Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
Vom Netzwerk:
einzugehen.
    »Wenn ich bloß ein Schwein erwischen könnte!«
    »Ich mach mich nachher wieder an die Hütten.«
    Sie sahen einander an, zwischen Zuneigung und Haß hin-und hergerissen. All das warme Salzwasser des Badetümpels und das Schreien und Plantschen und Lachen vermochten kaum, sie wieder einander näherzubringen.
    Simon, den sie hier am Badetümpel vermutet hatten, war nicht da. Als die beiden andern den Strand hinuntergegangen waren und sich nach dem Berg umgedreht hatten, war er ihnen ein paar Schritte nachgegangen und dann stehengeblieben. er blickte stirnrunzelnd auf einen Sandhaufen am Strand, wo einer ein Haus oder eine Hütte hatte bauen wollen. Dann wandte er sich um und ging zielbewußt in den Wald hinein. er war ein kleiner, hagerer Junge, mit vorstehendem Kinn und so strahlend leuchtenden Augen, daß Ralph sich hatte dazu verleiten lassen, ihn für besonders lustig und verschlagen zu halten. Sein rauhes schwarzes Wuschelhaar hing lang herunter und verbarg fast die niedrige, breite Stirn. er trug eine zerrissene kurze Hose, und seine Füße waren nackt wie die Jacks. Simon war von Natur aus dunkelhäutig, und jetzt hatte ihm die Sonne ein tiefes Braun eingebrannt, das vor Schweiß glänzte.
    Er stapfte die Schneise hinauf, an dem großen Felsen vorbei, den Ralph am ersten Morgen erstiegen hatte, und schlug sich dann nach rechts zwischen die Bäume. er durchmaß mit geübtem Schritt das Areal der Fruchtbäume, wo auch der Faulste ein bequemes, wenn auch unbefriedigendes Mahl halten konnte. Blumen und Früchte wuchsen auf demselben Baum, und überall roch es nach reife und summte es von Millionen Nahrung suchender Bienen. Hier holten die Kleinen ihn ein, die ihm nachgerannt waren. Sie redeten und schrien wild durcheinander und schleppten ihn zu den Bäumen. Und dann suchte Simon für sie im Licht der Nachmittagssonne die Früchte, an die sie nicht heranlangen konnten, pflückte die schönsten von weiter oben und reichte sie hinunter und gab sie den immer wieder bittenden Händen. Als sie genug hatten, hielt er inne und blickte sich um. Die Kleinen stopften mit beiden Händen die reifen Früchte in sich hinein und beobachteten ihn aus unergründlichen Augen.
    Simon ließ sie stehen und folgte dem kaum erkennbaren Pfad. Bald umschloß ihn der hohe Dschungel. Große Bäume zierten unvermutet bleiche Blumen bis hinauf zu dem dunklen Baldachin, in dem das Leben geräuschvoll seinen Fortgang nahm. Auch die Luft war hier dunkel, und das Tauwerk der Schlingpflanzen hing herunter wie die Takelage eines gesunkenen Schiffes. Seine Füße drückten sich in dem weichen Boden ab, und die Schlingpflanzen erzitterten in ihrem ganzen Gewebe, wenn er sie streifte.
    Schließlich kam er zu einer Stelle, auf die mehr Sonne fiel. Da die Schlingpflanzen sich nicht so weit dem Licht entgegenzurecken brauchten, hatten sie eine große Matte geflochten, die die eine Seite einer Lichtung im Dschungel abdeckte; denn hier war dicht unter der Erde Fels, der nur kleine Pflanzen und Farn gedeihen ließ. Der ganze Raum war von dunklen, duftenden Büschen eingerahmt und war ein Gefäß aus Hitze und Licht. Über die eine Ecke war ein großer Baum gestürzt und neigte sich gegen die anderen Bäume, und eine hurtige Kletterpflanze prunkte mit roten und gelben Trieben bis in seine Krone hinauf. Simon blieb stehen. er wandte den Kopf wie Jack den Kopf gewandt hatte, als er auf seinen engen Pfad zurückblickte, und schaute sich um, ob ihm jemand folgte. einen Augenblick lang verharrte er fast unbeweglich. Dann bückte er sich und kroch mitten in die Matte hinein. Schlingpflanzen und Buschwerk hingen so dicht herab, daß sie seinen Schweiß abstreiften, und schlugen hinter ihm wieder zusammen. Als er ganz drinnen war, befand er sich in einem engen Gemach, das weniges Laub nach der lichten Stelle hin verdeckte. er hockte nieder, schob das Laub auseinander und blickte auf die Lichtung. Alles schien in Lähmung erstarrt, nur zwei bunte Schmetterlinge umtanzten einander in der heißen Luft. er hielt den Atem an und lauschte angespannt den Geräuschen der Insel. Abendstille kam auf die Insel zu; die rufe der leuchtend bunten Märchenvögel, das Bienengesumm und sogar die Schreie der zu ihren Schlafsitzen zwischen den kantigen Felsen zurückkehrenden Möwen wurden leiser. Das ewige Murmeln der See, die sich meilenweit draußen am Riff brach, klang schwächer als das Pulsen des Blutes.
    Simon ließ den Laubschirm zurückfallen. Die honigfarbenen

Weitere Kostenlose Bücher