorgt. Aber die Pflicht der Polizei ist es, dieses Alibi zu widerlegen – das heißt, wenn sie fähig ist!»
    «Nun, nun», sagte Charlton, «ich glaube, dass es nicht unsere Sache ist, uns in das Vorgehen der Polizei einzumischen. Im Allgemeinen sind doch sehr tüchtige Leute dabei.»
    George schüttelte ärgerlich den Kopf.
    «Scotland Yard müsste verständigt werden! Inspektor Sugden mag ein gewissenhafter Beamter sein, aber eine Leuchte ist er bestimmt nicht.»
    «Doch, Sugden ist ein sehr guter Polizist», widersprach ihm Charlton. «Er ist vielleicht keiner von der schnellen Sorte, aber er erreicht sein Ziel, glauben Sie mir.»
    «Ich bin überzeugt, dass die Polizei alles in ihren Kräften Stehende tut», sagte Lydia. «Mr Charlton, möchten Sie einen Sherry?»
    Mr Charlton lehnte höflich dankend ab. Er räusperte sich und schritt dann zur Testamentseröffnung. Er las dieses Dokument mit sichtlichem Behagen, wobei er bei den dunkleren Formulierungen etwas länger verweilte und die besonders raffinierten juristischen Passagen genießerisch auszukosten schien. Als er geendet hatte, nahm er seine Brille ab, putzte sie umständlich und sah sich dann in der Runde um. Harry Lee sprach als erster.
    «Diese juristischen Formulierungen sind schwer zu verstehen. Können Sie uns das alles nicht klar und deutlich sagen?»
    «Aber das vorliegende ist ein durchaus einfaches Testament.»
    «Mein Gott», seufzte Harry, «wie sieht denn ein kompliziertes aus?»
    Mr Charlton warf ihm einen eiskalten Blick zu. Dann führte er aus:
    «Die Hauptvergabungen sind denkbar leicht zu verstehen. Die Hälfte des Vermögens fällt an Mr Alfred Lee. Der Rest wird zwischen den übrigen Kinder aufgeteilt.»
    Harry

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