Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
Vom Netzwerk:
Hause mit meiner Rückkehr schlagartig entspannte. Holger hatte während meiner Abwesenheit zwar nicht gerade gedarbt, sondern sich bei seiner Mama durchgefressen, trotzdem aber schätzte er Herrn Bofrosts Küche und unsere trauten Abende offenbar. Und dann lag da ja diese Kuschelwoche im Schwarzwald vor uns, auf die auch ich meine größten Hoffnungen setzte.
    Sie begann damit, dass wir im Stau steckten. Schon vor Kassel. Holger, der sich bis dahin darauf konzentriert hatte, die linke Fahrbahn leer zu fegen, entspannte sich und wurde gesprächig. »Ich habe übrigens für die nächste Woche die Maler bestellt. Sie sollen die Fenster und Türen streichen. Vielleicht auch das Wohnzimmer.«
    »Wo? Bei uns?« Ich hatte mich gerade in einen Artikel über eine Designerin bei Marimekko vertieft. Wenn ich mit Holger Auto fuhr, leistete ich mir, als friedenserhaltende Maßnahme sozusagen, den Luxus teurer Hochglanzzeitschriften, schwelgte, den Blick fest in meinen Schoß gerichtet, in hochästhetischen Bildern. »Home & Garden«, »Schöner Wohnen Dekoration« ... so was. Das war natürlich Flucht in Traumwelten, denn in unserem Haus konnte ich nichts davon umsetzen. Geblümte Kissen, alte Holzkerzenständer, klimpernde, bunte Prismenvorhänge vor dem Fenster ... Holger hätte die Krise gekriegt!
    »Ist das denn nötig?«, fragte ich und blätterte weiter.
    »Ja. Ich finde, es wird wirklich Zeit, dass wir uns um das Haus kümmern«, sagte Holger. »Das sind wir meinen Eltern schuldig, nach all den Jahren. Sie haben wirklich genug getan.«
    »Was?« Ich sah auf. Und plötzlich dämmerte es mir. »Sag mal, hast du die Maler für das Ferienhaus bestellt? Heißt das, dass wir ab Dienstag jeden Tag Handwerker dahaben?«
    »Ja, sicher. Das stört dich doch nicht, oder?«
    »Die ganze Woche?« Ich glaubte es nicht!
    »Ich denke schon. Schließlich ist eine ganze Menge zu tun. Und die Fenster und Türen müssen ja erst abgeschliffen werden, bevor man sie streichen kann.«
    »Aber das macht doch unglaublich viel Dreck! Willst du das alles putzen?«
    »Na, ich dachte, das könnten wir zusammen machen. So schlimm ist das doch nicht.«
    Ach, nein. Eine Kleinigkeit. Mal eben ein bisschen Schleifstaub aus den aufwändigen Schnitzereien der rustikalen Möbel zu pinseln sollte uns ja wohl nicht allzu lange aufhalten, was? Na, und die hundert Zinnvasen, dreißig Trockenblumengestecke und Mama Spengers niedliche Porzellanfiguren-Sammlung, die hatten wir doch im Nu wieder poliert!
    »Sag mal, hast du sie noch alle? Ich dachte, wir machen Urlaub!«
    Holger zuckte zusammen. »Mein Gott, was schreist du denn so? – Wir machen doch auch Urlaub. Wir haben doch nichts zu tun! Und du brauchst auch nicht zu kochen, ich führe dich jeden Abend zum Essen aus.«
    Na, toll! Er wollte mich ausführen! Wie einen Hund zum Kacken, oder wie? »In die Dorfkneipe, zum Strammen Max?«
    »Wir können auch mal nach Freiburg fahren, zum Italiener, wenn du willst.«
    Na, großartig! Da verbrachten wir eine Woche in unmittelbarer Nachbarschaft der Fresstempel im Elsass, und Holger wollte mich zu einer Pizza einladen!
    »Aber morgen können wir doch noch was Nettes machen, oder?«, erkundigte ich mich zaghaft, nachdem ich die Nachricht einigermaßen verdaut hatte.
    »Lenchen, wir können jeden Tag etwas Nettes machen! Aber erst einmal müssen wir am Wochenende das Haus vorbereiten. Wie du schon sagtest, die Arbeiten machen natürlich ziemlich viel Dreck. Da wäre es doch sinnvoll, vorher ein bisschen was wegzuräumen. Umso weniger haben wir später zu tun. Ich habe auch Folie eingepackt, um die Möbel abzudecken.« Er warf mir einen stolzgeschwellten Seitenblick zu.
    Das war ja wohl das Allerletzte. Sollte ich ihn jetzt für seine Umsicht loben, oder was? War dieser Mann überhaupt noch normal? Da nahm er sich eine Woche frei, überließ seinen kostbaren Pillenladen, dem sonst all seine Sorge galt, sich selbst und hatte nichts Besseres vor, als zu räumen, zu kramen, zu putzen? Und dann bildete er sich auch noch ein, dass ich das alles heiter mitmachte, obwohl er doch gemerkt haben musste, dass zwischen uns nicht alles zum Allerbesten stand? Wenn hier etwas seine ungeteilte Aufmerksamkeit und Fürsorge verdiente, dann das kümmernde Pflänzchen unserer Liebe! Hatte er das nicht gemerkt? Oder interessierte es ihn gar nicht?
    »Weißt du, dass ich mich total verarscht fühle?«, sagte ich.
    »Helena, bitte!«
    Nee, nicht bitte! Ich redete, wie ich wollte! »Ja!«,

Weitere Kostenlose Bücher