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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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ein klitzekleines, freudloses Lachen. »Wissen Sie, ich hätte wirklich gern ein Kind, aber…«, sie blickte hinauf zur Decke, wo der Putz so brüchig aussah, als würde er ihr im nächsten Moment auf die wohl frisierten Haare rieseln, »… ich habe noch keines gefunden, das mich gern zur Mutter hätte. Sie sehen es ja an meinen Neffen. Die zwei halten mich, nehme ich an, für eine Art Hexe.« Wieder musterte sie die Decke. »Nein, vermutlich halten sie mich für etwas wesentlich Langweiligeres«, murmelte sie. Und lachte noch einmal ihr käferkleines, trauriges Lachen. »Ich wünschte wirklich, es gäbe irgendwo ein Kind, das zu mir passt.«
Victor und Ida wechselten einen verschwörerischen Blick. Esther brachte Barbarossa an diesem Abend sehr spät zurück. Prosper und Bo beobachteten vom Fenster des salotto, wie sie Seite an Seite über den Platz kamen: Barbarossa schleckte an einem riesigen Eis, ohne sich zu bekleckern. Bo hätte wirklich interessiert, wie er das fertig brachte. Esther war behängt mit voll gestopften Einkaufstüten, – aber ihre linke Hand hielt Barbarossas Hand und auf ihren Lippen lag ein glückliches Lächeln. »Guckt euch an, wie sie ihn anhimmelt!« Riccio beugte sich über Bos Schulter. »Und die ganzen Pakete, ich wette, die sind alle für ihn. Bereut ihr es immer noch nicht, dass ihr sie so vergrault habt, dass sie euch nicht mehr haben will?« Bo schüttelte heftig den Kopf, aber Prosper musste an jemand anderes denken, der so ähnlich wie Esther ausgesehen hatte. Er war sehr froh, als Victor ihn aus seinen Gedanken schreckte. »Na, passen die beiden da unten nicht perfekt zusammen?«, raunte er Prosper ins Ohr. »Als wären sie füreinander gemacht, oder?« Prosper nickte.
»Nun komm schon. Pack das sorgenvolle Gesicht für eine Weile weg«, sagte Victor und gab ihm einen sachten Stoß in den Rücken. »Zwei Tage noch, dann fliegt eure Tante nach Hause. Und Bo wird nicht mit im Flugzeug sitzen.«
»Das glaub ich erst, wenn das Flugzeug in der Luft ist«, murmelte Prosper. Und während er zusah, wie Esther Barbarossa die Eiscreme vom Mund wischte, fragte er sich zum hundertsten Mal, wo Scipio steckte. Er hätte ihm zu gern erzählt, dass seine verrückte Idee tatsächlich zu funktionieren schien.

Esther Hartlieb flog am übernächsten Tag nicht nach Hause. Ihr Mann stieg allein ins Flugzeug, während sie mit Barbarossa den Dogenpalast besichtigte. Am Tag darauf holte sie Ernesto wieder ab, für einen Ausflug zu den Glasbläsern auf Murano, aber vorher ging sie noch mit ihm einkaufen, und als Barbarossa abends in die Casa Spavento zurückkehrte, trug er die teuersten Kleider, die für einen Jungen seines Alters in Venedig zu kaufen waren. Wie ein kleiner Gockel spazierte er in den salotto, wo die anderen gerade auf dem Teppich hockten und mit Ida Karten spielten. »Ihr seid wirklich unfassbare Idioten«, sagte er zu Prosper und Bo, die immer noch ihre alten Sachen trugen, nur dass Lucia sie frisch gewaschen hatte. »Da schenkt die Fügung euch solch eine Tante und ihr lauft vor ihr davon, als wäre der Teufel persönlich hinter euch her. Euer Verstand muss in einen Eierbecher passen.«
»Und du, Ernesto«, erwiderte Ida, »hast da, wo dein Herz sitzen sollte, vermutlich ein Portemonnaie.« Barbarossa zuckte nur gelangweilt die Achseln und griff in die feine Jacke, die Esther ihm gekauft hatte. »Apropos Portemonnaie«, sagte er und zog eine wohl gefüllte Geldbörse aus der Tasche. »Ich würde einen der hier Anwesenden bitten, in den nächsten Monaten regelmäßig bei meinem Laden vorbeizuschauen. Gegen ein angemessenes Entgelt, versteht sich. Nach dem Rechten sehen, etwas sauber machen, nun, ihr wisst schon. Außerdem muss dringend eine Verkäuferin gefunden werden, die etwas von ihrer Arbeit versteht und nicht ständig die Finger in der Ladenkasse hat. Das dürfte schwierig sein, aber ich verlasse mich da ganz auf euch.« Erstaunt sahen die andern ihn an.
»Hältst du uns neuerdings für so was wie deine Diener?«, fragte Riccio unfreundlich. »Warum machst du das nicht selber?« Barbarossa verzog herablassend den Mund. »Weil, du struppiger Dummkopf, ich mich schon morgen mit Signora Hartlieb an Bord eines Flugzeuges begeben werde«, erwiderte er, »und mein Wohnsitz künftig außer Landes ist. Noch heute Abend wird meine künftige Pflegemutter Schwester Ida anrufen und sie um die Adoptionsgenehmigung ersuchen. Ein Rechtsanwalt ist auch bereits eingeschaltet, er wird alle

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