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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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hinab, der immer noch auf dem Teppich lag. »Was glotzt du so? Die ganze Zeit schon starrst du mich an mit deinen Hundeaugen!«
Bo antwortete nicht. Er lag auf dem Bauch, das Kinn in die Hände gestützt, und musterte Barbarossa wie ein seltenes Tier, das aus irgendeinem Kanal gestiegen und in Idas Haus gekrochen war. »Wie der redet, das würde Esther gefallen, was, Prop?«, sagte Bo. »Der redet noch vornehmer als Scipio. Dabei ist er kleiner als ich. Nur das Fluchen, das fänd sie wahrscheinlich nicht so gut.« »Kleiner? Ich bin nicht kleiner, du Teppichfurz!«, schnauzte Barbarossa. »Uns trennen Welten, verstanden? Ich bin gebildet, ich habe studiert, und du gehst nicht mal in den Kindergarten.« Bo rollte sich gelangweilt auf den Rücken. »Der kleckert auch gar nicht beim Essen«, stellte er fest. »Das würde Esther, glaub ich, am allerbesten gefallen, oder, Prop?« Prosper ließ die Gabel sinken und musterte Barbarossa. »Stimmt«, sagte er. »Kein klitzekleines Fleckchen. Das würde sie umwerfen. Und guck dir bloß an, wie sorgfältig er sich die Haare gebürstet hat. Oder warst du das, Ida?«
Ida schüttelte den Kopf. »Du hast doch gehört, ich habe mich noch nicht mal selbst gekämmt. Wie ist es mit dir, Victor? Hast du dem Rotschopf die Haare gebürstet?«
»Unschuldig«, brummte Victor.
»Wer ist diese Esther, von der die Dummköpfe da faseln?« Barbarossa drehte sich zu Riccio um. »Die Tante von Prosper und Bo«, antwortete Riccio mit vollem Mund. »Sie war ganz wild auf Bo, aber jetzt will sie ihn nicht mehr haben.«
»Wie überaus klug von ihr.« Barbarossa fuhr sich durch die dichten Locken. Seine neue Haarpracht schien ihn über das Fehlen seines Bartes hinwegzutrösten. Scipio warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. »Wisst ihr was, mir kommt da eine verrückte Idee«, sagte er langsam. »Sie ist noch etwas verschwommen, aber geradezu genial…«
»Genial?« Barbarossa griff wieder nach dem Wein, aber Victor zog ihm die Flasche weg und stellte sie neben seinen Teller. Barbarossa warf ihm einen finsteren Blick zu. »Weißt du, Herr der Diebe«, knurrte er in Scipios Richtung. »Du kannst gar keine genialen Ideen ausbrüten. Weil du nämlich nichts weiter bist als eine schlechte Kopie deines Vaters!«
Scipio fuhr hoch, als hätte ihn etwas gebissen. »Sag das noch mal, du kleine Kröte…«
Nur mit vereinten Kräften konnten Wespe und Prosper ihn davon abhalten, auf Barbarossa loszugehen. »Lass dich doch von der kleinen Ratte nicht reizen, Scip!«, flüsterte Wespe ihm zu, während Barbarossa mit selbstzufriedenem Lächeln seine rosigen Fingernägel betrachtete. Scipio ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. »Schon gut«, murmelte er, ohne Barbarossa aus den Augen zu lassen. »Ich werde mich beherrschen. Und Signor Barbarossa irgendwann eine Ansichtskarte ins Waisenhaus schicken, denn da wird er unweigerlich landen, wenn er nicht vorher elendiglich in seinem Laden verhungert. Ja, so wird es mit dem Ärmsten kommen, aber mir soll es egal sein. Ich werde keinen Gedanken mehr darauf verschwenden, schon gar keinen genialen.« Mit gelangweiltem Gesicht stand er auf, schlenderte zum Fenster und blickte in die Nacht hinaus.
Riccio und Mosca stießen sich an. Und Prosper konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ja, Scipio war immer noch Scipio, er spielte immer noch gern Theater. Und Barbarossa schluckte den Köder.
»Schon gut, schon gut«, murrte er. »Was ist das für eine geniale Idee? Rück schon heraus damit, Herr der Diebe. Weiß Gott, der Mensch ist ja empfindlicher als ein Glasblümchen.« Aber Scipio kehrte ihm weiter den Rücken zu. Als wäre er allein, stand er am Fenster und betrachtete den nächtlichen Campo Santa Margherita. »Nun, heraus damit, zum Teufel!«, rief Barbarossa, während die anderen zu kichern begannen. Aber Scipio rührte sich nicht. Barbarossa schlürfte den letzten Rest Wein aus seinem Glas und knallte es so heftig auf den Tisch, dass es fast zerbrach. »Soll ich auf den Knien herumrutschen?«, rief er.
»Diese Tante von Prosper und Bo«, sagte Scipio, ohne sich umzudrehen, »wünscht sich einen süßen kleinen Jungen mit guten Tischmanieren und dem Benehmen eines Erwachsenen. Und du brauchst einen Unterschlupf, ein Zuhause für die nächsten Jahre, jemanden, der dir das Essen hinstellt und nebenan schläft, wenn es dunkel wird…«
Barbarossa hob die Augenbrauen. »Hat sie Geld?«, fragte er und strich sich eine Locke aus der Stirn. »O ja«, antwortete Scipio.

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