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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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lachte hämisch.
    «Alfred, wie gewöhnlich! Das halbe Vermögen meines Vaters! Du hast Schwein, Alfred.»
    Alfred lief rot an. Lydia sagte scharf:
    «Alfred war seinem Vater ein guter und ergebener Sohn. Seit Jahren hat er die Werke geleitet und die ganze Verantwortung getragen.»
    «O ja, Alfred war immer ein Mustersöhnchen!»
    «Du kannst von Glück sagen, dass Vater dir überhaupt etwas hinterlasssen hat», fauchte Alfred den Bruder an.
    Harry warf den Kopf zurück und lachte.
    «Du hättest lieber gesehen, wenn ich leer ausgegangen wäre, wie? Du hast mich nie ausstehen können!»
    Mr Charlton hüstelte. Er war solche unerquicklichen Szenen nach einer Testamentseröffnung gewohnt – nur zu sehr gewohnt –, und ihm lag daran, mit seinen Verpflichtungen zu Ende zu kommen, bevor die endlosen Familienstreitereien begannen.
    «Ja, das ist, glaube ich, alles, was ich Ihnen –», murmelte er. «Und was ist mit Pilar?», fragte Harry laut.
    Mr Charlton räusperte sich wieder, diesmal wie entschuldigend. «Eh, Miss Estravados – eh – ist in dem Testament nicht erwähnt.»
    «Bekommt sie nicht den Anteil ihrer Mutter?»
    «Señora Estravados», erklärte Charlton, «hätte natürlich ihren Teil der Erbschaft bezogen; aber da sie gestorben ist, fällt ihr Anteil der Erbmasse zu und wird unter die übrigen Kinder verteilt.»
    Pilar fragte mit ihrer warmen südländischen Stimme:
    «Dann bekomme ich also nichts?»
    Schnell fiel Lydia ein. «Liebes, darüber wird die Familie sich bestimmt einigen.»
    «Du wirst hierher zu Alfred ziehen – nicht, Alfred?», sagte George. «Schließlich – hm – bist du unsere Nichte, und es ist unsere Pflicht, für dich zu sorgen.»
    «Auch bei uns wird sie immer gerne willkommen sein», sagte Hilda Lee.
    Aber Harry ließ nicht locker.
    «Sie muss ihren eigenen Anteil bekommen. Wir sollten ihr Jennifers Erbteil aushändigen.»
    Mr Charlton murmelte: «Ich muss nun – eh – wirklich gehen, Mr Lee. Auf Wiedersehen, Mrs Lee – wenn ich für Sie etwas tun kann – jederzeit, gerne…»
    Er verließ eilends den Raum, in welchem, seiner Erfahrung gemäß, nun alle Voraussetzungen für einen Familienkrach gegeben waren.
    Kaum war die Tür zu, erhob Lydia ihre klare, helle Stimme.
    «Ich stimme Harry bei. Pilar hat das Recht auf einen festen Anteil. Dieses Testament wurde vor Jennifers Tod abgefasst.»
    «Unsinn!», fuhr George auf. «Eine sehr ungesetzliche und nachlässige Denkweise, Lydia! Gesetz ist Gesetz, und wir müssen uns ihm fügen.»
    «Es ist natürlich ein Pech für Pilar, und das tut uns sehr Leid», mischte sich nun auch Magdalene ein, «aber George hat Recht. Gesetz ist Gesetz.»
    Lydia stand auf. Sie nahm Pilar bei der Hand.
    «Das alles muss sehr unangenehm sein für dich», sagte sie freundlich. «Willst du uns bitte allein lassen, solange wir diese Fragen erörtern?»
    Sie ging mit der jungen Frau bis zur Tür. «Sei ganz ruhig, Pilar», sagte sie. «Überlass die Sache nur mir.» Pilar ging langsam aus dem Zimmer. Lydia schloss die Tür hinter ihr und ging zu den anderen zurück.
    Einige Sekunden lang herrschte Stille im Raum. Alle schienen Atem zu schöpfen. Aber im nächsten Augenblick war der Kampf wieder in vollem Gange.
    «Du bist eben von jeher ein Geizkragen gewesen, George», sagte Harry.
    Und George schrie zurück: «Jedenfalls war ich nie ein Schmarotzer und ein Lump!»
    «Du bist genauso gut ein Schmarotzer wie ich! Du hast all die Jahre ausschließlich von Vaters Zuschuss gelebt.»
    «Du scheinst zu vergessen, dass meine verantwortungsvolle und exponierte Stellung –»
    «Verantwortungsvoll – meiner Seel! Du bist ein künstlich aufgeblähter Luftballon, weiter nichts!»
    Magdalene schrie empört: «Wie wagst du, so etwas zu sagen!»
    Hildas Stimme, ruhig wie immer, durchdrang den Lärm. «Können wir die Sache nicht vielleicht in Ruhe besprechen?»
    Lydia warf ihr einen dankbaren Blick zu.
    Plötzlich fuhr David heftig aus seiner Reglosigkeit auf.
    «Diese Streiterei über Geld ist überhaupt ekelhaft!»
    Magdalene zischte ihn giftig an. «Welche Edelmütigkeit! Willst du vielleicht sogar deine Erbschaft ausschlagen? Du brauchst das Geld ebenso gut wie wir andern auch. Deine Weltfremdheit ist bloß eine lächerliche Pose!
    «Die Erbschaft ausschlagen?», flüsterte David. «Ob ich das tun sollte?»
    «Nein, das wirst du natürlich nicht tun», sagte Hilda fest und bestimmt. «Müssen wir uns denn alle so kindisch benehmen? Alfred, du bist jetzt das

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