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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Hilfsmittel gesehen.«
    »Ja.« Rasmussen legte die Mappe auf den Tisch, griff grübelnd nach der Serviette und wischte sich damit über den Mund. »Ich kenne jemanden, der verrückt genug wäre, so etwas zu unterstützen«, sagte er nach einem Moment des Nachdenkens. »Sie müssten allerdings wahrscheinlich zu ihm reisen und ihm Ihre Idee noch einmal persönlich vortragen.«
    »Kein Problem«, erklärte Hiroshi.
    »Er lebt ziemlich weit entfernt.«
    »Auch kein Problem.«
    »Okay.« Rasmussen zog sein Telefon aus dem Jackett. »Wann können Sie aufbrechen?«
    Hiroshi hob die Schultern. »Jetzt sofort, wenn es sein muss.«
    Charlotte suchte auf dem Klingelbrett nach Hiroshis Namen und musste daran denken, wie sie ihn damals in Tokio zu Hause besucht und ebenfalls ratlos vor einem Klingelbrett gestanden hatte. Ah, hier. Einfach nur H. Kato . Sie klingelte.
    Keine Reaktion. Na ja, was hatte sie erwartet? Sicher war er an der Uni, arbeitete, wie es sich gehörte. Sie holte ihr Notizbuch und einen Stift aus der Tasche, um ihm eine Nachricht zu hinterlassen.
    Während sie, das Notizbuch gegen die Ziegelwand gestützt, schrieb, kam jemand zur Tür heraus, ein schlaksiger Junge mit mexikanischen Gesichtszügen. Er eilte an ihr vorbei, doch im nächsten Moment hörte sie, wie er stehen blieb.
    »Charlotte Malroux?«, fragte er.
    Sie drehte sich um. »Ja?«
    Er hatte die Augen weit aufgerissen, so, als erschrecke ihn ihr Anblick. »Du suchst aber jetzt nicht zufällig einen gewissen Hiroshi Kato?«
    »Doch«, gab sie zu. »Weißt du, wo er ist?«
    Einen Moment lang sagte er gar nichts, schien nur in sich zusammenzusinken. »Das ist jetzt nicht wahr …«, murmelte er. Dann seufzte er und erklärte: »Du hast ihn verpasst. Um eine Stunde oder so.«
    Charlotte hob ihr Notizbuch hoch. »Ja, ich wollte ihm gerade einen Zettel in den Briefkasten werfen. Weißt du, wann er zurückkommt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Er kommt nicht zurück. Der Scheißkerl ist ausgezogen, Knall auf Fall. Heute früh. Ich hab das Zimmer neben ihm, wir sind Freunde … oder waren es zumindest, was weiß ich. Er hat mir die Schlüssel in die Hand gedrückt und einen Scheck über … puh, einen irren Betrag, und ich soll alles mit der Hausverwaltung für ihn regeln. Er muss weg, irgendeine Vision verwirklichen, hat er gesagt.« Er streckte ihr die Rechte hin. »Ich bin übrigens Rodney.«
    Sie schüttelte seine Hand, mit den Gedanken ganz woanders. »Und was hat er gesagt, wohin er geht?«
    Rodneys Gesicht verzog sich schmerzlich. »Kein Wort.«
    Danach saß sie lange im Wagen, unfähig, den Schlüssel umzudrehen. Der gestrige Abend lief noch einmal vor ihrem inneren Auge ab wie ein Film. Wie James wieder und wieder angerufen hatte, um zu betteln, zu winseln, zu jammern, zu schimpfen und schließlich zu fluchen. Wie Brenda gekommen war und erzählt hatte, dass Hiroshi ihre Mutter angerufen und behauptet hatte, James habe ihm am MIT aufgelauert, um ihn zu verprügeln, und dass er sich Sorgen mache, er könne ihr, Charlotte, etwas antun.
    Sie hatte das gar nicht glauben wollen und James danach gefragt, als er das nächste Mal anrief. Er hatte es sofort zugegeben, mehr noch, er schien sogar stolz darauf zu sein. Ein Mann müsse um die Frau kämpfen, die er liebe, bla, bla, bla. Sie hatte ohne ein weiteres Wort eingehängt und den Stecker gezogen.
    Die Nacht über hatten sich immer wieder dieselben Gedanken in ihrem Kopf gedreht wie ein Mühlstein, herum und herum. Dass sie der Sache mit Hiroshi vielleicht eine Chance geben musste. Dass es nicht funktionieren würde. Dass es sie zu ihm hinzog und dass ihr das zugleich Angst machte und dass das bestimmt mit ihrer Mutter zu tun hatte, die in ihrer eigenen Ehe nicht glücklich geworden war. Dass sie aber auch nicht alleine bleiben wollte.
    Und dann dieselben Gedanken wieder von vorn.
    Heute Morgen hatte sie endlich beschlossen, mit Hiroshi noch einmal über alles zu reden. Nur zu reden, erstmal zumindest. Per Telefon war er nicht zu erreichen gewesen, also hatte sie sich ins Auto gesetzt und war hergefahren.
    Wo war es nun, das Schicksal, von dem er so überzeugt gewesen war, dass es sie zusammenführen wollte? In der Hinsicht hatte sich Hiroshi offensichtlich ganz schön was eingeredet, Romantiker, der er war. Schicksal …! Zufälle, die gab es. Mal glückliche Zufälle, mal unglückliche. Das war alles. Dass sie sich um eine Stunde verpasst hatten, das war zum Beispiel ein unglücklicher Zufall.
    Charlotte

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