Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
Vom Netzwerk:
Wohnungstür und riss sie weit auf. Wies mit ausladender Armbewegung ins Treppenhaus. »Voilà!«
    Mannomann! Ich bewunderte sie, wie sie da in der Tür stand, klein, schmächtig, kerzengerade. Aus ihren Augen schossen Blicke wie vergiftete Pfeile.
    Lukas glotzte sie völlig verdattert an. »Laura«, sagte er. Weich, schmeichelnd. »Laura, Liebstes, es tut mir ...«
    Laura verdrehte die Augen. Diese Platte hatte sie unzählige Male gehört. »Lukas«, sagte sie müde, »geh einfach, ja? Diesmal kriegst du mich nicht rum, es ist aus. Endgültig. Du verschwendest deinen Charme, es bringt nichts.«
    Lukas machte einen Schritt auf sie zu, als wollte er auf sie losgehen. Ich sprang auf. Aber Lukas besann sich, hielt inne. Er packte seine Reisetaschen und stürmte zur Tür. Im Vorbeigehen rammte er mit einer der Taschen wie unbeabsichtigt Lauras Knie. Sie knickte ein, richtete sich sofort wieder auf und unterdrückte tapfer jede Reaktion. »Das wirst du noch bereuen!«, zischte er und polterte die Treppen hinab.
    Laura schloss die Tür, drehte sich zu mir um. Ihre Lippen begannen zu zittern, verzogen sich wie bei einem Kind, das sich gerade furchtbar wehgetan hat. Ich eilte zu ihr, nahm sie in den Arm, führte sie ins Schlafzimmer. Sie fiel auf das Bett, vergrub das Gesicht im Kopfkissen und heulte. Ihre Schultern zuckten, ihr Körper bebte. Sie schluchzte herzzerreißend. Ich setzte mich zu ihr, streichelte ihren Rücken, wieder und wieder, hoffte, dass sie diesen unsäglichen Kerl mit ihren Tränen aus sich herausspülte. Eine lange Trauerphase war der nun wirklich nicht wert.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich beruhigte, ihre Schluchzer leiser wurden, irgendwann in ein leises Wimmern übergingen. Dann lag sie still. Ich streichelte weiter ihren Rücken, ließ sie spüren, dass ich da war. Mehr konnte ich nicht tun. Richtige Worte gab es jetzt nicht, da musste sie ganz alleine durch.
    Schließlich setzte sie sich auf, wischte sich die Tränen aus dem geröteten, verquollenen Gesicht und lächelte etwas schief. »Lass uns spazieren gehen!«, sagte sie. »Ich muss hier raus.«
    Ich nickte stumm. Ich verstand genau, was sie empfand. Wir mussten dringend an die frische Luft, es war, als wäre die Luft in der Wohnung ganz stickig von all den Psychodramen, die sich hier heute abgespielt hatten.
    Laura wusch sich das Gesicht, schminkte sich, kramte nach ihrer Sonnenbrille, und dann verließen wir den Ort unseres – ja, was denn? – Siegs, doch wohl letztendlich.
    Wir gingen Richtung Alster, ziemlich schnell, sprachen nicht. Die Sonne stand schon tief, warf lange Schatten, tauchte die Fassaden der Häuser in rötliches Licht. Wir spazierten die Alsterwiesen entlang Richtung Norden, am Wasser, bis zum Eichenpark, wanderten dann durch sonntäglich stille Seitenstraßen zurück, immer noch schweigend. Unsere Schultern berührten sich ab und zu beim Gehen, als wollten wir uns vergewissern, dass die andere noch da ist.
    Laura nahm ihre Sonnenbrille ab. Die Spuren der Tränen waren verschwunden, die Augen wieder klar, die Haut weich. Richtig schön sah sie aus, ein wenig traurig, aber auch entschlossen. »Hast du auch solchen Hunger?«, fragte sie.
    Ich grinste. »Du weißt, dass mir sofort der Magen knurrt, wenn du mir diese Frage stellst.« Ich sah auf die Uhr. Es war halb sieben. »Also, los, komm.« Ich hakte mich bei Laura unter, und wir machten uns auf den Weg zum ›Casa Mia‹ Manch einer mochte uns für einfallslos halten, aber nach großen Erschütterungen war ein vertrauter, fester Rahmen das einzig Richtige. Und weiteren Entscheidungen fühlten wir uns heute auch beide nicht mehr gewachsen. Also waren wir es zufrieden, uns an den Tisch zu setzen, an dem wir immer saßen, und zu bestellen, was wir immer bestellten.
    »Wird es jetzt schwierig sein, mit Lukas zu arbeiten?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ein bisschen ungemütlich vielleicht, aber Lukas wechselt zum ersten Juli sowieso in ein anderes Krankenhaus, bis dahin sind es ja nur noch ein paar Wochen.«
    »Kannst du bis dahin nicht Urlaub nehmen?« Der Gedanke, dass sie diesem Mistkerl Tag für Tag begegnen würde, gefiel mir gar nicht. Ich hielt ihn für fähig, sie auf die gemeinste Weise zu schikanieren.
    »Ich denke nicht daran! Mit dem werde ich schon fertig! Und er hat gar nicht so viel zu sagen, wie er meint, der Chef ist ja auch noch da. Und der mag mich.« Sie lächelte mir zu und nahm ihr Glas. »Prost. Auf mein neues

Weitere Kostenlose Bücher