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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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brachte mich zu meinem Geburtsort, ohne auch nur einmal zu fragen, wo ich gewesen oder wie lange ich fort gewesen sei; manchen Engländern fehlt es wohl an dieser Neugier.
    Schließlich trat ich also wieder auf diese vertrauten Straßen von Leigh, die wiederzusehen ich die Hoffnung nie aufgegeben hatte.
    Meine Wanderungen waren vorüber. Wie der listige Odysseus war ich wieder nach Hause zurückgekehrt; doch es gab einen Unterschied, denn mich erwartete hier keine treue Penelope, kein guter Sohn Telemachus, kein treuer Hund und Hirte. Auf diesen Straßen und Gassen von Leigh war ich so einsam, als schritte ich über die Prachtstraßen des rötlichen Mars. Obwohl ich dieses und jenes Haus kannte, diesen Rasen und jenen Stall, ging von dem Dorf noch eine kühle Fremdartigkeit aus, als wolle die ganze Stadt sagen: Wer bist du, alter Fremder, und warum bist du hierher gekommen?
    Und doch sollte es schon bald Überraschungen für mich geben. Meine Füße führten mich über diese und jene Straße, bis ich wie einer, der in einem Traum wandelt, plötzlich vor dem Haus meines Vaters stand, in dem ich geboren war. Eine alte, gebeugte und eingefallene Frau fegte die Stufen sehr energisch mit einem Besen, und als ich stehen blieb, sah sie mit runden und argwöhnischen Augen zu mir mit meinem vernarbten und sonnengebräunten Gesicht auf und zu dem Neger, der mit offenem Mund neben mir stand, als wären wir beide Erscheinungen.
    »Ist dies das Haus von Thomas James Battell?« sagte ich.
    »Das war es, aber er ist seit vielen Jahren schon tot und seine Söhne auch.«
    »Daß der gute Thomas tot ist, weiß ich fürwahr«, sagte ich. »Aber nicht alle seine Söhne sind gestorben.«
    »Nay, ist dem so?«
    »Dem ist so, denn ich bin Andrew, der anno 1589 von hier aufbrach.«
    »Nay! Das kann nicht sein!«
    »Fürwahr, Großmutter, so ist es, und ich bin zurück von den Kriegen in Afrika, wo ich für die Portugiesen kämpfen mußte, und dieser Schwarzmohr-Knabe ist mein Begleiter, und ich habe ein wenig Gold in meiner Börse.«
    Sie blinzelte und musterte mich von hier und von dort, verdrehte den Kopf und bespähte mich aus jedem Winkel. Und mit einem Kopfschütteln erklärte sie: »Aber Andrew war ein guter, starker, großer Junge, und Ihr seid gebeugt und alt!«
    »Ah«, sagte ich, »er war ein Mann von dreißig Jahren, als er von hier aufbrach, und kein Junge mehr. Und ich bin einundfünfzig, und die Zeit hat mir übel mitgespielt. Doch ich bin Andrew Battell.«
    »Ich glaube, du bist es«, sagte sie ein wenig widerwillig.
    »Ich schwöre es beim Bart meines Vaters!«
    »Ah, dann leistest du einen sehr starken Eid. Andrew Battell ist heimgekehrt! Ich sehe nun, daß du es bist. Doch wenn du Andrew Battell bist, wie du es sagst, wieso kennst du mich dann nicht?«
    »Meine gute Dame«, sagte ich, der ich sie für eine Bedienstete des Hauses hielt, das einst das meines Vaters gewesen war, »es ist so viele Jahre her…«
    »Fürwahr. Und ich habe dich zuerst auch nicht erkannt. Dennoch solltest du mich kennen, da die Zeit mich nicht so sehr verändert hat wie dich.«
    Ich betrachtete sie genauer. Ihre Wangen waren wie die Landkarte der Welt, nur Linien und Einkerbungen. Ich dachte an alle alte Frauen aus Leigh, an die ich mich erinnern konnte, und sie war keine von ihnen; und dann dachte ich an die jüngeren Frauen, die jetzt auch schon siebzig oder in diesem Alter sein würden, die Mütter meiner Freunde, und dann brach die Wahrheit bei mir durch, und ich war zutiefst beschämt wegen meiner Torheit, daß ich sie in der Scheune gesucht und nicht direkt zum Herd vorgeschritten war.
    »Gottes Blut! Mutter Cecily!«
    »Aye, Kind.« Und sie lachte, ließ den Besen fallen und trat zu mir, und wir umarmten uns. Denn wer war sie, wenn nicht die Frau meines Vaters, die mich von Kindes an großgezogen, mir das Lesen beigebracht hatte und mit mir zur Themsemündung gegangen war, um mir einen frühen Geschmack der salzigen Luft zu geben? Ohne darüber nachzudenken, hatte ich vorausgesetzt, daß sie tot sei, da so viele Jahre verstrichen waren; doch sie war viel jünger gewesen als mein Vater und konnte nun nicht älter als Sechsundsechzig sein oder vielleicht noch jünger. Warum also sollte sie nicht mehr leben, und auch noch im gleichen Haus?
    Als ich sie schließlich losließ, traten wir zurück und musterten einander von neuem, und sie sagte: »Ich hielt dich einst an meiner Brust. Und nun sind wir beide zwei alte Leute, eher wie Bruder und

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