Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
ich nicht träume.«
Es dauerte keine drei Minuten, bis die Wände standen. Übergangslos begann sich das Dach zu bilden – zuerst die Sparren, dann die Abdeckung, darauf die Ziegel. Akkurat alles. Und zum Schluss entstand in der Zufahrt das Garagentor, sank von oben herab wie ein Vorhang.
»Fertig«, sagte Hiroshi. »Von jetzt an kannst du sagen, dass du der einzige SETI-Forscher bist, dessen Garage von Alien-Robotern gebaut wurde.«
Er hob zwei Geräte vom Boden auf und reichte sie ihm: Fernbedienungen, erkannte Rodney, als er sie in die Hand nahm. Er drückte auf den Open -Knopf bei einer, und das Tor hob sich – lautlos, elegant, geschmeidig. Wie bei einer von diesen ganz teuren Anlagen, wie sie sich bloß Millionäre leisten konnten. »Alien-Roboter?«
»Es war eine Sonde. Eine Von-Neumann-Sonde.« Hiroshi ging in die Hocke, spähte in seine kleine Plastikbox und wartete auf irgendetwas. »Irgendwo da draußen gibt es eine Zivilisation intelligenter Wesen, die uns technisch unglaublich weit voraus sind, es schon vor Jahrtausenden waren. Sie haben Raketen ausgeschickt, die imstande sind, halbe Lichtgeschwindigkeit und mehr zu erreichen, mit Sonden, die, am jeweiligen Ziel angekommen, als Erstes weitere Raketen bauen, die dann weitere Sonnensysteme anfliegen.«
»Und dann? Wenn sie die Raketen gebaut haben, was machen sie dann?«
»Das weiß ich noch nicht«, sagte Hiroshi. Jetzt schienen seine unglaublich winzigen, unglaublich mächtigen Roboteralle wieder zu Hause zu sein, denn er setzte den Deckel zurück auf das Kästchen, steckte es ein und erhob sich. »An dem Teil der Programmierung grüble ich noch herum.«
»Das ist das erste Mal, dass ich höre, dass dir anderer Leute Programme Verständnisprobleme bereiten.«
»Erstens sind diese ›anderen Leute‹ Außerirdische, und zweitens sind das keine normalen prozeduralen oder objektorientierten Programme. Das sind Steuerprogramme, agentenbasiert, quasi-neuronal, extrem multi-layered . Solche Programme kannst du nicht einfach lesen und verstehen, die musst du simulieren, um herauszufinden, was sie überhaupt machen.« Hiroshi hüstelte. »Mein Hobby, seit ich zurück bin.«
Rodney blinzelte, betrachtete die Garage, die tatsächlich so aussah, wie er sie sich vorgestellt hatte, betrachtete die beiden Fernbedienungen in seiner Hand. Am besten, er ließ das Tor offen, damit Ally morgen gleich reinfahren konnte. Na, die würde sich wundern!
»Ich fange jedenfalls an zu begreifen, warum sie hinter dir her sind«, meinte er.
4
In Minamata fand Hiroshi ein Apartment, in einer der riesigen Ferienanlagen von Yunoko, direkt am Meer. Es war Nachsaison; vor den meisten Fenstern waren die Rollläden heruntergelassen. Wenn man durch die Anlage spazierte, fühlte man sich in einen postapokalyptischen Kinofilm versetzt, in dem eine weltweite Seuche den größten Teil der Menschheit dahingerafft hatte und man zu den wenigen Überlebenden zählte.
Schön war es nicht hier, aber niemand kannte ihn, und man ließ ihn in Ruhe. Genau das, was er brauchte. Außerdem befand er sich weit weg von dem Stadtteil, in dem seine Großeltern wohnten. Es bestand wenig Gefahr, dass er ihnen über den Weg laufen würde.
Ob seine Verfolger ihn hier aufstöbern würden? Denkbar, aber auf jeden Fall würden sie es schwerer haben. Hier in Japan war er Teil der Masse und sie diejenigen, die auffielen. Sicherheitshalber hatte Hiroshi seit seiner Ankunft in Tokio – wo er niemanden besucht hatte, auch seine Mutter nicht, um sie nicht in Gefahr zu bringen – keine Kreditkarte mehr benutzt. Er hatte an einem Automaten so viel Bargeld wie möglich abgehoben, ein respektables Bündel. Die Scheine hatte er anschließend von seinen Naniten atomar analysieren lassen, und nun war er imstande, ein Duplikat dieses Bündels anfertigen zu lassen, wann immer er weiteres Geld brauchte: Das sollte zumindest eine Weile funktionieren, ohne dass auffiel, dass es immer dieselben Seriennummern waren.
Das war der Kern des Problems, mit dem er rang. Natürlich wären die Naniten in der Lage gewesen, die Atome, die die Druckfarbe der Seriennummern bildeten, anders anzuordnen als in der Vorlage und jede beliebige Seriennummer zu bilden – wenn er nur imstande gewesen wäre, sie entsprechend zu steuern. Aber das eben konnte er nicht. Mehr noch, er hatte auch keine Vorstellung, wie eine derart feine Steuerung funktionieren sollte. Er konnte ja nicht über jedes Atom einzeln entscheiden – das überstieg
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