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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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liegt auf dem Hause. Der Vater
    muß für eine Woche verreisen und hinterläßt ein Brieflein: »Ich habe
    dich für ein Vergehen bestraft, das du nicht gestanden hast. Hast du
    die Sache dennoch begangen und mich also angelogen, wie soll ich
    dann noch mit dir reden? Ist's anders, dann habe ich dich mit
    Unrecht geschlagen. In einer Woche, wenn ich wiederkomme, sollte
    doch einer von uns dem andern verzeihen können.«
    Es ist, wie man sieht, ein prächtiger Vater, aber es ist auch ein früh
    selbstbewußter Sohn, den man nicht wie ein Kind behandeln kann;
    der in den Schlägen einen Handel zwischen zwei erwachsenen
    Männern empfindet, von denen der jüngere dem bejahrten auf
    Gedeih und Verderb übergeben ist. »Am nächsten Tage«, sagt der
    Dichter, »kam ich mit dem Blatt ans Bett meiner Mutter, weinte und
    fand keine Worte... Abends saß ich seit langer Zeit zum erstenmal
    meiner Mutter zu Füßen und hörte sie erzählen wie in den
    Kleinkinderjahren. Es kam so süß und mütterlich von ihrem Munde,
    aber was sie erzählte, war kein Märchen. Sie sagte mir von Zeiten,
    da ich ihr fremd geworden sei und wie da ihre Angst und Liebe mich
    begleitete; sie beschämte und beglückte mich mit jedem Wort, und
    dann redeten wir beide mit Namen der Liebe und Ehrfurcht von
    meinem Vater und freuten uns mit Sehnsucht auf seine Heimkehr.«
    Die kleine Episode erinnert bereits an die schmerzlich umliebte Frau
    Eva im »Demian«.
    Der »Lauscher« enthält auch einen Anhang früher Gedichte. Eines
    davon, »Philosophie« betitelt, scheint an die Lektüre Schopenhauers
    anzuschließen. Die erste Strophe lautet:

    30
    Vom Unbewußten zum Bewußten,
    Von da zurück durch viele Pfade
    Zu dem, was unbewußt wir wußten,
    Von dort verstoßen ohne Gnade
    Zum Zweifel, zur Philosophie,
    Erreichen wir die ersten Grade
    Der Ironie.
    Ehe ich aber die Darstellung der Kindheit abschließe, möchte ich
    diese ersten Basler Jahre noch durch einige Auszüge aus dem
    Familientagebuch ergänzen. Es ist bei den Eintragungen der Mutter
    mitunter, als gebe sie irrtümlich das Alter des Knaben um einige
    Jahre höher an, als es der Wirklichkeit entspricht. So gleich bei
    Beginn des Basler Aufenthaltes, wenn es da heißt: »Die Kinder
    freuen sich sehr der netten Wohnung, ländlichen Umgebung, des
    Gartens und Hofes, wo sie sich fleißig tummeln. Bei einem großen
    Baum im Missionshausgarten schreit Hermann: Au! An dem bliebe
    der Absalom mit seinem Haar gewiß auch hängen!« Woher kennt das
    vierjährige Kind die Geschichte vom Absalom? Die Mutter mag sie
    ihm als eine abschreckende Heldengeschichte erzählt haben; denn
    Absalom, das ist doch der Abtrünnige, der seinem Vater den Krieg
    macht; der alles Volk um Haupteslänge überragt und der auf der
    Flucht vor dem Vater mit den Haaren (das ist mit seiner besten
    Kraft) am Baume (das ist am Symbole der Mutter) hängenbleibt.
    Man lese in der »Wanderung« und auch im »Bilderbuch« (»Besuch
    aus Indien«) nach, was die Bäume für Hesse noch anderes bedeuten.
    In Basel fühlt sich die Mutter sehr wohl. »Wir teilen«, so schreibt sie,
    »nun Freud und Leid mit der Basler Mission, und das macht uns reich
    und glücklich.« Oder: »Hier ist ein so reicher Verkehr, so viel
    Anregung aus der Missionswelt, das Herz wird immerfort in Anspruch
    genommen, und man muß in der Fürbitte mehr einstehen als
    anderswo, denn die heimkehrenden Kranken, die ausziehenden
    jungen Geschwister, die Kinderlein und der Abschied von ihnen,
    Nachrichten von Todesfällen und so weiter greifen ins Herz.« Es ist
    eine Mutter der großen Missionsfamilie, der Todgeweihten und ihrer
    Hintersassen. Sie könnte Äbtissin eines im Brennpunkt der geistigen
    Interessen stehenden Klosters oder auch eine Fürstin sein.

    31
    Des Knaben fröhliche Lebendigkeit gerät mit diesem dunklen, ihm
    nicht einzig zugewandten Leben, in dem er nur ein Rädchen sein soll,
    in Konflikt. Die Mutter notiert von ihm: »Hermann geht in die
    Kinderschule; sein heftiges Temperament macht uns viel Not...« Die
    Bücher der Könige beschäftigen ihn sehr. Besonders die Salbung zum
    König. »Möcht' nur wissen«, sagt er, »wie man aus Öl etwas werden
    kann! Den David hat der Samuel zum König gesalbt, aber Öl kann
    doch jetzt mich nicht zum König machen!« Das ist sehr früh eine
    kernprotestantische Spekulation über den Sinn der Weihe und
    Zeremonie, und sie zeigt, daß sich der Junge zu hohen Dingen
    bestimmt und geboren fühlt.
    Auch eine

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