Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
sowohl die mentalen Fähigkeiten eines Menschen wie auch seinen zeitlichen Horizont: Die Herstellung selbst des winzigsten Gegenstandes hätte auf diese Weise Jahrhunderte gedauert. Nein, die Logik der atomaren Konstruktion erforderte eine Organisationsform, bei der die Steuereinheit auf der obersten Meta-Ebene Programmsequenzen in den Sub-Steuereinheiten anstieß, die wiederum Programmsequenzen in den Sub-Sub-Steuereinheiten anstießen und so weiter, bis hinab schließlich zu dem Nanit, der einfach nur ein bestimmtes Atom von hier nach da bewegte, innerhalb eines Radius von der Größenordnung der Wellenlänge von Licht.
Er hatte sich einen seiner Zauberstäbe umgebaut, um die Naniten damit zu steuern. Das war zwar geringfügig eleganter, als ein klobiges Multiband-Funkgerät mit sich zu schleppenund Befehlssequenzen von Hand einzutippen, hatte aber auch seine Grenzen. Auch damit schöpfte er die Möglichkeiten der Naniten nicht annähernd aus.
Die Garage zum Beispiel, die er für Rodney gebaut hatte: Sie entstehen zu lassen hatte nur ein, zwei Minuten gedauert – sie in Form von Steuerbefehlen zu konstruieren dagegen fast einen Monat. Dem Programm, das er am Ende abrufbereit in den Zauberstab geladen hatte, fehlten nur einige wenige Variablen: die genauen Abmessungen der Garage nämlich. Die zu liefern war schließlich das, wofür er den Zauberstab ursprünglich konstruiert hatte. Mit anderen Worten, er hätte Rodney auch eine zehn oder hundert Meter breite Garage bauen können; das hätte sogar nur unwesentlich länger gedauert.
Aber das Programm konnte eben nur Garagen bauen. Und nur diesen einen Typ. Und nur im Farbton Elfenbein.
Er war mit dem Programm gerade fertig gewesen, als er auf der Überwachungsanlage seines Grundstücks die Eindringlinge bemerkt hatte. Er hatte überlegt, die Wachleute loszuschicken, die die Männer zweifellos aufgestöbert und davongejagt hätten – aber was dann? Jemand, der es auf ihn abgesehen hatte, kam auch wieder, und das nächste Mal vielleicht unbemerkt. Nein, die Zeit war gekommen unterzutauchen. Er hatte Mrs Steel fortgeschickt – offiziell war es ein Urlaub, der ihr ohnehin zugestanden hatte; sie würde sich damit zu arrangieren wissen, dass er nicht zurückkam, ihr Gehalt aber weiterlief. Dann hatte Hiroshi den Naniten befohlen, all seine Computer in ihre Moleküle aufzulösen, und am Schluss war er selbst gegangen, durch einen Gang, den ihm die Naniten schufen und den sie anschließend wieder so fugenlos verschwinden ließen, als sei da nie ein Gang gewesen.
Solche Dinge waren vergleichsweise einfach: wenn er Funktionen fand, die er nur abzurufen brauchte. Einen Gegenstand atomar zu analysieren zum Beispiel. Er hatte diese Routine so in eine eigene Prozedur eingebettet, dass er nur mit dem Laser des Zauberstabs die Konturen des betreffenden Objekts umfahrenmusste, um dessen Analyse auszulösen. Einen Gang zu graben, Gegenstände in ihre Atome aufzulösen: All das konnte er inzwischen mit ein paar Tastendrücken und entsprechenden Bewegungen seines Zauberstabes bewirken, und es sah tatsächlich aus wie reine Zauberei.
Trotz allem blieb er damit weit, weit zurück hinter dem, was möglich gewesen wäre. Er hatte noch nicht einmal gekratzt an der unermesslichen Bibliothek fertiger Konstruktionen, die die Steuereinheit jedes einzelnen Basiskomplexes in sich trug wie eine Zelle ihre DNS. Bis auf ein paar Ausnahmen: Der Bau einer Basis mit Startrampe etwa war eine Funktion, auf die man bei der Analyse der Grundprogrammierung logischerweise zwangsläufig stieß; schließlich war das die allererste Aufgabe der Sonde gewesen. Viele der Produktionssequenzen, die Hiroshi analysiert hatte, bauten große, aufwendige Maschinen, von denen er aber nicht wusste, wozu sie dienten und was sie konnten. Man hätte sie bauen lassen und dann untersuchen müssen – und das Risiko eingehen, es mit einer Bombe zu tun zu bekommen!
Ein Gebiet schließlich, das er noch fast ganz außer Acht gelassen hatte, waren die neuartigen Werkstoffe, die durch Nanotechnologie möglich wurden. Die Garage für Rodney hatte er aus Holz errichten lassen, dessen atomare Struktur aus der Analyse eines Eichenbalkens in der Decke von Hiroshis Arbeitszimmers stammte. Die Plastikverkleidung war derjenigen des Gärtnerschuppens nachgebildet. Das Garagentor selber entsprach, inklusive der Automatik, dem in der für fünf Fahrzeuge gedachten Garage von Hiroshis Haus.
So weit, so gut – doch damit verschenkte man
Weitere Kostenlose Bücher