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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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einredest. Du leidest an Verfolgungswahn!«
    »Na, ist das ein Wunder? Diese Kuh verfolgt mich doch! Jeden Tag!«
    »Also, jetzt spinnst du echt!« Ich marschierte ins Bad, steckte den Stöpsel in die Badewanne und ließ heißes Wasser ein. Ich kippte fast die halbe Flasche von Lauras kostbarem Jil-Sander-Schaumbad dazu.
    »So, wir beide baden jetzt«, erklärte ich. »Und dann takeln wir uns auf, wie du das nennst, und falls Lukas hier aufkreuzt, nutzen wir zur Abwechslung mal unseren Heimvorteil!«
    Laura sah mich träge an. »Wozu?«
    »Au Mann, Laura!« Ich packte sie am Handgelenk und zog sie hoch. »Nun komm erst mal in die Wanne. Vielleicht kriegst du dann wieder einen klaren Kopf.«
    Sie ließ sich schwerfällig ziehen. »Wofür?«
    Ich führte sie wie eine Demenzpatientin ins Bad und zog ihr das T-Shirt über den Kopf. »Geh erst aufs Klo, dann darfst du in die Wanne«, sagte ich geduldig.
    Laura tat, was ich sagte. Ihr Widerstand, ihre schwachsinnige, hilflose Wut waren verpufft, und sie ließ sich willenlos in das heiße Wasser gleiten. Wohlig streckte sie sich aus und schloss die Augen.
    Ich begnügte mich mit dem anderen, unbequemen Ende. Wir schwiegen eine Weile.
    »Und wenn das alles eine Finte war?«, sagte Laura plötzlich. Ihre Stimme klang wieder glasklar. »Wenn sie nur so freundlich und einfühlsam getan hat, damit ich ein schlechtes Gewissen kriege und Lukas aufgebe? – Oder sie wollte, dass ich ihr glaube, Lukas mache jede Frau unglücklich, und deswegen auf ihn verzichte.«
    Ich schwieg.
    »Auf jeden Fall muss sie geschauspielert haben. Sie ist nicht nett, Lena, ehrlich. Lukas sagt, sie sei kalt wie eine Hundeschnauze. Das ist ja der Grund, warum er mit ihr so unglücklich ist. Und wenn du sie gestern erlebt hättest, würdest du ihm sofort glauben!«
    Ich glaubte der Frau. Was die vorhin hier abgezogen hatte, war keine Schauspielerei gewesen, davon war ich überzeugt. Aber ich sagte nichts mehr. Mir war klar, je heftiger ich für sie Partei ergriff, desto mehr drängte ich Laura auf seine Seite. Sie musste es selbst kapieren. Und das konnte noch Jahre dauern, bitter lange Jahre.
    Irgendwann wurde das Badewasser kühl. Ich lüpfte den Stöpsel unter meinem Hintern und drehte den Heißwasserhahn auf. Wir dämmerten schläfrig vor uns hin, hingen unseren – wahrscheinlich sehr unterschiedlichen – Gedanken nach. Ich betrachtete meine schrumpeligen Finger, tauchte meinen Kopf unter, angelte mir das Shampoo.
    »Kannst du dich aufraffen?«, fragte ich schließlich. »Ich würde mich gern abduschen.«
    »Warte!«, sagte Laura überraschend wach. »Ich will auch erst noch Haare waschen.«
    »Ich wasche sie dir!« Wir turnten umeinander herum, bis ich – endlich – auf der bequemen Seite der Badewanne saß. Laura lehnte sich zwischen meinen Knien zurück, und ich träufelte Shampoo auf ihr nasses, feines Haar, rieb es ein und massierte langsam, bis meine Finger im Schaum versanken. Wie zart ihr Kopf war, wie schmal der Nacken. Und überhaupt – Laura. So zierlich, so verletzlich. Passen Sie auf sie auf. Ja, verdammt nochmal, wie denn, wenn sie so störrisch war?!
    Ich kitzelte sie. »Komm, Faulpelz, nun reicht's!«
    Laura kicherte und hielt meine Hände fest. »Das war himmlisch, danke.«
    Wir hatten uns gerade angezogen, als es klingelte. Erschrocken sahen wir uns an. Mit der Türglocke hatten wir heute nicht die allerbesten Erfahrungen gemacht.
    »Die Pissnelke?«, hauchte Laura.
    »Frau Obranski?«, schlug ich hoffnungsvoll vor.
    Laura schüttelte den Kopf »Jetzt nicht mehr.«
    »Egal, mach auf.«, sagte ich. Es hatte schließlich wenig Sinn, sich tot zu stellen. Das Schicksal holte einen immer ein.
    Es war Lukas – wir hatten es beide gewusst. Schwer atmend stand er in der offenen Wohnungstür, ließ zwei prall gefüllte Reisetaschen fallen. »Diese Treppen bringen einen um«, keuchte er. Er sah bleich aus, verhärmt. Schwärzliche Ringe unter den Augen, halb geschlossene Lider, hängende Mundwinkel. Das schmutzig blonde Haar zerzaust. Schwaches, sehr schwaches Lächeln. Gebeugte Schultern – ein geschlagener Mann, der nach Mitleid lechzte wie ein Verdurstender nach Wasser. Er stützte eine Hand an den Türrahmen und sah Laura erbarmungswürdig an.
    Hatte sie Erbarmen? – Aber klar! Sie hievte seine Taschen in den Flur. »Komm erst mal rein. Ich koche uns Tee.« Sie schob ihn in die Küche.
    Er blickte sich irritiert um, machte auf den Hacken kehrt, ging ins Wohnzimmer und ließ sich

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