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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Señorita!»
    Stephen Farr grinste. «Sie würde einem Feind kurzerhand die Gurgel durchschneiden, hat sie mir im Zug anvertraut.» Er brach erschrocken ab.
    Hercule Poirot versuchte das Gespräch in unverfänglichere Bahnen zu lenken. «Oh, Mademoiselle! Ich muss Sie noch um etwas bitten. Würden Sie mir bitte Ihren Pass aushändigen? Reine Formsache. Inspektor Sugden braucht ihn… Polizeivorschriften, wissen Sie – lästig und dumm, gewiss, aber notwendig für einen Ausländer in diesem Land. Und dem Gesetz nach sind Sie natürlich Ausländerin.»
    Pilar hob die Augenbrauen. «Meinen Pass? Ja, ich werde ihn gleich holen. Er liegt in meinem Zimmer.»
    Poirot folgte ihr und entschuldigte sich immer wieder.
    «Es tut mir sehr Leid, Ihnen diese Mühe zu bereiten. Wirklich, sehr, sehr Leid.»
    Sie waren am Ende des langen Korridors angekommen. Von dort führte die zweite Treppe in den oberen Stock. Pilar nahm sie mit wenigen Schritten, Poirot und Farr folgten langsamer nach. Pilars Zimmer lag am Ende der Treppe. Sie machte die Tür auf und rief: «Ich bringe den Pass sofort.»
    Poirot und Stephen warteten. Der junge Mann sagte sehr kleinlaut: «Verdammt blöd von mir, das zu sagen – vorhin. Sie hat es aber gar nicht bemerkt, oder doch?»
    Poirot gab keine Antwort. Er hielt den Kopf leicht zur Seite geneigt und schien auf etwas zu horchen.
    «Die Engländer sind Freiluftfanatiker», sagte er nach einigen Augenblicken. «Und diese Eigenart scheint Miss Estravados geerbt zu haben.»
    Stephen sah ihn erstaunt an.
    «Weil sie heute, an einem ausgesprochen eisigen Wintertag - im Gegensatz zum gestrigen milden Sonnenwetter – das Fenster aufreißt, wie gerade eben. Seltsam, dieser Hunger nach frischer Luft.»
    Plötzlich hörte man drinnen einen spanischen Ausruf, und Pilar tauchte mit einem ärgerlichen Lachen wieder auf.
    «Bin ich dumm!», rief sie. «Dumm und ungeschickt! Mein Köfferchen steht auf dem Fensterbrett, und ich durchstöberte es so schnell und passte nicht auf, so dass mir der Pass zum Fenster hinausgefallen ist. Er liegt drunten in einem Blumenbeet. Ich hole ihn sofort.»
    Stephen wollte ihr diesen Gang abnehmen, aber sie hielt ihn entschieden davon ab.
    «Nein, gehen Sie nur inzwischen mit Mr Poirot ins Wohnzimmer! Ich bringe ihn dorthin.»
    Doch Poirot sagte am oberen Ende der Haupttreppe plötzlich: «Bleiben wir noch einen Augenblick hier. Ich möchte Sie im Mordzimmer etwas fragen.»
    Sie gingen den Korridor entlang, der zu Simeon Lees Zimmer führte. Als sie an der Nische vorbeikamen, in welcher zwei Marmornymphen in viktorianischer Wohlanständigkeit ängstlich ihre wallenden Gewänder festhielten, murmelte Stephen Farr: «Scheußlich bei Tageslicht! Neulich abends glaubte ich, es seien drei solche Weiber da drinnen, aber glücklicherweise sind es nur zwei.»
    «Ja, dem heutigen Geschmack entsprechen sie nicht mehr», sagte Poirot. «Aber seinerzeit haben sie bestimmt eine Menge Geld gekostet. Übrigens sehen sie nachts besser aus.»
    «Allerdings, da sieht man nur undeutliche Konturen.»
    «Nachts sind alle Katzen grau», lautete Poirots Antwort.
    Im Mordzimmer fanden sie Inspektor Sugden, vor dem Safe kniend und den Kassenschrank mit einer Lupe untersuchend. Er blickte auf, als sie eintraten.
    «Wurde mit dem dazugehörigen Schlüssel geöffnet», stellte er fest. «Und zwar von jemandem, der das Kennwort wusste.»
    Poirot trat neben ihn, flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf der Inspektor nickte und rasch aus dem Zimmer ging.
    Poirot wandte sich wieder Stephen Farr zu, der reglos den Armstuhl anstarrte, in welchem Simeon Lee immer gesessen hatte. Auf seiner Stirn, die in tiefen Falten lag, traten die Adern deutlich hervor. Poirot betrachtete ihn eine ganze Weile, ehe er sagte: «Erinnerungen, nicht wahr?»
    «Noch vor zwei Tagen», flüsterte Farr, «saß er da und lebte und heute…» Er schüttelte sich. «Sie wollten mich etwas fragen, Mr Poirot.»
    «Ach, richtig. Sie waren, wenn ich nicht irre, der Erste am Tatort vorgestern Nacht.»
    «So? Ich weiß es nicht mehr. Nein, ich glaube, eine der Damen war noch vor mir oben.»
    «Welche der Damen?»
    «Georges oder Davids Frau, eine von beiden. Sie waren jedenfalls beide sofort da.»
    «Sie selber hörten den Schrei nicht?»
    «Nein, ich glaube nicht. Ich kann mich nicht genau erinnern. Jemand schrie wohl auf, aber das kann von unten gekommen sein.»
    «Einen Laut wie den haben Sie also nicht gehört?»
    Poirot warf den Kopf zurück und stieß

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