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Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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klaren Wasser. Sie schrien nach ihrer Mutter weit seltener als man hätte erwarten sollen; sie waren braungebrannt und starrten vor Schmutz. Sie folgten den rufen des Muschelhorns einerseits, weil es Ralph war, der blies und Ralph groß genug war, um sie mit der erwachsenen Welt der Autorität zu verbinden, und andererseits weil sie die Versammlungen als lustige Unterhaltung betrachteten. Aber sonst kümmerten sie sich wenig um die Großen, und in ihrem heftig gefühlsbetonten Gemeinschaftsleben gehörten sie sich allein.
    Sie hatten Sandburgen gebaut auf der Bank am kleinen Fluß. Diese Burgen waren etwa einen Fuß hoch und verziert mit Muscheln, welken Blumen und schönen Steinen. Um die Burgen herum zog sich ein Netz von Zeichen, Straßen, Mauern, Eisenbahnlinien, die alle erst Bedeutung annahmen, wenn man sie aus Bodennähe betrachtete. Die Kleinen spielten hier, wenn auch nicht restlos zufrieden, so doch mit gefesselter Aufmerksamkeit; und oft spielten sie zu zweit oder gar zu dritt gemeinsam das gleiche Spiel. Henry war der größte der drei, die gerade hier spielten. er war auch weitläufig mit jenem Jungen verwandt, dessen Gesicht mit dem Muttermal seit dem Abend des großen Feuers nicht mehr gesehen worden war; aber er war zu jung, um das zu verstehen, und hätte man ihm gesagt, der andere sei mit dem Flugzeug heimgeflogen, wäre ihm diese Nachricht nicht des Aufhebens wert oder zweifelhaft erschienen.
    Henry war der Anführer an diesem Nachmittag, denn die beiden andern waren Percival und Johnny, die kleinsten auf der Insel. Haar, Haut – alles an Percival schien mausgrau, und nicht einmal seine Mutter hatte ihn besonders anziehend gefunden; Johnny war kräftig, blond und von Natur aus kriegerisch veranlagt. Im Augenblick war er folgsam, weil er bei der Sache war; und die drei Kinder knieten im Sand und spielten einträchtig.
    Roger und Maurice kamen aus dem Wald. Sie waren abgelöst worden am Feuer und heruntergekommen, um zu baden. Roger ging voran, mitten durch die Burgen, zertrampelte die Türme, begrub die Blumen und kickte die feinen Steine zur Seite. Maurice folgte lachend und setzte das Zerstörungswerk fort. Die drei Kleinen hielten inne in ihrem Spiel und schauten auf. Zufällig waren gerade die Stellen, an denen ihnen lag, nicht berührt worden, so daß sie nicht aufbegehrten. Nur Percival begann zu wimmern und hatte das Auge voll Sand, und Maurice rannte davon. In seinem früheren Leben war Maurice gezüchtigt worden, weil er einem Schwächeren Sand ins Auge geworfen hatte. Jetzt konnte ihn die schwere Hand des Vaters nicht treffen, doch er spürte das Unbehagen des Missetäters. Tief in seinem Innern suchte er unsicher nach einer Entschuldigung. er murmelte etwas von Schwimmen und setzte sich in Trab.
    Roger blieb stehen und beobachtete die Kleinen. er war nicht merklich dunkelhäutiger geworden als am ersten Tag, aber seine schwarze Mähne, die ihm in Nacken und Stirn hing, schien zu seinem finsteren Gesicht zu passen, und hätte man ihn früher für einen ungeselligen Einzelgänger halten können, so war jetzt an ihm etwas Abstoßendes. Percival hörte auf zu wimmern und spielte weiter, denn die Tränen hatten den Sand herausgewaschen. Johnny beobachtete ihn aus porzellanblauen Augen; dann begann er kleine Sandfontänen aufzuwirbeln, und jetzt weinte Percival wieder.
    Als Henry, des Spiels müde, aufstand und den Strand entlangtrottete, folgte ihm Roger. er blieb immer unter den Palmen und schlenderte wie zufällig in der gleichen Richtung. Henry ging in einem gewissen Abstand von den Palmen und dem Schatten, denn er war noch klein und wußte nicht um die gefährlichen Strahlen der Sonne. er tappte den Strand hinunter und spielte am Wasser. Die mächtige Flut des Pazifik war im Kommen, und im Rhythmus von wenigen Sekunden schob sich das verhältnismäßig ruhige Wasser der Lagune eine Handbreit weiter vor. Kleine Wesen lebten da in jeder neuen Welle, durchsichtige Winzigkeiten, die sich mit dem Wasser über den heißen, trockenen Sand vortasteten. Mit unendlich kleinen Sinnesorganen erforschten sie das neue revier. Vielleicht war jetzt Nahrung, wo beim letzten Streifzug keine war; Vogelkot, Insekten vielleicht, aller verstreute Abfall des Lebens zu Lande. Wie eine Myriade winziger Sägezähne kamen die durchsichtigen Wesen daher und fegten den Strand.
    Das faszinierte Henry. er stocherte mit einem Stöckchen, das selbst ein wellenzerfressener, sonnengebleichter Seevagabund war und trachtete

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