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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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letzte wichtige Notiz darf ich nicht übergehen. Sie stammt
    aus dem Jahre 1884 und lautet: »Hermann, dessen Erziehung uns so
    viel Not und Mühe machte, geht es nun entschieden besser. Vom
    21. Januar bis zum 5. Juni (ein halbes Jahr also) war er ganz im
    Knabenhaus und brachte bloß die Sonntage bei uns zu. Er hielt sich
    dort brav, aber bleich und mager und gedrückt kam er heim... Die
    Nachwirkung«, so fährt die Mutter fort, »war entschieden eine gute
    und heilsame. Er ist jetzt viel leichter zu behandeln, Gott sei Dank!«
    An interessanten und lieben Besuchen verzeichnet die Mutter:
    Dr. Borchgreviczs von Madagaskar, Otto Hörnle, den Japaner Nisima,
    Pastor Bublitz, Dr. Grundemann, Professor Douglas und Frau. Das
    Resümee des letzten Basler Jahres lautet: »Wir hatten nicht bloß
    frohe Familienvereinigung, sondern auch Gemeinschaft der
    Heiligen.«

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Kloster Maulbronn
    Es ist für den Dichter Hesse charakteristisch, daß er jeden Schritt
    seines Lebens dokumentiert hat; ja daß sein literarisches und
    poetisches Werk nur aus den Schritten, Beobachtungen und
    Erfahrungen der eigenen Person schöpft. Man kann darin einen
    ungewöhnlich entwickelten Narzißmus erblicken, aber auch ein
    ebenso ungewöhnlich entwickeltes Bedürfnis, sich und der Umwelt
    Rechenschaft abzulegen. Man mag von Selbstbehauptung und
    Lyrismus sprechen oder die eigensinnige Gebundenheit dieses
    Dichters an die Bedürfnisse seines Ichs bemäkeln und es bedauerlich
    finden, daß er sich nicht lässiger den modernen Interessen
    aufschließt, den Ansprüchen des »Lebens, wie es nun einmal ist«.
    Man mag besorgen, daß er, mit seinem trotzigen Selbst beschäftigt,
    den Anschluß an die Schnellfahrt der zeitgenössischen Manieren
    verabsäumt; daß er über dem Drechseln eines Wortes und Satzes,
    über dem Versinken in ein Bild und einen Pinselstrich den mancherlei
    Pflichten, Aufgaben, Sorgen und Wünschen eines anstelligen
    Staatsbürgers nicht gerecht zu werden vermag. All diese Einwände
    und Beanstandungen mögen richtig sein –: es wird gleichwohl wenig
    nützen, sie vorzubringen. Es ist immer mit ihm so gewesen, und es
    wird wohl mit ihm auch so bleiben.
    Besagtes Schöpfen des Dichters Hesse aus den alleinigen Umständen
    seiner Person ist es nun andererseits, was bei ihm ganz
    ungewöhnliche Erscheinungen zur Folge hat. Um nur einige davon zu
    nennen: man wird nicht leicht im Umkreise der heutigen Literatur
    einen Dichter finden, der über sich selbst und die Dinge, mit denen
    er zu tun hat, so genau Bescheid weiß. Ferner: man wird keinen
    anderen Dichter nachweisen können, bei dem die ihn
    beschäftigenden Bilder, die Wahl seiner Worte und Wege so
    wohlüberlegt, was sage ich, aus einer so langsamen Erwägung, aus
    einer solchen Fülle der eigenen Kenntnis und des »Stoffes«
    entspringen, wie ebenfalls bei ihm. Man lese aus den späteren
    Werken Hesses einen kleinen Passus und vergleiche ihn mit einem
    beliebigen Vorbild, um zu erstaunen über das spezifische Gewicht der
    Sprache. Es ist eine ausgetragene, reife Sprache; es steht ja jedes

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    Wort genau an seinem Platze, unfehlbar hat es sich eingestellt. Jedes
    Ding, das er aussagt, ist in den Kern und ins Herz getroffen. Es ist
    eine sehr gediegene Prosa; sie ist ruhig und von hoher Vernunft,
    zierlich und doch ganz ungekünstelt. Sie ist so einfach, wie eine
    Wolke, wie ein Tierlein, wie ein Blatt am Baume einfach sind. Aber
    diese Sprache hat noch etwas mehr. Sie senkt sich ein; sie sinkt
    ganz hinunter durch die Algen und Schlinggewächse der Phantasie,
    bis auf den Grund; dort ruht sein Wort und glänzt, als sei ein
    Goldstück auf einen klaren Seegrund gefallen.
    Dies alles ist bei diesem Dichter eine Folge seiner ausschließlichen
    Beschäftigung mit dem eigenen Wesen; den eigenen Trieben,
    Schritten, Sinnen und Impulsen. Wenn man einmal allen Aussagen
    des Dichters, nicht nur in seinen Büchern, sondern auch in den
    Hunderten von verstreuten Skizzen, Feuilletons und Besprechungen
    nachgehen würde – es fände sich, daß er sein ganzes reiches Leben
    vom ersten Traumwinkel und Beginn bis zur letzten Verrichtung
    beobachtet und in Distanz gebracht hat. Kaum eine wichtige Regung
    behielt er für sich. Ich weiß nicht, ob es in der ganzen Welt, Johann
    Wolfgang nicht ausgenommen, einen Dichter gibt, der so sehr sich
    selbst besaß und darum so sehr geöffnet, so wach sein konnte für
    jede leise Befremdung, Befreundung, Bestimmung und Befriedung,
    für jedes An-

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