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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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los.«
    Es klingelte. Zweimal kurz, einmal lang, das Spenger-Klingeln. »Mach du mal auf.«, sagte ich erleichtert. »Ich komme sofort.«
    Während ich die Suppendosen aufhebelte, hörte ich Mama Spenger fragen: »Und? Ist sie gut angekommen? Was für ein Wetter aber auch! Dass es ausgerechnet gestern so sein musste! Überhaupt, was ist das nur für ein Winter?!«
    Ich lächelte. Mama Spenger war süß. Sie hielt immer zu ihrer Familie, zu der sie mich vom ersten Tag an gezählt hatte. Wenn einem von uns etwas Unangenehmes geschah, machte sie alles und jeden dafür verantwortlich, das Wetter, die Umstände, den Zufall, die anderen, aber niemals jemanden aus der Familie. Die war, in ihren Augen, unfehlbar.
    Ich lief in den Flur, um sie zu begrüßen.
    »Lena, da bist du ja!« Mama Spenger zog mich in ihre drallen Arme und drückte mich fest an ihr Herz. »Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Hast du sehr gefroren? Das muss ja ganz schrecklich gewesen sein da draußen, du armes Kind!«
    Ich machte mich vorsichtig los. »Es ging. Zum Glück war ich ja an einer Raststätte«, sagte ich und begrüßte Papa Spenger. Auch er umarmte mich. Alle Spengers umarmten sich, wenn sie sich trafen, selbst wenn sie sich zufällig beim Bäcker begegneten. Papa Spenger sah mich aufmerksam an. »Hast du dich auch nicht erkältet?«, fragte er fürsorglich. »Du solltest vorsichtshalber mal ein bisschen mehr Vitamin C nehmen in den nächsten Tagen. Das habt ihr doch hoffentlich im Haus?«
    »Hi, ich bin auch noch da!« Ehe ich mich's versah, verschwand ich in Kerstins wollener, etwas kratziger Umarmung. Wenn Holger das Ebenbild seines Vaters war, so war Kerstin nicht einmal ein schwacher Abklatsch ihrer Mutter – leider. Während Mama Spenger eher der Typ Pummelmuttchen – Lippenstift, Nagellack, Twinsets pastellig, Perlenkette doppelreihig – war, legte Kerstin Wert auf absolute Natürlichkeit. Ihr dunkles Haar wallte wild über die Schultern, von Lippenstift und Nagellack keine Spur, und sie gewandete sich in sackartige Hüllen, handgewebt oder grob gestrickt.
    »Kommt rein und trinkt erst mal einen Schluck Wein. Das Essen ist sofort fertig«, sagte Holger und warf mir einen bedeutsamen Blick zu.
    Ich verfügte mich gehorsam in die Küche. Die Kartoffeln waren appetitlich braun, und ich konnte nur hoffen, dass sie innen auch heiß sein würden, wenn wir mit der Suppe fertig wären. Die erhitzte ich nun schnell, füllte sie auf Teller, gab einen Schuss Sahne in die Mitte und rührte einmal mit einer Gabel um, sodass richtig professionelle Streifen entstanden. Ich war beeindruckt. Warf auf jeden Teller einen Basilikumspross und stellte die Teller auf ein Tablett.
    »Wir können essen«, verkündete ich.
    »Auf die Köchin«, sagte Holger, hob sein Glas und sah mich wohlwollend an.
    Bedächtig trank ich einen Schluck Wein. Sah verstohlen auf die Uhr. Ob Steffen jetzt an mich dachte? Oder war es noch zu früh? Vielleicht saß er auch im Kinderzimmer und las seiner Nichte aus einem meiner Bücher vor. Ging mit seinem braunen Blick auf meinen Bildern spazieren. Was die grünen Pünktchen wohl machten?
    »Diese Suppe ist köstlich! Hast du sie selbst passiert?« – Mama Spenger war wirklich lieb. Natürlich wusste sie genau, dass ich das nicht getan hatte.
    »Ja, sie ist ausgezeichnet.« Papa Spenger schenkte mir eines seiner charmanten Lächeln. »Viel besser als dieses rohe Fleisch, das du uns Weihnachten vorgesetzt hast.«
    »Das war Carpaccio«, erklärte seine Frau. »Und es war hervorragend.« Sie tätschelte mir liebevoll die Hand.
    »Lena neigt manchmal zu kulinarischen Extravaganzen«, bemerkte Holger nachsichtig. »Aber ich muss sagen, die Suppe ist wirklich gut.«
    Ich nickte gleichgültig. Erstens gebührte die Anerkennung sowieso der Firma Knorr, und zweitens war es mir heute Abend egal, was sie von meinem Essen hielten. Wahrscheinlich war ich einfach zu müde.
    Als die Teller leer gegessen waren, sammelte ich sie ein und trug sie in die Küche. Die Kartoffeln sahen inzwischen durchaus überzeugend aus, und ich briet die Schnitzel. Danke, lieber Bio-Metzger! Sie bräunten sofort und verloren keinen Tropfen Flüssigkeit.
    »Wunderbar«, lobte Papa Spenger, nachdem er gekostet hatte.
    »Ein italienischer Abend«, bemerkte Kerstin, die Weitgereiste. Sie hatte vor Urzeiten ihre Flitterwochen in der Toskana verbracht.
    »Hm, das war köstlich!« Holger tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab und lehnte sich wohlig

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